Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

Gefechtsspitze der Gewitterbank, geradewegs nach Süden, den zwischen Elbenspitze und Ered Fuíl versammelten Angehörigen der freien Völker entgegen. Die Wolken, welche das Unwetter in ihren Bäuchen mit sich brachten, waren grau, doch feurig an den Rändern, so als ob sie auf ihren Kämmen brennende Geschosse herbeitrugen. Darunter kam mit unheimlicher Geschwindigkeit eine noch tiefere Finsternis herbei, ein Gebilde aus unzähligen schwarzen Flecken, deren wahres Wesen nur diejenigen unter den Elben, die von all ihren Artgenossen das schärfste Augenlicht besaßen, zu erkennen vermochten.
    Es waren gar unzählige geflügelte Gestalten, deren Schwingen so dicht beieinander schlugen, dass das winzige Maß an Licht, das am Horizont ansonsten noch herrschte, dazwischen nicht mehr zu sehen war. Was somit wie eine große Vogelwolke wirkte, die vielleicht auf einem friedlichen Zug nach Süden sein mochte, entpuppte sich bei genauerer Hinsicht als ein gewaltiger Schwarm Harpyien, die mit ihren messerscharfen Klauen und Fangschnäbeln auf dem Kriegspfad waren.
    „Der Feind kommt über uns!“, riefen die Elben, die das Unheil gewahrten, laut aus. Zwar stockte vielen von ihnen der Atem, und der Wind, der in diesen Augenblicken von einer mäßigen, kalten Böe zu einem ausgewachsenen Sturm anschwoll, schien ihre Stimmen in ihre Kehlen zurückzublasen, doch wurden sie von ihren Verbündeten dennoch verstanden.
    Schwert und Axt und Bogen wurden auf Seiten der Verteidiger erhoben, und eine große Entschlossenheit machte sich breit.
Tôlbatturië
, der Große Krieg, hatte begonnen.
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    * in der Gemeinsamen Sprache: elbisch
simbelya
– „Rose, Rosen“, elbisch
pandaín
– „Haut“
    * in der Gemeinsamen Sprache: elbisch
minos
– „Stein, Fels“, elbisch
had
– „Haus, Heim, Hort“, elbisch
Minoshad Nalën
– „Steinerne Behausung der Nalën“

Fünftes Kapitel: Tôlbatturië
    Eine riesige Anzahl runzliger Fledermausflügel, mit schwarzen Rümpfen, langen Hälsen und gewundenen Hornschnäbeln dazwischen, wurde nun noch deutlicher sichtbar. Rasch hielten die elbischen Bogenschützen ihre befeuchteten Finger in die Luft, um auf diese Weise Windgeschwindigkeit, die Kraft, die für einen Schuss erforderlich war, und die bestmögliche Neigung der Flugbahn zu erwägen. Diesen Part übernahmen größtenteils die Lindar, die angeführt wurden von Eldorin, Erenya, Tulorin, Hamafin, dem man ob seiner etwas kräftigeren Statur nachsagte, dass er ein Abkömmling sowohl der Elben als auch der Nalën sei, und von einigen anderen. Die meisten der Nolori aber, unter denen man Thingor und Faramon, Nurofin und viele andere aus edlem Geschlecht sehen konnte, hielten sich ebenso wie die Zwerge und Menschen zunächst im Zwielicht zwischen den vereinzelt entzündeten Leuchten und nahe bei den emporgereckten Speeren auf. Dabei ergriffen sie entschlossen die Schäfte ihre Nahkampfwaffen und warteten auf ihre Stunde.
    Die gezackten Konturen der heranfliegenden Kreaturen wurden noch klarer, während ihre ledrigen, sehnigen Schwingen bei jedem Schlagen wie Tausende Seiten altes Pergament raschelten. Dann erhob sich ein laut durcheinander wogender Schwall Gekrächze und Gekeife, ehe alles sehr schnell ging. Der Schwarm Harpyien verlor ruckartig an Höhe, ganz so als ob seine Mitglieder plötzlich ihre Flugeigenschaft eingebüßt hätten und darum hilflos in die Tiefe stürzten. Tatsächlich aber befanden sie sich in einem senkrechten Angriffsflug, geschwind und mit einer tödlichen Zielgenauigkeit, denn ihre Augen waren scharf und sahen viel von demjenigen, was sich unter dem Schleier aus Dunkelheit unmittelbar über der Erde verbarg.
    Die Elben zogen die Sehnen ihrer Bogen straffer an und nahmen ihre Ziele ins Visier. Die Angreifer hatten ihre Flügel, die zuvor ausgebreitet waren, mittlerweile an die Körperseiten herangezogen, was sie insgesamt schmal erscheinen ließ und ein Treffen nicht gerade einfacher machte. Dann, als die Verteidiger bereits die gierig funkelnden, nadelspitzen Zähne und die trüben, leblos wirkenden Augen der geflügelten Wesen zu erkennen vermochten, wurde ein Befehl gerufen, und die Bogen sangen erstmals in dieser Nacht ihr Lied.
    Zahlreiche schrille Laute des Erschreckens und des Schmerzes erklangen in den Lüften, als etliche der Harpyien die aus Stahl und Eibenholz gefertigten Elbenpfeile in ihre Leiber eindringen fühlten. Unsanft wurden die Getroffenen aus ihrer Flugbahn geworfen und wie willenlose