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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Offizier geht neben ihr, ganz dicht an dem Schornstein kommen sie vorüber, der Offizier spricht: »Johannes Wiebe, ja, der ist an Bord. Gleich werden wir ihn haben!«
    Er späht nach dem Landungssteg, jetzt könnte er vielleicht ausreißen – aber am Ende des Steges steht sein Bruder Thomas mit einem Polizisten! Und die beiden flüstern heimlich miteinander!
    Er möchte förmlich in den Schornstein hineinkriechen, aber das hilft ihm nichts, grade auf ihn zu kommt nun die Mutter mit dem Offizier. Der deutet mit dem Finger: »Der da ist Johannes Wiebe!«
    Und die Mutter sagt mit ganz hoher tadelnder Stimme: »Oh, Johannes, mir wird eben gesagt, du hast deine Tabletten nicht ordentlich genommen. Immer warst du so widersetzlich – du hast dich gar nicht geändert!«
    Und damit will sie ihm eine Tablette in den Mund stecken; aber es ist gar keine Tablette, es ist eine Schraubenmutter aus der Automobilfabrik. Er hat vergessen, sie aufzusetzen, und zur Strafe soll er sie jetzt verschlucken ...
    Er wehrt sich krampfhaft, aber der Druck gegen seinen Mund wird immer stärker, und nun sagt plötzlich die Stimme des Schiffsarztes ganz ärgerlich: »Mein junger Freund, trinken Sie doch endlich, es wird Ihnen wirklich guttun!«
    Er schlägt die Augen auf, und da sitzt wirklich nur der Schiffsarzt an seinem Bett und will ihm ein Glas Orangensaft zu trinken geben. Der böse Traum ist zerstoben, er trinkt.
    Der Schiffsarzt macht ein ernstes Gesicht und sagt: »Sie machen mir rechte Sorgen, mein junger Freund! So kann ich Sie doch wirklich nicht an Land gehen lassen!«
    »Ach, Herr Doktor, bis morgen bin ich in Ordnung!«
    »Bis morgen? Sie haben wieder einen Tag verschlafen, junger Wiebe! In drei Stunden legen wir in Hamburg an. Kommen Sie, seien Sie vernünftig, lassen Sie mich für Sie einen Krankenwagen bestellen. Gehen Sie erst einmal ins Krankenhaus.«
    »Bitte, wirklich nicht, Herr Doktor!«
    Der Doktor denkt nach. »Ist es irgendetwas? Kommt jemand – oder wollen Sie jemanden nicht sehen?«
    »Ach, Herr Doktor, bitte nicht fragen. Ich verspreche Ihnen, ich lege mich in Hamburg sofort ins Bett.«
    »Sie versprechen mir das in die Hand?«
    »Das tu ich, Herr Doktor!«
    »Es ist sträflich von mir, aber ich sehe ja ein ... Was Sie auch alles für Zeug im Traum geredet haben ... Nun also, ich schicke Ihnen den Steward, dass er Ihnen ein bisschen hilft.«
    Und nun steht Johannes Wiebe an Deck. Er ist sehr schwach, aber sein Kopf ist wieder klar. Wie im Traum hält er sich versteckt. Er steht hinter einem Ventilator und sieht auf all die Gesichter am Kai. Er kann das eine Gesicht, das geliebte und gefürchtete Gesicht, nicht entdecken.
    Langsam leert sich das Deck, langsam wird das Gedränge um das Fallreep lichter. Johannes Wiebe hat jedes der dort noch wartenden Gesichter dreimal angesehen: er kann ohne Angst vom Schiff gehen.
    Er tut es, langsam, mit weichen Knien. Er ist so schwach, dass er sich von einem Träger sein leichtes Köfferchen abnehmen lässt.
    »Sonst nichts – Herr?«
    »Sonst nichts. Aber setzen Sie mich schnell in ein Auto.«
    Er steigt mühsam in den Wagen, er lässt sich in das erstbeste Hotel fahren. Eine halbe Stunde später liegt er wieder in einem Bett, erschöpft, aber mit klarem Kopf.
    Dies war die Heimkehr des verlorenen Sohnes – aber dem Arzte hat er doch wenigstens Wort gehalten!

H AUPTSTÜCK
    DIES HERZ, DAS DIR GEHÖRT

Erster Teil
Zwei Menschen lernen sich kennen
Der Bruder
    Fast zwei Tage hat es Johannes Wiebe im Bett seines Hamburger Hotels ausgehalten, dann trieb ihn plötzlich die Unrast hoch! O Gott, er war ja wieder in der Heimat, nur sechs, acht Stunden von Berlin und der Mutter entfernt, und er lag tatenlos im Bett!
    Es ist schon dunkel, im feuchten Asphalt vor seinem Fenster spiegeln sich viele Lichter. Aber das kann ihn nicht mehr halten! In einer Stunde ist er reisefertig, bezahlt seine Rechnung: »Geht noch ein Schnellzug nach Berlin?«
    »Jawohl, mein Herr, in einer halben Stunde. Kurz vor Mitternacht sind Sie in Berlin.«
    Er geht das kurze Stück bis zum Bahnhof. Diese zwei Tage Ruhe haben ihm gutgetan. Ein leises Schwächegefühl noch in den Beinen, eine seltsame Leere im ganzen Körper, als sei er sehr leicht geworden – das ist alles!
    Er steigt in den Zug, setzt sich in eine Ecke – und kaum sitzt er, schläft er schon wieder ein.
    Der Heimkehrer hat, ohne es zu wissen, wie drüben seine Fahrkarte hinter das Hutband gesteckt, und der Schaffner dieses Zuges ist

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