Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)
erwehren.
Es war Lokki, für welchen man auch den elbischen Namen Goriath kannte, der riesige Häuptling des grausamen Volkes der Werwölfe. Wie eine zu Fleisch und Klauen gewordene Naturgewalt stand er da, hoch aufgeschossen, regungslos und fürwahr unverletzlich erscheinend. Sein mit einem schwarzen Fell bedeckter Leib wurde von einem ehernen, mit Nieten und Stacheln beschlagenen Harnisch geschützt, und seine Pranken, denen die Stärke der Zange eines Hufschmieds zueigen war, hielten eine lange, an den Enden mit mehreren großen, gezackten Kugeln beschwerte Gerte und außerdem ein Kriegsbeil. In den Höhlen unter seiner Stirn loderten scharfe und gnadenlose Augen, deren feurige Glut schon lange brannte, ehe die Menschen vom nördlichen Kontinent das erste Mal auch nur gehört hatten. Mit ihnen blickte er den Rhodrim mit der Selbstsicherheit des größeren und stärkeren Tieres an.
Dann klappte das Maul der Bestie auf und formte Worte mit einer Stimme, die wie aus verschneiten Gräbern klang, denn sie erschien so endgültig und unfehlbar zu sein wie ein vor Tausenden von gewetzten Säbeln starrender Fluss, der einem entgegenpeitschte.
„Zeit zu sterben!“
Kaum war der Klang der Drohung verhallt, da trat die Kreatur, die einst Tuor, der Zweite, erschuf, rasch einen Schritt näher an den menschlichen Gegner heran und ließ ihre entsetzliche Peitsche zu einem heftigen Angriffsschwung halbkreisförmig nach vorne schnellen. Arnhelm reagierte mittels eines Sprungs zur Seite gerade früh genug, sodass der Hieb eine Handbreit an seinem Kopf vorbei ging, er die Zugluft kalt auf seinem Gesicht spürte und die Eisenkugeln klatschend eine tiefe Delle in die Erde gruben.
Der Fürstensohn erkannte sogleich, dass er in diesem Zweikampf auf verlorenem Posten stand, wenn es ihm nicht gelingen sollte, die Entfernung zu seinem Feind bald zu überbrücken und selbst zum Angriff überzugehen. Andernfalls nämlich würde die bewegliche Waffe, welche das Ungeheuer schwenkte, ihn früher oder später ereilen. Unglücklicherweise jedoch wusste ernicht einmal zu sagen, wo an dem pelzigen, gepanzerten Körper des Widersachers sich eine Schwachstelle befand, und überdies verfügte dieser über Beil und Klauen und mächtige Reißzähne, was ihn auch in einer Nahkampfsituation äußerst gefährlich machte.
Schon wurde die Gerte abermals gegen ihn geschwungen, und wieder glückte ihm erst im letzten Augenblick die Flucht vor einer fraglos schmerzhaften Berührung mit der schweren Waffe. Zaghaft versuchte er in den nächsten Etappen des Kampfes, selbst einen gewissen Druck auf den Gegner aufzubauen. Sein bester Erfolg bestand allerdings darin, dass sich sein Schwert bei einer Gelegenheit mit dem feindlichen Kriegsbeil verharkte und er sich eilen musste, um wieder Distanz zu gewinnen und den gierig triefenden Fängen des Werwolfs, die sich nach vorne in Richtung des nachlässig geschützten Halses des Menschen bewegten, zu entgehen.
Irgendwann verspürte Arnhelm, wie seine Kraft allmählich zur Neige ging. Bitter stellte er fest, dass es trotz seiner zweifellos bemerkenswerten kämpferischen Fertigkeiten gegen eine Urgewalt, wie sie ihm heurig entgegnete, keinen Sieg geben konnte. Wenigstens nicht, wenn man die Spielregeln eines ehrenhaften Zweikampfes befolgte.
Goriath, das Oberhaupt des Volkes der Werwölfe des Nordens, brüllte wie ein Donner, der in den schneeverwehten Gipfeln des Milmondo Mirnors niederging, und unternahm einen weiteren Angriffsakt. Wie die Köpfe von Klapperschlangen zuckten die mit eisernen Kugeln gekrönten Schwänze seiner langen Peitsche abermals nach vorne und schnappten zu, so als wollten sie ihre Giftzähne in das Fleisch des Gegners schlagen.
Der Sohn Imalras und Tarabunts entschloss sich zu einer letzten, verzweifelten und überaus risikobehafteten Tat. Er duckte sich tief, als er die gegen ihn geschwenkte Waffe nahen sah, tauchte unter ihr hinweg und sprang anschließend so weit nach vorne, wie er es vermochte. Im selben Moment schnellte seine Klinge hoch, führte einen gezielten Hieb und durchtrennte kurz darauf das Handgelenk, welches die Gerte führte. In einer Kaskade Blut wirbelte die Pranke durch die Luft, und die Kreatur Tuors erhob ein wimmerndes Schmerzgeheul.
Noch ehe Arnhelm seinen Erfolg auch nur eine Sekunde auskosten konnte, traf ihn eine gewaltige Erschütterung an seinem Helm. Goriath nämlich hatte auf seine Verletzung mit dem Instinkt eines verwundeten Raubtieres reagiert und mit der
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