DIESES MAL IST ALLES ANDERS
einige wenige Länder aus diesen Regionen enthielten. Insgesamt setzt sich unser Datensatz aus 13 afrikanischen, 12 asiatischen, 19 europäischen und 18 lateinamerikanischen Ländern plus Nordamerika und Ozeanien zusammen. (Unsere Länderauswahl lässt viele der ärmsten Länder der Welt unberücksichtigt, die keine bedeutenden Summen von privaten Kreditgebern leihen können und die praktisch ausnahmslos selbst stark subventionierte Kredite aus Geberländern nicht zurückzahlen konnten. Dies ist ein interessantes Thema für eine andere Studie, hier gilt unser Hauptaugenmerk jedoch den Finanzströmen, die zumindest in erster Instanz ein substanzielles Marktelement enthielten.) 26
Wie die letzte Zeile in Tabelle 3.1 illustriert, repräsentieren diese 66 Länder knapp 90 Prozent des weltweiten BIP. Zahlreiche von ihnen, vor allem in Afrika und Asien, sind allerdings erst vor relativ kurzer Zeit unabhängig geworden (siehe Spalte 2). Diese noch jungen unabhängigen Länder sind nicht annähernd so lange einem Zahlungsausfallrisiko ausgesetzt gewesen wie etwa lateinamerikanische Länder; wir müssen unsere Ländervergleiche daher entsprechend kalibrieren.
Tabelle 3.1 markiert, welche Länder unserer Auswahl im Hinblick auf Schuldenkrisen als »jungfräulich« betrachtet werden können, zumindest in dem strengen Sinne, dass sie ihren Schuldendienst stets erfüllt und nie über eine Umschuldung verhandeln mussten. Eine auffällige Gruppe an Ländern umfasst die einkommensstarken anglophonen Länder Australien, Kanada, Neuseeland und die USA. (Das Mutterland England geriet in früheren Zeiten öfter in Zahlungsverzug, wie wir bereits erwähnten.) Zu dieser Ländergruppe gehören weiterhin die skandinavischen Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden und daneben auch Belgien und die Niederlande. In Asien sind es Hongkong, Korea, Malaysia, Singapur, Taiwan und Thailand. Zugegebenermaßen gelang es zwei dieser Länder, nämlich Korea und Thailand, nur durch massive Kreditpakete des IWF während der letzten Schuldenkrise in den 1990er-Jahren der Zahlungsunfähigkeit zu entkommen, und beide Länder haben ansonsten einen Großteil des Traumas eines typischen zahlungsunfähigen Landes erlitten. Von den schuldenkrisenfreien asiatischen Ländern war nur Thailand vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein unabhängiges Land. Andere Länder boten nur für relativ kurze Zeit das Potenzial für einen Zahlungsausfall. Ein Zahlungsausfall oder die Restrukturierung der Inlandsstaatsschulden würde die Liste der »jungfräulichen Schuldennationen« erheblich reduzieren; unter anderem würden die USA herausfallen. Die Abschaffung des Goldstandards in den USA im Jahr 1933 zum Beispiel, die bedeutete, dass Staatsschulden in Papiergeld anstatt in Gold zurückgezahlt wurden, stellt eine Restrukturierung praktisch aller Inlandsschulden der US-Regierung dar. Und schließlich ist das afrikanische Mauritius niemals Opfer eines Zahlungsverzugs oder einer Schuldenrestrukturierung geworden.
Es ist auffällig, dass die nicht säumigen souveränen Schuldner im Großen und Ganzen allesamt eine sehr erfolgreiche Wachstumsstory aufweisen. Das wirft die Frage auf: »Tragen hohe Wachstumsraten dazu bei, einen Zahlungsausfall zu verhindern, oder erzeugt die Vermeidung von Zahlungsausfällen hohe Wachstumsraten?« Wir erleben allerdings viele Beispiele in der Weltgeschichte, in der wachstumsstarke Länder in Probleme geraten, sobald ihr Wachstum nachlässt.
Selbstverständlich können Regierungen de facto partielle Zahlungsausfälle auf nominale Anleihen erzeugen, und zwar ganz einfach durch unvorhergesehene Inflationssprünge, wie wir später in Kapitel 11 und 12 besprechen werden. Regierungen haben viele Möglichkeiten, einen partiellen Zahlungsausfall herbeizuführen, und zahlreiche Finanzkrisen, die sich im Lauf der Jahre ereignet haben, verdanken ihren Charakter der von der Regierung gewählten Finanzierung und dem Zahlungsausfallsvehikel. Die Tatsache, dass Staatsschulden einen gemeinsamen Nenner über ganz unterschiedliche Krisentypen darstellen können, wird noch deutlicher, wenn wir die in Kapitel 16 dargestellten Verknüpfungen zwischen den Krisen betrachten.
TABELLE 3.1
Anteil der Länder am weltweiten BIP,1913 und 1990
Anteil am realen weltweiten BIP(1990 Geary-Khamis-Dollar)
Region und Land
Jahr derUnabhängigkeit(falls nach
Weitere Kostenlose Bücher