Diese eine Woche im November (German Edition)
nicht zerstückeln und die Steine einzeln auf den Markt bringen. «
» Du glaubst, der Auftraggeber ist ein Sammler? «
» Ich bin fast sicher, jemand will dieses Diadem besitzen. Vielleicht hat dieser Jemand seinen Mitarbeitern nicht genug bezahlt. Vielleicht wurde unser Mann deshalb zum Verräter. «
Der Wein schmeckt Herbert. Er leckt die Lippen und trinkt beherzt. » Habt ihr einen Verdacht, wer hinter dem Anschlag stecken könnte? «
» Verdacht ist zu viel gesagt. « Gianfranco hebt erwartungsvoll die Brauen. » Ah, meraviglioso. «
Der Kellner stellt die Nudeln ab.
» Grazie. «
Herbert betrachtet seinen übervollen Teller. Die Gnocchi schwimmen in einer braunen Soße, am Rand garniert mit Salbeiblättern.
» Buon appetito. « Der Commissario stopft die Serviette in den Hemdkragen.
» Wünsche ich auch. « Herbert hebt die Krawatte und legt sie über die Schulter. Er probiert und verdreht verzückt die Augen.
» Habe ich zu viel versprochen? « Gianfranco grinst.
» Im Gegenteil. « Der Hauptkommissar gießt ihnen Wein nach.
Ein Gast betritt das Lokal. Dunkler Anzug, glattes Haar, er zieht seine schwarzen Handschuhe aus. Einen Augenblick sieht der Mann sich um, dann nimmt er Platz. Nur ein Tisch liegt zwischen ihm und den beiden Kommissaren.
7
I ch denke nicht daran. « Pippa zieht ihre Jacke zu. » Sag mir erst, weshalb wir das Ding zurückgeben sollen. «
» Es ist nötig. «
Sie stehen auf einer Brücke, die das Cannaregio und Santa Croce verbindet.
» Es war noch nie nötig, etwas zurückzugeben « , entgegnet Pippa.
Was bleibt Tonio anderes übrig, als zu lügen? Sie muss ihm die Brieftasche einfach wiedergeben. » Die Deutsche ist … sie ist eine Freundin von Rinaldo. «
» Woher soll Rinaldo die kennen? Und woher willst du das wissen? Bist du ihr nachgelaufen? «
Tonio ist ihr nachgelaufen. Scheinbar ohne Ziel schlenderte die Blonde durch die Gassen und entdeckte auf ihrem Spaziergang die Schuhgeschäfte auf der Salita San Polo. Tonio wurde heiß und kalt. Wenn sie etwas kaufen will, entdeckt sie das Fehlen ihrer Brieftasche, dachte er. Sie wird sich an unsere Begegnung erinnern und glauben, dass ich der Dieb bin. Als die Deutsche auf eine Schuhboutique zulief, ließ Tonio jede Hoffnung fahren. Überraschend war die Tür verschlossen. Er grinste. Um diese Jahreszeit machten manche Shops erst um elf Uhr auf. Danach setzte sich das Mädchen in ein Café, bestellte Kuchen, einen Fruchtsalat und Joghurt mit Honig. Tonio dankte dem Himmel für ihren gesegneten Appetit und rannte los, um Pippa zu treffen. Solange die Deutsche nicht bezahlte, bestand die Chance, dass sie den Diebstahl nicht entdeckte.
» Pippa, hör mal. Ich mache dir einen Vorschlag. «
» Schieb ab. Du kriegst die Brieftasche nicht. «
Für Diskussionen hat Tonio keine Zeit. Unvermittelt fährt seine Hand in Pippas Jackentasche, er zerrt den Gegenstand hervor.
» Du Arsch! « Pippa wehrt sich, will ihm das Ding entreißen.
Tonio hält es in die Luft und lacht, damit niemand auf die Idee kommt, hier finde womöglich ein Straßenraub statt.
» Ich geb dir was ab! « , ruft er über Pippas Beschimpfungen hinweg. Mit der freien Hand holt er das Bargeld aus dem Portemonnaie. » Das ist dein Anteil. Achtzig Euro. «
Verblüfft lässt sie von ihm ab. » Du willst die Brieftasche ohne Geld zurückgeben? «
» Ich weiß, was ich tue. «
» Das glaube ich nicht. « Pippa greift sich die Scheine. » Du bist ziemlich durchgeknallt. « Argwöhnisch baut sie sich vor ihm auf. » Und jetzt? Machen wir weiter? «
» Geht nicht. Wir treffen uns später, zur Abendtour. «
Bevor sie etwas sagen kann, macht er kehrt, verlässt die Brücke, springt auf einen Lastenkahn, der durch den Kanal tuckert, und hüpft von ihm aufs andere Ufer. Er rennt durch eine Gasse, die so schmal ist, dass ein dicker Mensch nicht durchpassen würde. Tonio rennt nicht, er galoppiert. Ein altes Ehepaar weicht erschrocken aus. Hat die Deutsche den Fruchtsalat schon ausgelöffelt, verlangt sie nach der Rechnung?
Links ein Tor, verschlossen, er schwingt sich am Gitter hoch und hechtet über die spitzen Zinken. Wasser kreuzt seinen Weg, springend kaum zu schaffen, er wagt es trotzdem. Knallt auf den Stein, glitschige Böschung, Tang und Moos. Hektisch sucht er etwas zum Festhalten, die Beine rutschen in die Brühe. An einem Eisenring zieht er sich hoch. Die neuen Schuhe, nass und verdreckt. Vorbei am Obststand, an der Apotheke. Zwei Mann der Müllabfuhr
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