Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)
versunken, aber dazu fehlte mir die Zauberkraft. Ich merkte, dass ich noch ein Glas Sekt in den Händen hielt, und weil ich irgendetwas tun musste, um nicht zu kreischen, trank ich es in einem Zug aus.
»Wenn ich zurückdenke«, sagte Mama und sah mich an.
Ich unterbrach ihren Satz mit einem lauten Rülpser. Tara, die ein paar Meter neben uns stand, rief »Schulz«, und ich rief »Schulz« zurück, aber außer uns beiden konnte niemand darüber lachen.
Mama redete weiter.
»Am Tag deiner Geburt lagst du in meinen Armen und hast an meiner Brust genuckelt.«
Ich drückte gegen ihren rechten Mops und grinste: »Meinst du da?«
Großes Gelächter. Mama lachte mit und umarmte mich.
»Heute bist du sechzehn …«
»… und nuckle immer noch an deiner Brust.«
Wieder lachten alle.
»… und nuckelst an alkoholfreiem Bier, guckst den jungen Weibern hinterher …«
»Ja, die haben auch einen Knackarsch.«
»… schenkst ihnen rote Rosen.«
»Weil sie geile Brüste haben.« Ich drehte mich zur Seite. Das erste hübsche Mädchen, das ich sah, war Tara, also zeigte ich mit dem Finger auf sie und sagte: »So wie die da!«
Wieder lachten alle. Irgendwie gefiel mir das, irgendwie aber auch nicht. Tara schickte mir einen Luftkuss zu und nippte an ihrem Bier. In meinem Kopf wurde es nebliger und nebliger. Mama machte eine Pause, sah mir tief in die Augen und sagte: »Ich bin stolz auf dich.« Dann hörte sie auf zu sprechen. Sie rang nach Worten, aber ihr fiel nichts mehr ein. Sie hatte Wasser in den Augen. »Mama ist sehr, sehr stolz auf dich«, sagte sie dann doch. »Mach weiter so, kämpfe weiter!«
Ich sagte: »Ich muss mal!«
Aber ich musste gar nicht.
»Okay, Daniel«, sagte Mama. »Dann geh!«
Ich drehte mich um, lief schnell die Treppen hoch und setzte mich auf die oberste Stufe. Dort war es schön ruhig.
»Ich möchte noch einigen Leuten danken«, hörte ich Mama weiter sagen. »Zuerst kommt Britta, die immer für mich da ist, wenn ich Hilfe brauche.«
Britta stand auf und umarmte Mama, die jetzt ihre Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Weil ich das lustig fand, rief ich von oben: »Heulsuse, Heulsuse.«
»Dann kommt Lars«, sagte Mama, und Lars drückte sie. Tara drückte Mama auch, weil sie dort stand und nichts Besseres zu tun hatte. Mir wurde langweilig, weil ich ganz alleine war, und ich setzte mich auf Tamtams Schoß.
»Danke auch für die Unterstützung von meinen Freunden vom Hamburger Hospiz KinderLeben.«
Ich applaudierte und schrie ganz laut: »Yeah!«
»Und einen riesengroßen Dank an meine zwei Chefinnen.«
Jetzt brach Mama richtig in Tränen aus. Papa hielt es nicht mehr aus und ging raus, um eine Zigarette zu rauchen. Auch er weinte. Ich konnte es durch die Scheibe genau sehen. Armer Papa!
»Wenn die Scheiße richtig den Deckel hochkommt«, sagte Mama schluchzend, »sind sie immer da für mich, unterstützen mich, hören sich meine ganzen Probleme an. Vielen, vielen Dank. Danke auch an meine Schwester, Wiebke, an meine andere Schwester, Monja, und natürlich an die Hauptperson, der ich einen besonderen Dank aussprechen muss für die Unterstützung, den Beistand, den er mir jeden Tag gibt …«
In dem Augenblick kam Papa wieder zu uns herein.
»… der meine Stimmungen mitmacht. Ich weiß, wenn es hart auf hart kommt, kann ich mich immer auf meinen Mann verlassen, der sich für uns stark macht, und dafür möchte ich ihm von ganzen Herzen danken. Danke, dass du seit zehn Jahren bei uns bist.«
Mama fing noch mehr an weinen. Papa quetschte sich an den Leuten vorbei, ging nach vorne und küsste sie.
»Bravo«, schrie jemand von hinten.
Alle klatschten und jubelten und applaudierten.
»Heiratet doch noch mal«, rief ich ihnen zu und wieder fingen alle an zu lachen. »Vielleicht kann ich das noch miterleben. Das wäre schön.«
Nachdem Mama und Papa sich einen Moment lieb hatten, hob Mama ihr Glas in die Luft und sagte: »Und alle anderen, die heute hier sind: Ihr wisst, wie viel ihr mir bedeutet. Danke. Einfach nur danke für alles, was ihr für Daniel und mich getan habt.«
Lars drehte die Musik wieder auf, und die Party konnte weitergehen. Endlich! Anna stand plötzlich neben mir. Sie lächelte. Mein Herz pochte.
»Gehen wir ein Glas Sekt trinken?«, fragte sie.
»Ja«, sagte ich.
Dann nahm ich sie an die Hand und ging mit ihr die Treppe hoch. Überall standen Leute im Weg, aber wir schlängelten uns an ihnen vorbei. Ich goss uns ein und schenkte ihr sogar einen
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