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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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zuerst musste Gutenauen gewarnt werden, ehe er Lot-Ionan nach seiner Rückkehr vom Schwarzjoch von Nôd’onn berichtete, dem seltsamen Herrscher des Toten Landes. Der Zauberer würde wissen, was zu tun war, und bestimmt den Rat der Magi einberufen. Noch besser wäre es, wenn er alle Könige und Königinnen einlüde, um ihnen davon zu erzählen.
    Der Zwerg fand es an der Zeit, dass sich Menschen und Magi gemeinsam ein für alle Mal gegen das Tote Land stemmten. Wenn die Menschen sein Volk um Hilfe baten und die Stämme Abordnungen schickten, stünden die Aussichten auf einen Sieg gewiss recht gut.
    Tungdil wartete, bis die Mehrzahl der Orks eingeschlafen war. Dennoch war es nicht leicht zu entkommen, denn drei Dutzend Wachen sorgten dafür, dass sich keiner dem Lager unbemerkt annäherte.
    Entschlossen wählte der Zwerg sich die Stelle aus, an der ein Wache haltender Ork einen besonders müden und gelangweilten Eindruck machte; er stützte sich auf den Schaft seines angerosteten Speeres, und die Augen fielen ihm immer wieder zu.
    Tungdil rang sich dazu durch, sein Gepäck und den Sack mit den Artefakten doch mitzunehmen. Bei seinem Glück würden die Bestien die wertvollen Gegenstände sicherlich entdecken, und damit wären sie für immer verloren, was er Lot-Ionan und Gorén gegenüber keinesfalls zugeben wollte.
    Der Zwerg verbrachte eine kleine Ewigkeit damit, möglichst keinen Lärm beim Abstieg zu verursachen. Das Knacken eines Astes konnte sein unrühmliches Ende bedeuten.
    Seine Hände umfassten die raue Rinde. Auf der schattigsten Seite rutschte Tungdil Stück für Stück dem Boden entgegen. Gelegentlich blieb sein Kettenhemd an einem Zweig hängen, doch es gelang ihm jedes Mal, das Holzstückchen vorsichtig aus den Ringen zu befreien und nicht abzubrechen.
    Endlich hatte er Boden unter den Füßen und presste sich ins duftende, taunasse Gras; so roch er den üblen Gestank der Orks wenigstens nicht mehr ganz so intensiv.
    Er hatte das Schleichen niemals gelernt. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als es einer Raupe gleich zu tun und mit dem Bauch über die Erde zu rutschen, stets darauf achtend, den Hintern nicht in die Höhe zu strecken, während er die Rucksäcke vor sich her schob.
    Was Tungdil sich so leicht vorstellte, geriet zu einer Nerven aufreibenden Angelegenheit. Der Axtstiel verklemmte sich immer wieder zwischen seinen Beinen, das Kettenhemd klirrte bei jeder Bewegung, und die Stiefel glitten über die feuchten Halme, ohne Halt zu finden.
    Ich bin nicht nur ein schlechter Kletterer, ich bin auch ein mieser Schleicher, dachte er und wischte sich den Schweiß aus den Augenbrauen. Zwerge waren nun mal Geschöpfe, die von Vraccas zum offenen Kampf geschaffen worden waren. Wenn sie irgendwo hinauf wollten, bauten sie eine Treppe, und wenn sie irgendwo hin wollten, liefen sie los. So einfach war das.
    Tungdil passierte die dösende Wache in knapp zehn Fuß Entfernung. Im Mondlicht erkannte er jede Einzelheit des hässlichen Ungeheuers: Schmucknarben und bunte Striche prangten in wirren Mustern auf der Fratze. Milchiger Sabber sickerte aus dem Mundwinkel, rann die überstehenden Hauer hinab und tropfte auf die fettbeschmierte Rüstung. Grunzend sog die platte Nase Luft ein.
    Es drängte den Zwerg, dem Ork die Axt in den ungeschlachten Schädel zu rammen, aber er hätte sicherlich keinen Erfolg und würde Gutenauen auch kaum vor dem Angriff bewahren.
    Erleichtert, dass er die erste Schwierigkeit gemeistert hatte, robbte er weiter, bis er in den Entwässerungsgraben eines Feldes rutschen konnte und sich außerhalb der Sicht des Feindes befand.
    Die Vertiefung bot ihm ausreichend Schutz, um in ein nahes Wäldchen zu gelangen, wo er sich endlich aufrichten durfte. Das nenne ich ein Abenteuer. Der Matsch an seiner Kleidung störte ihn nicht, Tungdil hatte andere Sorgen. Er erinnerte sich, dass die Baumgruppe nur sehr klein war und er in gerader Linie hindurchmarschieren konnte. Der Zwerg betete, dass er sich nicht verlief.
    Weil er sich weit genug von den Orks entfernt glaubte, nahm er keine Rücksicht auf Geräusche, die er beim Laufen verursachte. Nur wenn er rechtzeitig im Dorf ankäme, bestünde die Hoffnung, dass sich die Menschen in Sicherheit brachten.
    Tungdil verfiel in einen lockeren Trab und erreichte bald die andere Seite der Schonung. Erleichtert trat er aus dem Unterholz.
    Bei Vraccas! Der unverhoffte Anblick ließ ihn erstarren.
    Vierhundert Schritte vor ihm lagerte eine zweite Orkhorde,

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