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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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mürrisch. »Wir haben einen langen Weg zur Festung vor uns. Das wird reichen, um aus dir einen von uns zu machen.« Das Stöckchen wippte auffordernd. »Ich habe es mir anders überlegt, du wirst kosten«, verlangte er, und das fanatische Funkeln in seinen Augen war nicht gewichen. »Je eher du Zwerg wirst, desto besser.«
    Tungdil zog das warme Stück Käse vom Spieß. Es schmeckte grauenvoll, seine Finger würden die nächsten Tage danach riechen und sein Mund vermutlich auch. »Es geht nicht«, wiederholte er stur. »Ich muss die Artefakte zu Gorén bringen.«
    »Es dauert nicht mehr lange, bis du in der Siedlung von Grünhain bist. Wir warten«, meinte Ingrimmsch gönnerhaft, »bis du den Sack losgeworden bist.«
    Sein Zwillingsbruder nickte. »Dein Magus ist eingeweiht. Er hat uns erlaubt, dich nach Ogertod zu bringen.«
    »Was würde geschehen, wenn ihr ohne mich zurückkehrtet?«
    Die Geschwister wechselten einen schnellen Blick.
    »Vermutlich würde Gandogar als Großkönig eingesetzt, aber es würde stets der Makel an ihm haften, nicht der wahre Herrscher zu sein«, sprach Boëndal besonnen und gab seinem Bruder ein aufmunterndes Zeichen.
    »Ja, genau!«, stieg der mit ein. »Daraus könnten … Unzufriedenheiten unter den Stämmen entstehen. Manche … könnten seine Regentschaft anzweifeln, das Lager der Zwerge würde sich spalten und …«, er blickte Hilfe suchend in die Flammen, dann hellte sich sein Gesicht auf, »vielleicht käme es zum Krieg zwischen den Clans und innerhalb der Stämme. Und du wärst schuld.« Er schaute sehr zufrieden drein.
    Tungdil war durcheinander. Der Tag brachte zu viel. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er Orks getötet, und kurz darauf saß er mit einer Hälfte seines Hinterns auf dem königlichen Stuhl. Er musste dringend nachdenken. »Ich brauche Bedenkzeit.« Erschöpft rollte er sich neben dem Feuer zusammen und schloss die Augen.
    Boїndil räusperte sich und begann leise zu singen. Es war eine Zwergenweise, die durch ihre Silben eine ganz eigene Anziehungskraft besaß und von den Zeiten vor den Zeiten sprach …
     
    »Die Götter entstanden, weil es ihnen gefiel.
    Einer schuf sich selbst aus einer Flamme, flüssigem Stein und Stahl. Das ist Vraccas der Schmied.
    Eine erhob sich aus der Erde. Das ist Palandiell die Fruchtbare.
    Einer bildete sich aus den Winden der Welt. Das ist Samusin der Rasche.
    Eine wollte so zerstörerisch und schaffend sein wie das Wasser. Das ist Elria die Hilfreiche.
    Eins vereinte Licht und Dunkelheit in sich. Das ist Tion das Zweigeschlecht.
    Sie sind die Fünf …«
     
    Mehr vernahm Tungdil nicht mehr. Die Worte in seiner Sprache, die er zum ersten Mal aus einem anderen Zwergenmund hörte, beruhigten ihn so sehr, dass er einschlief.
     
    *
     
    Mit dem Erwachen und dem Aroma des durchdringend riechenden Käses in der Nase stand sein Entschluss fest, die Zwillinge ins Reich der Zweiten zu begleiten. Die Neugier auf andere Angehörige seines Volkes siegte über die Vorbehalte.
    »Damit ihr es wisst, ich habe weiterhin nicht vor, Großkönig zu werden«, machte er ihnen deutlich. »Ich komme nur mit, um mehr über seine Familie zu erfahren.«
    »Von uns aus«, meinte Boëndal zufrieden. »Hauptsache ist, dass du mitgehst.« Er und sein Bruder packten ihre Sachen zusammen, und sie schritten zügig aus. »Wir müssen so schnell wie möglich zur Siedlung, damit wir noch schneller in die Festung zurückzukehren. Die achthundert Meilen werden sich ziehen.«
    »Wir bringen dich bis an den Rand des Dorfes oder was auch immer die Elbin zwischen die Bäume gezimmert hat«, meinte Boїndil unfreundlich. »Mit dem Spitzohr wollen wir nichts zu tun haben. Es ist schon schlimm genug, durch einen Elbenhain zu marschieren.« Er bespie den nächstbesten Strauch.
    »Sie hat dir doch nichts getan.« Tungdil betastete den Sack mit den Artefakten vorsichtig. Es fühlte sich an, als wären ein paar Dinge darin nicht mehr so intakt, wie sie sein sollten; der Schwerthieb war den Gegenständen gewiss nicht gut bekommen. Für diese Tat hatte der Ork den Tod doppelt verdient. »Ich laufe mehr als sechshundert Meilen durch Gauragar und Lios Nudin und entgehe Orks, ohne dass die sorgfältig gehüteten Artefakte Schaden nahmen«, seufzte er. »Ausgerechnet drei oder vier Fußstunden von Gorén entfernt taucht dieses Scheusal auf und zerstört die wertvollen Stücke.« Er hoffte auf die Milde des einstigen Famulus Lot-Ionans.
    Doch der Krieger war in Gedanken noch

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