Die Zweitfrau
ihm ein wenig beschämt zu verstehen, dass ich leider seinen Namen nicht mehr weiß und bitte ihn, mir den noch einmal zu nennen. Er ist nicht weiter erstaunt darüber, dass ich mich nicht an seinen Namen erinnere.
„ Peter“, sagt er ganz einfach.
Und weil wir ja nun schon den ganzen Abend zusammen verbracht haben, bleiben wir bei den Vornamen. Es ist ein schöner Abend, wir unterhalten uns gut, lachen viel, beurteilen den Vortrag, alles ganz entspannt. Wahrscheinlich sieht man sich ja nicht wieder. Und es ist bekanntlich immer leichter, sich mit jemanden zwanglos zu unterhalten, den man nicht kennt. Ein Fremder eigentlich. Peter ist auch nicht anzüglich, sondern redet wirklich nur über den Vortrag. Wir trinken etwas, essen möchte ich nichts, obwohl er es mir anbietet. Und zu guter Letzt bringt er mich zu meinem Auto. Erst dort fragt er nach meiner Telefonnummer, die ich ihm gebe. Und er verspricht sich zu melden, wenn er in der Gegend ist.
Kapitel 2
Ich habe ihn sofort vergessen. Er ist nicht weiter wichtig für mich. Ich bin seit kurzem geschieden und das Letzte, wonach mir der Sinn steht, ist ein Mann. Wenigstens ein Mann als Mann. Als Mensch lerne ich in dieser Zeit sehr viele Männer kennen. Aber für mich ist klar, dass ich alleine bleiben will. Mir kommt kein Mann mehr ins Haus. Dazu ist meine Ehe zu mies gewesen. Aber meine Wenigkeit als Kopfgesteuerte kommt mit Männern so lange gut aus, wie die ihre Finger stillhalten und den Verstand nicht in die Hose rutschen lassen. "Lieber einen Freund mit gebrochenen Fingern, als einen Liebhaber, der mir das Herz bricht". Nach diesem Motto bin ich zumeist prima gefahren, aber ich weiß natürlich nur zu genau, dass gute Vorsätze dazu da sind, hin und wieder missachtet zu werden. Aber nur, wenn ich es will. Zu meinen Bedingungen und damit basta!
Irgendwie habe ich immer wieder das Gefühl, die Männer sind ganz froh, klare Verhältnisse zu haben. Sie werden entspannter, müssen nicht beweisen, was für „tolle Hechte“ Sie sind, Sie können auch mal schwach sein, mal seufzen, mal jammern. Ich höre zu, sage meine Meinung, tröste, wenn es nötig ist. Einfach wunderbar für beide Seiten. Kein Macho-Gehabe, kein „sexiest woman alive“. Einfach mal was zusammen unternehmen, ohne Sorge haben zu müssen, das Gegenüber erwarte Dinge, die nicht drin liegen.
Es sind etwa 6 oder 7 Wochen vergangen, als mein Telefon klingelt und sich „ Peter“ meldet. Keine Ahnung wer das ist. Aber da er meine Nummer hat, muss ich ihn kennen.
„Wie geht es dir?“, fragt er und ich gebe bereitwillig Auskunft.
Als er ankündigt, dass er am nächsten Tag in meiner Gegend ist und fragt, ob er eventuell auf einen Kaffee vorbei kommen kann, sage ich zu. Ich werde schon sehen, wer er ist, ihn erkennen. Ich gebe ihm also meine Adresse und sage ihm, ich freue mich auf den Besuch.
Als es am Tag darauf klingelt, öffne ich doch sehr neugierig die Tür. Ich habe mir die letzten Stunden immer wieder Gedanken gemacht, in meinem Gedächtnis gesucht, wer wohl dieser „Peter“ sein kann, woher er mich kennt. Aber zu meiner Schande muss ich eingestehen, der Kopf bleibt leer, keine Ahnung, wer das ist. Entsprechend erwartungsvoll blicke ich ihm entgegen. Ich kann ihn sofort einordnen, das wenigstens, und ich freue mich über seinen Besuch. Wir haben einen schönen Abend miteinander verlebt, haben sehr gut miteinander reden können, auch wenn unsere politischen Ansichten doch relativ weit auseinander liegen. Wir haben die Gedanken und Meinungen des Gegenübers durchaus akzeptieren können, haben zugehört, uns ausgetauscht. Ich freue mich ehrlich über sein Kommen. Verspricht der Besuch doch, interessant zu werden.
Artig gibt mir Peter die Hand, ich nehme ihm seinen dunkelblauen Mantel ab und bitte ihn ins Wohnzimmer, wo ich schon den Tisch vorbereitet habe mit den Kaffeetassen und einem kleinen Kuchen, den ich auch besorgt habe.
„Wie ist es dir ergangen?“ werde ich gefragt, „Was macht die Partei?“
Ich gebe Auskunft, während ich zwischen Küche und Speisesaal hin- und hereile, um den Kaffee zu holen und noch diverse andere Dinge, die auf den Tisch müssen. Es ist 10.00 Uhr und eine Art „zweites Frühstück“ sicher nicht zu verachten. Wir sitzen uns gegenüber und unterhalten uns. Zunächst über Politik, ein Thema, welches uns wirklich verbindet. Und ich muss sagen, manche seiner Ideen sind gar nicht so schlecht. Könnten genauso gut von mir sein. Es werden sehr
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