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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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rief Tungdil, der ein Blutvergießen sondergleichen fürchtete, sollte sich Boїndil in seinem Kampfrausch gegen die schlecht gerüsteten Bewohner Grüschackers wenden. »Es sind zu viele!«
    Dieses Mal zauberte sie nicht. »Djer_n«, sagte Andôkai und fügte unverständliche Silben hinzu.
    Der Krieger trat nach vorn. Die zuckenden Fackeln der Menschen beleuchteten seine Rüstung und hauchten der unheimlichen Fratze auf dem Visier Leben ein. Ein Laut drang hinter dem Helm hervor, den Tungdil noch niemals in seinem Leben gehört hatte. Es war eine Mischung aus einem reptilienhaften Fauchen und dem dumpfen, tiefen Grollen eines Erdbebens, voller Angriffslust, voller Gefahr und voller Warnung, nicht näher zu kommen. Seine Nackenhaare richteten sich auf, und Angst kroch in seinen Körper; unwillkürlich wich er vor dem Wesen zurück.
    Hinter dem Sehschlitz der Maske steigerte sich das violette Schimmern und wurde zu einem Leuchten, das sogar das Licht der Fackeln überdeckte. Die entsetzten Gesichter der Menschen badeten in heliotroper Helligkeit, die sich bis zur Schmerzgrenze steigerte.
    Djer_n stieß den Ton erneut hervor, noch kräftiger und Furcht einflößender als beim ersten Mal, und die Bürger, sogar die Wachen, wandten sich voller Furcht zur Flucht und rannten in die schützenden Gassen und Straßen zurück.
    Das Gatter hatte sich weit genug geöffnet. »Wir gehen«, befahl Tungdil stockend und noch immer beeindruckt von Djer_ns Stimme. Falls es seine Stimme war.
    Sie liefen hinaus in die Nacht, folgten dem verschneiten Weg und vergewisserten sich immer wieder, dass ihnen niemand folgte. Der Auftritt des riesigen Kriegers musste die Städter überzeugt haben, von einer Jagd abzusehen.
    Tungdils Neugier, was sich in dem Kleid aus Eisen und Stahl verbarg, erhielt neue Nahrung, obwohl er sich nicht mehr ganz sicher war, es wirklich wissen zu wollen. Ein Mensch steckt jedenfalls nicht darin.
    Schweigend eilten sie über die verschneite Straße. Bavragor, der hinter Goїmgar trabte, musterte irgendwann dessen Rücken. »Wo ist der Sack mit den Barren?«, schnaufte er und erhielt keine Antwort. »He, ich habe dich was gefragt!«
    Der Edelsteinschleifer beschleunigte seine Schritte, um mehr Abstand zu gewinnen, ehe er antwortete. »Eine Wache hat ihn mir aus der Hand geschlagen, und in dem ganzen Getümmel kam ich nicht mehr an ihn heran. Es tut mir Leid«, gestand er klagend. »Ich habe es nicht mit Absicht getan.«
    »Nicht mit …?! Was ich gleich machen werde, geschieht dagegen mit voller Absicht«, rief Bavragor, aber Tungdil hielt ihn mit eisernem Griff zurück.
    »Lass es gut sein.«
    Der Steinmetz konnte es nicht fassen, sein rotbraunes Auge sprühte vor Ärger. »Aber wir können nicht mehr zurück, um die Barren zu holen! Wie sollen wir die …«
    »Wir gehen ins Reich der Fünften, dort wird sich etwas finden lassen«, unterband Tungdil den Disput; seine Stimme klang selbstsicher und fest wie die eines Anführers.
    »Du hast damals selbst gesagt, dass du dich darauf nicht verlassen willst«, hielt ihm Bavragor störrisch vor. »Und nun …«
    »… ist es nicht mehr zu ändern. Finde dich damit ab«, entgegnete Tungdil. Er ließ seinen Arm los und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Ganz gleich, was uns noch alles zustoßen wird, wir werden nicht verzagen, denn wir können es uns nicht erlauben! Wir sind die Retter des Geborgenen Landes, und wer sonst außer uns könnte das vollbringen, was wir tun müssen, Bavragor?«
    »Er macht es schlimmer«, grummelte er in Richtung Goїmgar. »Ohne ihn wäre uns viel Ärger erspart geblieben.«
    »Es wird seinen Sinn haben, dass Vraccas mich ihn auswählen ließ. Und nun sei stil und achte auf deine Atmung, sonst bekommst du Seitenstechen. Goїmgar kann jedenfalls besser laufen als du.«
    »Feiglinge können immer gut laufen«, war die letzte Bemerkung Bavragors, ehe ein Scheppern erklang und er plötzlich steif wie ein Brett wurde. Seine Beine knickten ein, und er stürzte, wo er stand, in den Schnee; eine glitzernde Wolke stob in die Höhe, die Kristalle legten sich wieder und überzogen ihn mit einer dünnen, pudrigen Schicht. Aus seinem Nacken ragte der Schaft eines Armbrustbolzens.
    Augenblicklich warfen sie sich – außer Djer_n – zu Boden, um nicht von dem Schützen getroffen zu werden, Andôkai gab dem Krieger wiederum eine unverständliche Anweisung, woraufhin er seinen Blick über die Ebene schweifen ließ und unvermittelt davonpreschte.
    Albae

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