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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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schon oft seine über alles geliebte FAZ gekauft hatte, einen außerplanmäßigen Besuch ab. Die freundliche junge Dame hinter der Verkaufstheke staunte nicht schlecht, als der ihr lediglich als Zeitungskäufer bekannte, großgewachsene Herr mittleren Alters seinen Wunsch äußerte: eine Zigarre.
    Tannenbergs Unterbewusstsein bestand nämlich darauf, dass er diesen freudigen Anlass mit einer Zigarre zu feiern hatte. Aber nicht mit irgendeiner, sondern mit einer besonders teuren.
    Die Verkäuferin präsentierte ihm bereits kurze Zeit später eine ›Cohiba Habana‹ zum stolzen Preis von 15,90 Euro. Er zog die letzte FAZ aus dem Zeitungsständer und orderte eine Schachtel Streichholz. Dann bezahlte er mit einem 20-Euro-Schein, wobei er großzügig auf die Herausgabe des Restgeldes verzichtete.
    Als Bestandteil eines festen Rituals, das Dr. Schönthaler irgendwann einmal als feierlicher Abschluss eines feuchtfröhlichen Skatabends eingeführt hatte, war Tannenberg schon des öfteren in den Genuss von Zigarren gekommen.
    Aber diese Habana, die er gleich draußen vor der Tür entzündete, stellte alles bisher Konsumierte in den Schatten: Der Duft intensiv, mit einem sehr kräftigen, herrlich pfeffrigen Aroma, ein traumhafter Zug, ein wunderbar harmonischer Abbrand. Tannenberg war völlig begeistert von seinem Exkurs in die Premium-Zigarrenwelt und machte sich genüsslich schmauchend auf den Nachhauseweg.
     
    Als er ein paar Minuten später im Treppenhaus die geöffnete Tür der elterlichen Parterrewohnung passierte, warf er wie immer reflexartig einen kurzen Blick in den Flur hinein. Was er dort im Halbdunkeln allerdings zu Gesicht bekam, war so grauenvoll, dass es ihm unwillkürlich einen Stich ins Herz versetzte.
    Aufgrund seines Berufs war Tannenberg zwar durchaus gewohnt, mit emotional belastenden Ereignissen und Situationen einigermaßen gelassen umzugehen, aber eines würde er wohl nie ertragen können: seine betagte Mutter weinen zu sehen. Margot Tannenberg stand wimmernd im Korridor. Als sie ihren ältesten Sohn erblickte, nahm sie einen Zipfel ihrer karierte Kittelschürze und betupfte sich damit Augen und Wangen.
    „Oh Gott, Mutter, was ist denn los?“, stammelte Tannenberg zu Tode erschrocken.
    Die alte Dame schniefte auf, warf die Hand vor den Mund und kniff dabei die Augen zusammen. Neue, dicke Tränen rannen über ihr faltiges Gesicht.
    „Sie ist tot“, schluchzte sie.
    „Wer ist tot?“
    Margot schlug die Augen auf und antwortete mit zitternder Stimme: „Susi ist tot. Vor einer Stunde ist sie einfach in der Küche umgefallen.“
    Diese Mitteilung stellte Tannenberg vor ein gewaltiges Problem: Einerseits tat ihm seine Mutter unheimlich leid, auf der anderen Seite spielten sich gerade in seinem Innern schier unglaubliche Szenen ab.
    Die durch diese Nachricht in seiner hundegeplagten Seele aufschäumenden Gefühle waren kaum mehr zu beherrschen. Aber sie mussten in dieser heiklen Situation selbstverständlich unter Verschluss gehalten werden, drohte ansonsten doch eine Katastrophe. Denn obwohl er extreme Aversionen gegenüber diesem ungeliebten Hausbewohner hegte, so war ihm doch nicht entgangen, mit welch liebevoller Fürsorge seine Eltern diesem übergewichtigen Vierbeiner begegnet waren.
    Und da er diese emotionale Zuwendung zwar nicht nachzuvollziehen vermochte, sie aber trotzdem respektierte, konnte er natürlich ausgerechnet in solch einem Augenblick unmöglich seine aktuelle Befindlichkeit zeigen oder gar ein verbales Freudenfeuer abbrennen. Deshalb musste unbedingt so schnell es ging eine Situation geschaffen werden, die es ermöglichte, den sich immer mehr aufstauenden Überdruck sozialverträglich nach draußen entweichen zu lassen.
    Er ging zu seiner Mutter, umarmte sie, versuchte sie dadurch ein wenig in ihrem Schmerz zu trösten. „Sie war eben schon ziemlich alt, die Dackeldame.“
    „Ja, fünfzehn Jahre.“ Margot Tannenberg drückte ihren Sohn sanft von sich weg, fixierte ihn mit einem festen Blick. „Du bist doch froh, dass sie endlich tot ist“, sagte sie vorwurfsvoll. „Du konntest die arme Susi doch nie leiden.“
    Was soll ich denn jetzt bloß machen?, fragte sich Tannenberg verzweifelt. Ich will Mutter doch nicht belügen.
    Schon zum zweiten Mal innerhalb der letzten Monate dachte er plötzlich an einen berühmten Philosophenspruch, den sein alter Freund, der Gerichtsmediziner, schon des öfteren in solchen Situationen bemüht hatte: ›Worüber man nicht sprechen kann, davon

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