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Diesseits Des Mondes

Diesseits Des Mondes

Titel: Diesseits Des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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Kinder ebenfalls. Alle drei bestanden sie darauf, dass Krug Alexander benachrichtige. Alexander, der das Telefon selbst abgenommen hatte, erwiderte nichts, und Krug legte sofort auf, um mit seiner Familie in die Klinik zu fahren.
     
    Krug hatte sich Sharon so nahe gefühlt wie noch niemals einer Frau, und sie war ihm ebenso unerreichbar gewesen. Er erkannte in Sharon einen Teil seines Wesens, und er fürchtete sich davor, Sharon entstellt zu sehen.
     
    Als sie aus dem Auto stiegen, hängte sich Birke bei Krug ein. Krug schaute sie an, er sah in Birkes Augen seine eigenen Ängste, seine eigene Furcht. In diesem Moment wünschte sich Krug, dass sie beide, Birke und er, sich häuten könnten, alle Rollenspiele verbrennen, aufhören mit dem Vernichtungsspiel.
     
    Sharon war bewusstlos. Die Ärzte sagten, dass sie einen Schädelbasisbruch habe, Rippenfrakturen und Prellungen. Die Krugs durften nur leise ans Bett hingehen, nicht mit ihr sprechen, sie nicht berühren. Als Krug hörte, dass Birke den Arzt nach Sharons Überlebenschancen fragte, wurde er sich entsetzt bewusst, dass Sharon sterben könne, ja wahrscheinlich sogar sterben müsse. Erst nach einigen Tagen, sagte der Arzt, könne man mehr sagen. Krug sah Furcht und Entsetzen in den Augen seiner Kinder. Er sah Birke, die die Knöchel ihrer Finger gegen die Zähne presste. Krug sah Sharons Leben, das von Bandagen und Infusionen abzuhängen schien. Heute oder morgen konnten er, Krug, seine Frau oder seine Kinder ebenfalls in Todesnähe geraten. Das war entsetzlich und banal und unabänderlich. Doch in diesem Moment hätte Krug alle und vor allem Birke an sich reißen und nie mehr aus den Armen lassen mögen.
    Krug wollte Sharon, Birke und seine Kinder um Verzeihung bitten. Er sah die eigenen Versäumnisse, die Verirrungen, die Verweigerung und die Ungeduld. Zugleich wusste Krug, dass schon der neonbeleuchtete Flur dort draußen, das grelle synthetische Licht wieder eine andere Realität schaffen würde. Im Schatten des nahen Todes klammerten sie sich aneinander, in der Angst um Sharon hatten sich die sonst Feindseligen einander zugeneigt. Doch schon in der kalten Nachtluft draußen würden sie wieder beginnen, gegeneinander zu kämpfen. Mann und Frau. Kinder und Eltern.
    Ein hoch gewachsener Mann kam herein. In seinem blassen, fast bleichen Gesicht sah Krug intensiv blaue Augen, und er wusste, dass es Alexander war, der jetztzögernd näher trat. Birke nickte ihm stumm zu, und Alexander blieb vor ihr stehen, als habe er Furcht, zu Sharon zu gehen. Auch er fürchtete den Zusammenstoß mit dem Tod und dem Schmerz.
    Im Hinausgehen sah Krug, dass Alexander sich hinunterbeugte zu Sharon. Dass er nun, gleichgültig nach welchem Umweg oder Irrtum, bei Sharon war.

Informationen zum Buch
    Sie ist jung und hübsch. Sie hat in der israelischen Armee gedient, bevor sie sich dazu entschließt, nach Deutschland zu gehen. Und sie verdient ihren Lebensunterhalt als Tänzerin in einem exklusiven Nachtclub. Der Zufall führt Sharon als Mieterin in das Haus des Münchner Schriftstellers und Journalisten Michael Krug. Er ist Mitte vierzig, mäßig erfolgreich und steckt nach der Scheidung von seiner Frau in einer schweren Lebenskrise. Nicht nur er beobachtet voller Bewunderung diese junge Jüdin, die im Land ihrer Vorfahren so lebt, wie er nie den Mut gehabt hätte zu leben, und die in ihrer Liebe zu einem Medizinstudenten den freien Fall wagt . . .

Informationen zur Autorin
    Asta Scheib,
geboren am 27.   Juli 1939 in Bergneustadt/ Rheinland, arbeitete als Redakteurin bei verschiedenen Zeitschriften und lebt heute als Schriftstellerin in München. Werke u.   a.: ›Langsame Tage‹ (1981), ›Schwere Reiter‹ (1982), ›Kinder des Ungehorsams‹ (1985), ›Beschütz mein Herz vor Liebe‹ (1992), ›Das zweite Land‹ (1994), ›Eine Zierde in ihrem Hause‹ (1998), ›Frau Prinz pfeift nicht mehr‹ (1999), ›Sei froh, dass du lebst!‹ (2001), ›In den Gärten des Herzens‹ (2002), ›Der Austernmann‹ (2004), ›Jeder Mensch ist ein Kunstwerk‹ (2006).

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