Diktator
bleiben.
Er konnte das tun, er, Ben Kamen, der hilflose Junge im Kasten, der von allen benutzt und missbraucht worden war. Selbst jetzt konnte er sie noch alle retten und sich auch. Vielleicht konnte er einen Zeitteppich erschaffen, an dem etwas weniger Blut klebte, etwas weniger Weltschmerz, eine Welt mit etwas weniger Kummer. Auch wenn er dazu noch einmal sterben musste.
»Wissen Sie, Mary, wenn wir eine Möglichkeit fänden, diese Technik zu kontrollieren – ich meine, die Auswirkungen auf die Geschichte präzise zu berechnen und zu dämpfen –, können wir mit ihrer Hilfe vielleicht begrenzte, kontrollierte Veränderungen vornehmen. Ich finde mein Szenario des 1938er-Krieges nach wie vor verlockend. Wenn es uns gelänge, das in die Tat umzusetzen, könnte all dieses Leiden vermieden werden …«
»Nein. Sie sollten sich bloß mal hören, Tom! Wir müssen dem jetzt ein Ende bereiten. Müssen dieses monströse Ding, diesen Webstuhl vernichten. Geoffrey Cotesford hat uns in seinen Lebenserinnerungen angefleht, das zu tun. Ich meine, selbst wenn man sicher sein könnte, dass eine solche Veränderung uneigennützig und von lauteren Motiven geleitet wäre – was passiert, wenn jemand anders diese Technologie in die Finger bekommt? Stalin, ein weiterer Hitler? Was dann?«
»Hm. Da haben Sie wohl recht. Wir lassen ihn von den Pionieren auseinandernehmen, und der Mann von IBM bekommt den Colossus.«
»Ist das Ihr Ernst? Versprechen Sie’s mir?«
»Natürlich. Sobald die Sanitäter Ben Kamen aus seinem Glaskasten holen.«
»Da wir gerade von ihm sprechen …«
»Ja, George?«
»Lächelt Ben?«
Der Junge schlief neben der Rechenmaschine.
Und dann …
NACHWORT
Mögliche alternative Abläufe und Folgen der Geschehnisse bei Dünkirchen hat beispielsweise Andrew Roberts in seinem Essay in Virtual History analysiert, herausgegeben von Niall Ferguson (Picador, 1997 [ Virtuelle Geschichte – Historische Alternativen im 20. Jahrhundert , aus dem Englischen übersetzt von Raul Niemann, Primus Verlag, Darmstadt 1999]). Panzergeneral Heinz Guderian schreibt in seinen Erinnerungen eines Soldaten (Vowinckel, Heidelberg 1951), seiner Ansicht nach sei der Befehl, den Angriff in Richtung Dünkirchen zu stoppen, ein Fehler gewesen: »Nur eine Gefangennahme der britischen Expeditionsarmee hätte … die Aussicht auf ein Gelingen einer etwaigen Landung in England gewähren können.«
Unterlagen über Hitlers Planung für die »Operation Seelöwe«, die Invasion Großbritanniens, liegen in deutschen Archiven. Die Pläne selbst sind gut dokumentiert, nicht zuletzt von Churchill selbst in Their Finest Hour , dem zweiten Band seiner monumentalen sechsbändigen Geschichte des Zweiten Weltkriegs (Cassell, 1949 [ Englands größte Stunde , aus dem Englischen übertragen von Eduard Thorsch, Scherz-Verlag, Bern und München 1953]), aber auch von Peter Fleming in
Invasion 1940 (Rupert Hart-Davis, 1957). Ein neueres Werk, Derek Robinsons Invasion, 1940 (Constable, 2005), konzentriert sich auf die Bedeutung der Seemacht für die Verteidigung Großbritanniens.
Die ersten spekulativen Berichte über eine erfolgreiche Nazi-Invasion in Großbritannien erschienen während des Zweiten Weltkriegs, zum Beispiel der Roman When the Bells Rang von Anthony Armstrong und Bruce Graeme (Harrap 1943). Norman Longmates If Britain Had Fallen (Hutchinson 1972) ist ein sorgfältiger Bericht über eine erfolgreiche Invasion. Richard Cox’ Operation Sea Lion (Thornton Cox, 1974) beruhte auf einem Kriegsspiel, an dem Veteranen beider Seiten teilnahmen, und sagte nachträglich einen deutschen Fehlschlag voraus. Eine von mehreren neueren Studien zum Thema ist Martin Marix Evans’ Invasion! Operation Sea Lion 1940 (Pearson, 2004).
Sir Samuel Hoare, 1940 Botschafter in Spanien, war einer von Hitlers Lieblingskandidaten für die Machtübernahme als Premierminister nach Großbritanniens Kapitulation (siehe Hitler’s Table Talk , herausgegeben von Hugh Trevor-Roper (Weidenfeld and Nicolson, 1953)). Himmlers SS richtete in den besetzten Gebieten, besonders in Norwegen, tatsächlich arische Lebensborn -Zuchtlager ein. Ein neueres Werk über Wissenschaft und Pseudowissenschaft der Nazis ist The Master Plan: Himmler’s Scholars and the Holocaust von Heather Pringle (Fourth Estate, 2006).
Ein hilfreiches Werk über die Lebensverhältnisse in Großbritannien während des Krieges ist Wartime Britain
1939–1945 von Juliet Gardiner (Headline, 2004). Ein
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