Dirnenmord am Montmartre ROTE LATERNE ROMAN Band 8 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
Milchglasornamenten verziert war und aus einem vergangenen Jahrhundert stammte.
»Lilly!«, rief Marcel Lelouche überrascht, als er die junge Dirne erkannte.
»Darf ich hineinkommen, Marcel?«
»Aber bitte, mein Schloss steht dir jederzeit zur Verfügung.«
Lilly sah sich um und zuckte die Schultern. Es war ein absolut hinkender Vergleich, den er ihr offerierte.
»Bist du in Schwierigkeiten?«, wollte er wissen. »Ich habe dich seit Wochen nicht mehr gesehen.«
»Was heißt Schwierigkeiten. Hast du nicht gehört, was drüben am Place de Fleur passiert ist?«
»Du meinst die Dirnenmorde?«
Lilly nickte.
»Es hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen«, sagte Marcel. »Ich habe mir fast gedacht, dass du aufkreuzen wirst.«
»Und wie ich sehe, bin ich wohl auch zur rechten Zeit gekommen«, meinte Lilly ein wenig spöttisch. »Du hast ja ganz hohle Augen vor Hunger.«
»In der letzten Zeit lief überhaupt nichts«, sagte er. »Die Leute werden immer geiziger. Sie verkennen die Künste, verstehst du? Erst wenn man tot ist, wird man berühmt.«
»Dann würde ich an deiner Stelle aus dem Fenster springen«.
»Lass den Blödsinn!«, rief Marcel. »Selbst der Kater schreit vor Hunger.«
»Bon«, meinte sie und öffnete ihr Handtäschchen. »Hier hast du tausend Franc«, sagte sie. »Kauf erst einmal ordentlich ein. Ich habe nämlich auch ganz verdammten Hunger.«
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, sagte der Maler und küsste sie auf die Wange. »Du bist ein wahrer Schatz, und dich muss der Himmel geschickt haben.«
»Wohl eher die Verzweiflung«, meinte sie. »Aber jetzt geh einkaufen! Ich werde dir später alles erklären. Kann ich bei dir duschen?«
»Nur kalt«, sagte er. »Der Boiler ist hinüber, und ich kann auch nicht zur Vermieterin gehen, um das zu bemängeln. Ich habe seit zwei Monaten keinen Sou an Miete bezahlt.«
»Nun geh schon«, sagte Lilly und gab ihm einen Schubs. Während er weg war, duschte Lilly. Das Wasser war erbärmlich kalt. Aber es wirkte doch sehr erfrischend. In dem kleinen Kabinett fand sie ein großes, weißes Badetuch, in das sie sich schließlich einhüllte, ins Atelier ging und sich wie ein Kätzchen auf der Couch zusammenrollte. Ja, hier hatte sie sich eigentlich immer sicher und geborgen gefühlt. Bisweilen glaubte sie, in Marcel verliebt zu sein. Aber immer wieder schob sie diesen Gedanken ganz weit von sich weg. Sie war eine Dirne, und ein richtig schönes Familienleben würde für sie wohl ewig ein Traum bleiben.
Noch während sie dalag und ihr beinahe die Augen zufielen, wurde die Tür draußen aufgesperrt. Marcel kam mit einer großen Tüte zurück. Er hatte frische Baguettes, Butter, Käse, Schinken und Salami gekauft.
»Jetzt wird fürstlich getafelt«, sagte er geschraubt. »Mit vollem Magen sieht die Welt wieder ganz anders aus.«
Es sah so aus, als hätte der Kater das verstanden. Er sprang nämlich von Lillys Schoß herab uns strich um Marcels Beine.
»Für dich, bester, teuerster Filou, habe ich einen extra schönen Fisch erstanden. Du wirst ihn aber draußen auf der Dachterrasse verzehren, denn er stinkt gottserbärmlich.«
»Weißt du«, sagte Lilly lächelnd, »du hättest Schauspieler werden sollen. Beim Theater würdest du eine viel bessere Figur machen und wohl auch nicht so sehr am Hungertuch nagen.«
»Meine Passion ist nun einmal die Malerei«, sagte Marcel. »Was soll ich tun, wenn ich nicht über meinen Schatten springen kann? Du springst ja schließlich auch nicht darüber.«
»Das ist etwas anderes«, sagte Lilly.
»Ach, willst du vielleicht damit ausdrücken, du wärst zur Dirne geboren? Niemand ist zu etwas geboren.«
»Siehst du«, sagte Lilly grinsend, »dann bist du eben auch nicht zum Maler geboren.«
»Keine Diskussion mit leerem Magen«, sagte der junge Mann. Dann schob er einen Tisch heran und baute all die Köstlichkeiten auf, die er gekauft hatte. Sie aßen königlich. Danach lehnte sich Marcel behaglich zurück.
»Du, hör zu«, begann Lilly. »Könnte ich vielleicht eine Weile bei dir wohnen?«
Der junge Mann fuhr steil in die Höhe und blickte Lilly entgeistert an.
»Bei mir?« fragte er.
»Im Sacre-Coeur nicht«, sagte Lilly bestimmt. »Bei uns im Haus sind innerhalb der letzten drei Tage zwei Kolleginnen von mir umgebracht worden, Marcel. Ich habe ganz einfach Angst, denn ich möchte nicht die dritte sein, verstehst du? Ich habe mir gedacht, dass ich bei dir doch ziemlich sicher wäre.«
»Und deine Arbeit?«, fragte
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