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Diesseits Des Mondes

Diesseits Des Mondes

Titel: Diesseits Des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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ihren Wünschen und Hoffnungen gestrandet war wie ein Schiff, das vom Sturm auf die Klippen geschleudert wurde, heute glaubte sie, dass Massada und Abel wenn nicht Glück, dann doch Heimat und Freundschaft bedeutet hatten. Und Sharon hatte dem allem entkommen wollen. Jetzt hatte Sharon nicht einmal mehr eine Utopie, die Distanz zwischen ihr und dem Leben vergrößerte sich immer mehr.
     
    Die Straße entrollte sich vor Sharon wie ein Band aus Metall. Nur wenig Verkehr gab es an diesem Samstagmittag. Sharon war früher oft nach Waldkraiburg hinausgefahren. Das Land öffnete sich hier in bäuerlicher Anmut, die Straße zerteilte Wiesen und Äcker, gab den Blick frei auf Bäche, die von Büschen und Bäumen gesäumt wurden. Gehöfte, einzelne oder kleine Flecken schienen seit Generationen an ihrem Platz.
    Sharon war seit Wochen nicht mehr auf dem Flugplatz gewesen. Genau seit dem Tag, an dem sie Alexander begegnet war, hatte sie keine Zeit mehr gefunden, hinauszufahren. Heute, in ihrer Zerissenheit und Ruhelosigkeit, heute, da Sharon sich nirgends orientieren konnte, heute wusste Sharon keinen Ort als das Terrain des Sportclubs, wo sie nur Sharon war und sonst niemand. Wo sie eine Soldatin aus Israel war, verrückt aufs Fallschirmspringen wie alle anderen.
    Hier, wo sie eine von vielen war, hier wollte sie sein.Hier demonstrierte sie den Sprungschülern am Hänger, wie ein Fallschirm gesteuert wird, wie man beim Fall den Kopf in den Nacken und die Beine nach hinten hochstreckt. Sharon konnte die Angst der Anfänger gut verstehen, denn bei einem ihrer Sprünge, damals in Israel, hatte sich der Hauptschirm nicht geöffnet. Sharon knackste sich beim Aufprall die Rückenwirbel an. Seitdem hatte sie manchmal Angst, aber die Lust am Springen war immer größer gewesen.
    Sharon stellte ihr Auto ab, ging hinüber zum Packplatz, wo die Schirme wie bunte Tischdecken auf der Wiese lagen. Veit, einer der Fluglehrer, winkte Sharon: Schön, dass du wieder mal da bist.
    Auch Klaus war da, und Dieter, der sich gerade seine Videokamera umhängte. Wannst magst, kannst heut springen, sagte Klaus, wir machen heut Zielspringen.
     
    Sharon konnte sich nirgends mehr wärmen. Es war, als sei sie für immer losgelöst von jeder Gemeinsamkeit. Sie fühlte sich endgültig abgetrennt von aller Liebe und allem Leben diesseits des Mondes. Und sie sah keinen Weg zurück. Wohin auch? Sharon wusste, dass sie existierte, aber sie fühlte es nicht mehr. Sie war ohne Wurzeln und ohne Hoffnung.
    Sharon spürte das Gewicht der Fallschirme auf ihrem Rücken, sie freute sich auf den Moment, da sie aussteigen würde aus dem Flugzeug in die totale Stille.

13
    Als bei Krug das Telefon läutete, saß Birke schon bei ihm. Danda und Mauritz waren mitgekommen, alle drei versuchten, im Gesicht Krugs zu lesen, was mit Sharon passiert war. Krug hatte ihnen durch eine bestätigende Kopfbewegung gezeigt, dass sie jetzt endlich Nachricht bekommen würden. Sie sahen, wie die Angst Krugs Gesicht zerschnitt. Sie hatten sich in der Zeit ihres Wartens auf Sharon schon alles ausgemalt, was ihr passiert sein könne. Ein Unfall mit dem Golf? »Ausgerechnet in deinem Auto, Lene«, hatte die Nazi-Oma zur Turbo-Nazi-Oma gesagt.
    Krug hörte im Telefon den Lärm der Polizeidienststelle. Der Beamte sagte ihm, dass Sharon Weil, Fahrerin des Autos M-DC-3946, mit dem Absetzflugzeug des Sportclubs Waldkraiburg verunglückt sei. Zwei Tote und drei Verletzte habe es gegeben, die Verletzten seien ins Klinikum Bogenhausen geflogen worden. Die Cessna habe gleich nach dem Start offensichtlich ein Hindernis am Boden berührt und sei unmittelbar nach dem Abheben in ein Wäldchen gestürzt.
     
    Krug hörte das alles wie durch Watte. Ihm war, als sei er in den Boden gepfählt, er hörte das Knacken des Parketts, das Wummern des Kühlschranks in der Küche.Krug erschrak vor dem Schrecken und den Fragen in den Augen Birkes, in den Augen seiner Kinder. Warum hatte er, Krug, sich nicht um Sharon gekümmert, als er spürte, dass mit Alexander etwas geschehen sein musste. Krug hatte es gewusst, als er Sharons Augen gesehen hatte. Er, Krug, hatte Sharons Scham gespürt, er hatte gewusst, dass auch Sharon Atlantis nicht gefunden hatte. Ebenso wenig wie er, Krug, der nicht einmal in seinen Träumen zurückfand in die Stadt unter dem Meer. Sharon dagegen hatte er die Reise dorthin zugetraut.
    Sharons Unglück ließ Krug mit einem Gefühl der Schuld zurück. Krug spürte, dass auch Birke das so sah, die

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