Die zweite Todsuende
der Brauch bei der Polizei ist anders. Man legt es darauf an, den Verdächtigen seiner Würde zu berauben. Man kann ihn auch nackt ausziehen vor dem Verhör. So würde ich mit Ihnen nie verfahren, Mr. Geltman, dazu schätze ich Ihre Intelligenz viel zu sehr.»
«Danke Ihnen», antwortete der Kunsthändler und es klang ganz aufrichtig.
«Nun denn.» Delaney schlug sich aufs Knie. «Das wäre also ein Motiv. Da fehlt noch dies und das, man kann das Bild aber ohne große Mühe vervollständigen. Nun kommen wir zur Gelegenheit. Sie wissen vermutlich von Ihrem Sportsfreund, daß wir hinter den kleinen Trick mit der zweiten Bürotür gekommen sind. Sie müssen das Büro auf diesem Weg verlassen haben, denn Rosa Perez und Dolores Ruiz sahen Sie im Treppenhaus bei Maitland, als Sie angeblich mit Ihrem Anwalt den Lunch nahmen.»
«Seine Aussage steht da gegen die Behauptung der beiden Frauen», entgegnete Geltman, plötzlich wieder recht lebhaft.
«Seine Aussage vor der Polizei. Vor Gericht kann er leider nicht mehr schwören, denn er ist tot.»
«Ein schwerer Schock für mich, als ich davon hörte.»
Delaney musterte ihn ein Weilchen versonnen, bevor er fortfuhr: «Da haben Sie übereilt gehandelt, Mr. Geltman», seufzte er. «Die Zeit wurde wohl knapp? Sie hörten bereits die Bluthunde auf ihrer Spur japsen und obendrein kriegte der Sportsfreund plötzlich Gewissensbisse von wegen Meineid. Nun, da mußten Sie ihn beseitigen - Moment, Moment!» Delaney hob abwehrend die Hand. «Hören Sie mich zu Ende. Noch steht nichts in den Zeitungen, aber wir wissen, daß Simon nicht ein Opfer des Brandes wurde, sondern zuvor schon tot war. Welche Überraschung, nicht wahr? Erstochen. Das ergab die Obduktion. Messerstiche in den Rücken. Und die Feuerwehrfritzen meinen, der Brand wurde mit Whiskey genährt, denn es fanden sich die geleerten Flaschen. Welche Verschwendung. O ja, Mr. Geltman, uns ist bekannt, wie Simon zu Tode kam. In diesem Augenblick zeigen wir Ihr Foto in der Nachbarschaft, in dem Bürohaus von Simon, den Taxifahrern. Früher oder später finden wir wen, der Sie am Tatort oder in der Nähe gesehen hat. Ich an Ihrer Stelle würde also nicht allzusehr darauf zählen, daß das Alibi, das Ihnen Ihr verstorbener Sportsfreund geliefert hat, Sie rausreißt.»
Geltman hatte mehrmals versucht, diese flüssige Darstellung zu unterbrechen, doch je mehr er zu hören bekam, desto weiter riß er die Augen auf und nun stand ihm auch noch der Mund offen. Er rutschte noch tiefer in sich zusammen, wie jemand, den furchtbare Schläge treffen, und schaute Delaney an wie ein sterbendes Reh.
«Damit wären wir am Schluß angelangt, was die Gelegenheit betrifft», fuhr Delaney forsch fort. «Nun kommen wir zur Tatwaffe …»
Er trat an den Tisch, beugte sich über das Messer, bis er es fast mit der Nase berührte, setzte die Brille auf und betrachtete es noch einmal.
«Sehr hübsch», bemerkte er dazu. «Französische Arbeit. Hochgradig gehärteter Stahl. Der Schliff hält sich lange an solch einer Klinge. Damit könnten Maitland und Simon erstochen worden sein; Länge und Breite der Klinge passen zur Beschreibung der Wunden im Obduktionsbefund. Ich allerdings würde solch ein Messer niemals als Mordwaffe verwenden, Mr. Geltman. Zum ersten ist die Klinge zu dünn. Treffen Sie beim ersten Stich auf eine Rippe, könnte die Klinge abbrechen. Ferner kann man ein Messer mit Holzgriff so sorgsam reinigen wie man will, sauber wird es nie. Sergeant, erleuchten Sie den Mann.»
Boone erklärte: «Ein Holzgriff wird mit Nieten am Heft befestigt, und es läßt sich nicht vermeiden, daß Blut zwischen den Stahl und den Holzgriff sickert. Im Labor werden die Nieten entfernt und man sucht nach Blutspuren am Griff und am Heft. Es läßt sich feststellen, ob menschliches oder tierisches Blut die Spuren verursacht hat, und bei menschlichem Blut kann man meist die Blutgruppe bestimmen. Etwa die von Maitland oder von Simon.»
Delaney nickte. «So wird es gemacht, jawohl. Und auch dieses Messer wird so untersucht.»
«Ich habe es nicht getan», murmelte Geltman.
Delaney nahm die Brille ab, wandte sich vom Tisch weg, kehrte aber noch einmal um und betrachtete das Messer von neuem.
«Man benutzt Messer dieser Art zum Ausbeinen, wie der Fachausdruck lautet, und mir will scheinen, daß es zu einem Satz solcher Messer gehört. Sehr schön und teuer. Sergeant, schicken Sie doch einen unserer Leute noch mal in Mr. Geltmans Wohnung. Er soll die übrigen
Weitere Kostenlose Bücher