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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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wollte und nichts davon erreichte.« Er lauschte, die violetten Augen zur Decke gerichtet. Ein helles Pochen ertönte, ein Meißel wurde in Fels getrieben. »Hörst du das, Gundrabur? Das sind die Clans der Zweiten. Sie entfernen deinen Namen, weil du ein schlechter Herrscher warst.« Aus einem Meißel wurden schlagartig tausende; das Klirren und Hämmern fraß sich in Gundraburs Schädel. »Nichts wird an dich erinnern, dein Zeitalter wird das Namenlose Zeitalter genannt werden, dem die Schmach der Niederlage folgte. Durch deine Schuld, Zwerg. Durch …«
    »Gundrabur! Gundrabur!«
    Die Albae drehten sich zur Tür um, die aufgestoßen wurde. Helles Licht fiel in den Raum.
    »Wir sehen uns bald wieder«, verabschiedeten sie sich gleichzeitig und verschwanden in einer Schwärze, die nicht einmal seine Augen zu durchdringen vermochten.
    »Gundrabur!«
    Der Großkönig schreckte zitternd und mit klopfendem Herzen aus seinem Traum und brauchte lange, bis er sich in der Wirklichkeit zurechtfand. Ächzend fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht.
    Auf seinem Bett saß Balendilín; er wischte ihm den kalten Schweiß von der Stirn und wrang ihn in die kleine Schale, die auf seinem Bauch stand und gefährlich ins Wanken geriet. »Du hattest einen Albtraum«, sagte sein Berater beruhigend und drückte seine Hand.
    »Sie warten auf mich«, flüsterte Gundabur erschrocken und sah noch älter aus als sonst – ein uralter Zwerg, der zwischen den Laken zu versinken drohte. »Und sie haben Recht.« Rasch, aber stockend berichtete er ihm von seinem Traum. »Ich werde dieses Bett nicht mehr lebend verlassen, Balendilín«, seufzte er. »Dabei wollte ich im Kampf gegen Nôd’onn sterben oder wenigstens noch einmal in meinem Leben einem Ork den Schädel spalten.« Er lachte und hustete gleichzeitig. »Die Dämonen wissen, woher diese Schwäche kommt.«
    Auch Balendilín konnte sich die Ursache für Gundragurs Befinden sehr genau denken. Nach dem Genuss des Bieres, das sie im Anschluss an die Unterredung mit Bislipur getrunken hatten, hatte er sich drei Tage lang unwohl gefühlt, sein Magen hatte gegen jegliches Essen und Trinken aufbegehrt, und er hatte Fieber bekommen. Was er mit seiner gesunden Konstitution einigermaßen gut verkraftet hatte, richtete bei dem betagten Großkönig Verheerendes an.
    Inzwischen hatte er in Erfahrung gebracht, dass der Bedienstete, der das Essen gebracht hatte, unterwegs mit Bislipur zusammengestoßen war. Bislipur verstand sich auf das Ränkespiel, als wäre er bei den Kobolden in die Lehre gegangen, doch nachweisen ließ sich ihm nichts.
    Mit diesem Giftanschlag hat er eine Stufe erreicht, die ihn zu einem Mörder werden ließ. Zu einem Mörder am höchsten Herrscher unseres Volkes. Insgeheim schwor sich Balendilín, ihn bei dem geringsten Beweis für seine verbrecherischen Taten anzuklagen, zu verurteilen und hinrichten zu lassen. Und wenn sein Gegner nicht bald einen Fehler beging, würde er dafür sorgen, dass ihm einer unterlief.
    »Ich habe keine Nachkommen und deshalb dich zu meinem Nachfolger ernannt«, sagte Gundrabur schwach. »Du wirst die Clans der Zweiten führen und ihnen ein besserer König sein, als ich es war.«
    Balendilín tupfte ihm die Schweißperlen von der hohen Stirn. »Du bist ein guter König gewesen«, widersprach er, »und du bist es immer noch.«
    Gundraburs Augen wurden feucht. »Ich möchte zur Hohen Pforte, wo ich meine besten Schlachten focht.«
    »Das ist kein guter Gedanke. Der Ausflug kann dich in deiner Verfassung umbringen.«
    »Dann ist es Vraccas’ Wille, und der Platz wird frei für dich!« Er stellte die Schüssel zur Seite und richtete sich auf. »Meine Axt, meine Rüstung«, befahl er und erhielt mit jedem Stück der Rüstung, das er anlegte, mehr von seiner früheren Stattlichkeit zurück. Lederwams, ein leichtes, knielanges Kettenhemd, steinschmuckbesetzte Metallverstärkungen für den Hals, die Schultern und die Brust, dazu kamen der Helm und die Handschuhe, eisenverstärkte Stiefel und Lederhosen. Schließlich nahm er seine Axt, deren Stiel bis zur Hüfte reichte, und schritt zum Ausgang.
    Die bittenden Worte seines Beraters bewirkten nichts, der Großkönig hatte sich zu seinem Vorhaben entschlossen und war durch die zwergische Beharrlichkeit nicht mehr davon abzubringen.
    Gemeinsam marschierten sie durch die Gänge des Zwergenreiches. Balendilín stützte den Großkönig unterwegs und bei all den kleinen Pausen, die sie nach ein paar Treppenabsätzen

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