Die Zwerge
verschwinden und sich durch ihre Linien zu schleichen.
Dann kam ihm ein anderer Gedanke. Wenn es ihm gelänge, näher an die Feuerstellen zu kriechen, konnte er vielleicht mit anhören, was die Orks beabsichtigten. Schließlich beherrschte er ihren Dialekt. Jedenfalls traute er sich zu, das in Büchern Erlernte auch anzuwenden. Es zahlte sich aus, bei einem Magus mit einer großen Bibliothek aufzuwachsen; Lesen und Lernen war neben dem Schmieden sein liebster Zeitvertreib.
Man sollte es nicht glauben, aber das Grölen, Knurren und Brüllen barg eine gewisse Methode in sich, die eine Unterredung ermöglichte. Die Gelehrten waren durch gefangene Orks hinter die Geheimnisse einer Sprache gekommen, die Unmengen von Drohungen und Schimpfworten beinhaltete.
Das Herz des Zwergs pochte laut bei dem Gedanken, sich durch die Reihen der stinkenden Monstrositäten zu stehlen. Ertappten sie ihn, wäre es um ihn geschehen; aber ein Zwerg durfte nichts unversucht lassen, die Menschen vor ihrer Vernichtung durch die Kreaturen Tions zu bewahren. Das war die Aufgabe, die sein Volk und damit auch er von Vraccas dem Schmied erhalten hatte.
Seine Entscheidung war gefallen. Tungdil betrachtete den Stamm der Eiche und kundschaftete einen lautlosen Weg auf den Boden aus. Er verzurrte sein Gepäck gerade in den Zweigen der Eiche, als eine Bewegung durch die Orks ging. Nach und nach erhoben sie sich an den Lagerfeuern, ihre Gespräche und Rufe wurden lauter. Es trafen Gäste ein.
Die Streitmacht rottete sich nahe der Eiche zusammen. Der Zwerg kroch den Ast entlang, bis er sich wegen des dünner werdenden Holzes nicht weiter nach vorn wagte. Wenn er sich sehr anstrengte, würde er die Reden der Ungeheuer verstehen. Ihre Anführer brüllten, damit sie jeder hörte, und das gereichte ihm zum Vorteil.
Behutsam bog er die grünen Zweige zur Seite. Die Orks bildeten einen großen Kreis, in dem drei einschüchternde Sippenoberhäupter standen, deren gewaltige Hauer angespitzt und bemalt waren. Dann wurde es ruhig, und das Gejohle erstarb von einem Augenblick auf den nächsten.
Tungdil hörte das Klappern von Hufen. Zwei Reiter trabten auf ihren Rappen durch die Reihen; die Augen der schwarzen Pferde leuchteten amarantfarben, und wenn die Hufe den Boden berührten, blitzen weißblaue Funken auf. Die geschmeidige Art, in der sich die Tiere bewegten, erinnerte an Raubkatzen und hatte nichts mit dem schaukelnden Gang eines gewöhnlichen Pferdes gemein.
Die schlanken, hoch gewachsenen Reiter lenkten die Rappen in den Kreis und stiegen ab. Der Zwerg glaubte zu wissen, was sie waren: Albae.
Sie trugen kunstvoll gearbeitete Lederrüstungen unter ihren Mänteln. Tungdil sah lange schwarze Lederhosen, dunkelbraune Stiefel, die bis unter die Knie reichten, und dunkelrote Handschuhe.
Der Alb mit den langen blonden Haaren hielt einen Speer mit einer schmalen Klinge, die nicht dicker als ein kleiner Eiszapfen war; an der linken Seite baumelte ein Schwert.
Sein Begleiter hatte schwarzes Haar, das, zum Zopf geflochten, unter dem Cape verschwand. Er trug einen geschwungenen Langbogen in der Hand und einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken; zwei Kurzschwerter waren mit Lederriemen an seinen Oberschenkeln befestigt.
Ihn kannte Tungdil. Er hatte versucht, ins Zimmer der Herberge einzudringen. Bitte, Vraccas, lass Friedegard und Vrabor den Albae entkommen sein, bat er stumm.
Der Blonde übernahm die Verhandlungen, die in der Gemeinsprache geführt wurden; offenbar weigerten sich die Albae, die primitiven Laute der Orks von sich zu geben.
»Ich bin Sinthoras von Dsôn Balsur. Mein Meister, Nôd’onn der Zweifache, der Gebieter über das Tote Land, schickt mich, um den drei Fürsten Toboribors die Hand zum Bund zu reichen«, sagte der Alb und gab sich dabei keine Mühe, in irgendeiner Weise freundlich zu klingen. Er überbrachte das Angebot und machte mit seiner Stimme deutlich, dass man es annehmen oder lassen sollte. »Nôd’onn erwählte euch, Fürst Bashkugg, Fürst Kragnarr und Fürst Ushnotz, die Eroberungen zu machen, wie sie keiner vor euch tat. Ihr sollt an der Spitze der Orks stehen und der mächtige Arm des Südens sein, unter dessen Schwert die Schädel der Menschen zerspringen.«
»Wer von uns wird der Oberfürst?«, fragte Kragnarr, der ebenso groß wie die Albae, aber doppelt so breit gewachsen war; die anderen beiden Anführer standen ihm in ihrem Wuchs nicht nach.
Bashkugg versetzte ihm augenblicklich einen harten Stoß. »Willst du
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