Die Zwerge
blickte auf Boїndil. »Pech für dich. Du wurdest von uns gesehen und verfolgt.« Er wandte sich an einen Unteroffizier. »Es scheint sich um eine ganze Bande zu handeln. Womöglich betreibt sie es als Handwerk.«
»Das ist ein großes Missverständnis«, begehrte Tungdil auf und erklärte, was sich vor dem Eintreffen der Stadtwache im Zimmer abgespielt hatte. Zum Beweis hielt er ihnen die Locke hin, die sich bei genauerem Hinsehen als ein Stück ungesponnene Wolle entpuppte.
Der Hauptmann lachte ihm ins Gesicht. »Sicher doch, Unterirdischer. Du denkst, ich falle auf diesen Schwachsinn herein?«
»Zugegeben, es klingt abenteuerlich …«
»Es klingt lächerlich. Du und deine Kumpane sind verhaftet, im Namen des Königs«, entschied er. »Wir finden heraus, wer von euch gemordet hat. Die Folter hat bisher jeden Mordbuben geständig gemacht.«
»Wie ich schon erwähnte, wir haben nichts mit den Zwergen zu tun«, sagte Rodario mit gewohnter Selbstverständlichkeit, wobei er Tungdil kurz zuzwinkerte. »Wir sind die Begleiter der Dame, ihr Gefolge, und trafen die …«
»Das klären wir in der Zitadelle«, unterbrach ihn der Hauptmann harsch. Sein eben noch mürrisches Gesicht wurde plötzlich freundlicher. »Andererseits … die Beweise eurer Unschuld liegen auf der Hand.« Er nahm die falsche Bartlocke, wandte sich um und deutete zur Tür. »Abmarsch. Wir wurden an der Nase herumgeführt. Der Mörder muss noch draußen unterwegs sein.«
»Hauptmann?!«, wunderte sich sein Unteroffizier unverhohlen. »Wir haben doch gesehen, wie der Zwerg in die Schenke …«
»Wir suchen draußen«, wiederholte er. »Wird’s bald? Sonst entkommt uns der wahre Mörder.« Da er sich von seiner Ansicht nicht mehr abbringen ließ, leisteten seine verdutzten Untergebenen seinen Anweisungen Folge und kehrten auf die Straße zurück. Nicht lange darauf tönte das Scheppern ihrer Rüstungen durch das geöffnete Fenster.
»Das war knapp. Wie gut, dass er zur Besinnung kam«, atmete Rodario auf. »Schlafen wir weiter?«
Andôkai packte ihre Sachen zusammen. »Wir müssen von hier verschwinden. Mein Zauber wird nicht ewig halten, sein Verstand kehrt bald zurück.«
Boїndil kratzte sich am Bart. »Meinst du den Schauspieler?«
»Nein, sie meint den Hauptmann«, erklärte Tungdil und musste grinsen. Nun wusste er auch, warum alle sich so wenig um Djer_n kümmerten. Die Maga schien die Gedanken beeinflussen zu können. »Sie hat ihn verhext, oder warum sollte er sonst so gehandelt haben?« Nachdenklich betrachtete er einen Fetzen der groben Wolle, die zwischen seinen Fingern geblieben war. Jemand wollte uns eine Falle stellen, die beinahe zugeschnappt wäre. »Eine verfluchte Falle.«
»Ho, und wie es uns beinahe erwischt hätte! Der Mörder hat sich als einer unseres Volkes getarnt«, ärgerte sich Ingrimmsch und begann zu packen. »Dafür werde ich ihn in kleine Scheibchen schlagen, wenn ich ihn in die Finger bekomme.«
»Ein Kind kann es unmöglich gewesen sein, dazu war er zu flink«, sagte Balyndis, während sie sich wie die anderen abreisebereit machte. »Ein Gnom oder ein Kobold …«
Tungdil klopfte sich gegen den Kopf »Swerd! Der Handlanger Bislipurs! Er ist ein Gnom!« Sie eilten zur Tür und die Treppe hinab, während er weitersprach. »Er muss uns gefolgt sein und auf eine Gelegenheit gewartet haben, uns auf Geheiß seines Herrn richtig in Schwierigkeiten zu bringen.«
»Ein zäher Scheißer«, zollte ihm Bavragor Respekt, den Rucksack fester verzurrend. »Seine Nase muss verdammt gut sein.«
»Unsinn, es war ein Leichtes, uns zu folgen«, hielt Boїndil dagegen und sicherte den Schankraum.
»So leicht auch wieder nicht. Immerhin muss er sich irgendwie bei den Ersten eingeschlichen haben und bis zu unseren Tunnels gelangt sein«, meinte Balyndis beeindruckt.
»Die leere Lore mit der Schuhschnalle, erinnert ihr euch?« Tungdil pirschte zur Tür, um einen vorsichtigen Blick hinauszuwerfen. »Die Schnalle kam mir gleich so bekannt vor.« Er huschte hinaus, Boїndil blieb an seiner Seite. »Ihr könnt kommen, sie suchen in einer anderen Gasse nach uns«, rief er.
»Und nicht rennen«, schärfte Ingrimmsch Goїmgar ein. »Wer nachts rennt, ist verdächtig.«
Sie schlenderten die Straßen von Grüschacker entlang, als hätten sie nichts Besseres zu tun, unterhielten sich leise und erweckten für einen zufälligen Beobachter nicht den Eindruck, etwas Verbotenes zu tun oder flüchtige Verdächtige zu sein; Djer_n hielt
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