Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
heißen Atem wie eine Umarmung. Dann riss ich mich los.
    Auch damals schon stieß er verbotene Türen in meinem Kopf auf und brachte mich dazu, Dinge zu wollen, die keine Jägerin jemals haben konnte. Aber seine Antwort schmeichelte mir, also fragte ich weiter: » Dann hast du damals schon so… für mich geglüht?«
    » Geglüht.« Er sprach das Wort so amüsiert aus, dass ich allen Grund gehabt hätte, beleidigt zu sein. » Das trifft es ganz gut. Und, ja, schon seit damals.«
    Seine Direktheit fühlte sich an, als hätte er ein Feuer in meinem Innern entzündet, so hell, dass es all die Wochen der Trauer und des Schmerzes überstrahlte. Er nahm meine Hand und legte sie auf sein Knie, küsste mich aber nicht wieder, und das war gut so. Ich war noch nicht so weit. Trotzdem begriff ich, warum Oma Oaks so besorgt gewesen war: Wenn alle Mädchen in College wussten, wie sich Küssen anfühlte, mussten sie aufpassen, dass nicht jede Woche neue Bälger zur Welt kamen.
    » Wahrscheinlich ist es normal, wenn man Nähe genießt«, sagte ich, um zu sehen, wie er reagierte.
    » Wahrscheinlich. Aber ich bin kein Experte auf dem Gebiet. Es gibt nur wenige, bei denen ich eine ähnliche Nähe spüre.«
    Ich blickte ihn verwirrt an. » Das hoffe ich.«
    Das war es also. Er hat geglaubt, ich würde Pirscher küssen .
    Erst jetzt begriff ich, worauf Pirscher es die ganze Zeit über abgesehen hatte. Und er wollte, dass ich freiwillig mitmachte. Bestimmt hatte er sich schon öfter fortgepflanzt, damit seinen Wölfen die Welpen nicht ausgingen, und genauso sicher hatte es sich anders angefühlt als das, was ich gerade mit Bleich erlebt hatte.
    » Wir sollten es nicht verheimlichen«, unterbrach er meine Gedanken. » Die Leute sollen es wissen.«
    » Was?«
    » Dass du mir gehörst.«
    Wieder dieses Wort. » Bleich. Was gerade passiert ist, ändert überhaupt nichts. Ich gehöre immer noch mir selbst. Auch wenn ich dich küsse, bin ich noch lange nicht dein Eigentum.«
    » Das meine ich nicht.« Er klang frustriert, als stünde etwas zwischen uns, das ich nicht sehen konnte.
    » Was meinst du dann?« Die anderen Mädchen in Erlösung hatten bestimmt nie mit derartiger Verwirrung zu kämpfen.
    » Dass ich das Recht habe, dich zu küssen… ich und niemand sonst.«
    Endlich . Damit war ich einverstanden. Ich hatte Angst gehabt, Bleich würde Tegan mir vorziehen, aber wahrscheinlich hatte er nur so viel Zeit mit ihr verbracht, weil sie die Einzige war, die er kannte. Genauso wie ich mich an Pirscher gehalten hatte. Trotzdem könnte es Probleme geben, wenn Pirscher davon erzählte. Irgendwie war jetzt alles noch komplizierter als zuvor.
    » Als du mich gefragt hast, ob ich dich immer noch als meinen Partner aussuchen würde, hast du das damit gemeint? Das alleinige Recht, mich zu küssen?«
    Bleich senkte den Blick. » Ja.«
    » Warum hast du es dann nicht einfach gesagt?«
    » Ich hatte Angst, du könntest Nein sagen.«
    Das schien mir nur logisch. Schließlich hatte ich genauso Angst gehabt, als ich ihn besuchte. Bleich hatte die einzigartige Fähigkeit, in mich hineinzuschlüpfen und mir da wehzutun, wo es am schlimmsten war. Offensichtlich konnte ich das Gleiche auch bei ihm. Eine verblüffende Vorstellung.
    » Ich würde dich nie absichtlich verletzen«, erklärte ich. » Aber wenn du mir nicht sagst, was du wirklich denkst, kann ich es auch nicht erraten. Vergiss nicht… ich bin nicht gerade gut in diesen Dingen. Kämpfen und Sparring sind alles, was ich bisher kannte.«
    Er streichelte meine Wange. » Wir werden’s schon hinkriegen.«
    Ich war unglaublich erleichtert. Vielleicht war es Oben doch nicht so schlimm. Tagsüber würde ich auf Patrouille gehen, und danach konnte ich meine Zeit mit Bleich verbringen. Ich war so froh, dass ich ihn gebeten hatte mitzukommen. Er wäre nur verletzt gewesen, wenn er mich mit Pirscher und den anderen durchs Tor hätte marschieren sehen, ohne ihm überhaupt Bescheid zu sagen. Er hätte sich noch stärker zurückgewiesen gefühlt, hätte geglaubt, Pirscher wäre jetzt mein neuer Partner, und nun verstand ich auch, weshalb. Ich musste vorsichtiger sein. Wenn Pirscher mich nachts in meinem Zimmer besuchte, wenn wir davon sprachen, gemeinsam von hier wegzugehen, machte ihm das wahrscheinlich Hoffnungen. Hoffnungen, dass ich doch Gefühle für ihn hatte. Ich seufzte. Es würde nicht leicht werden, das Missverständnis aufzuklären.
    » Was ist los?«
    Diese Last musste ich alleine tragen. Ich hatte

Weitere Kostenlose Bücher