Dirnenmord am Montmartre ROTE LATERNE ROMAN Band 8 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
Marcel fast ein wenig bitter.
»Nun«, sagte sie, »ich habe mir das so vorgestellt. Du bist doch ohnehin oft am Tag unterwegs auf dem Montmartre, oder nicht? Ich könnte doch in der Zwischenzeit ...«
»Nicht in meinem Bett!«, verfügte er rigoros und sprang auf.
»Ach, Marcel!« Lilly seufzte.
»Meine Wohnung ist doch kein Bordell. Vielleicht gehst du mit deinen Kunden besser in irgendeine Pension. Wohnen kannst du natürlich hier, solange du willst.« Er trat auf sie zu und sah ihr in die Augen. Richtig verliebt und treuherzig blickte er Lilly an.
»Danke«, sagte sie schlicht. »Ich will ja auch nichts umsonst. Solange ich hier bin, wird es dir garantiert viel bessergehen, Marcel.«
»Könntest du nicht ganz und gar Schluss damit machen?«, fragte er plötzlich. »Ich habe dir doch schon so oft angeboten, dass wir vielleicht zusammen aufs Land ziehen und ...«
»Du träumst, Marcel«, sagte Lilly gutmütig. »Lass diese Träumerei. Sie führt zu nichts. Ich bin Realistin. Daran führt nun einmal kein Weg vorbei. Ich bin eine Dirne und werde wohl immer eine bleiben. Du wirst mich nicht ändern. Gib es auf, Marcel.«
»Schön«, sagte er, »nicht genug, dass ich als Maler keinen Erfolg habe, muss ich mich auch noch in eine Dirne verlieben. Es ist und bleibt ein Elend in dieser Welt.«
»Weißt du was«, meinte Lilly plötzlich aufgekratzt. »Der Tag ist so schön. Ich habe heute keine Lust mehr zum Arbeiten. Komm, lass uns doch ein wenig am Seineufer spazieren gehen. Dort reden wir über andere Dinge.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Marcel. »Ich komme heute ohnehin nicht mehr so richtig voran.«
So verließen sie beide wenig später Marcels Dachwohnung. Draußen auf den Straßen und Plätzen herrschte buntes, bewegtes Leben. Von irgendwoher waren die Klänge eines Musettewalzers zu hören.
Dann spazierten Marcel und Lilly versonnen am Ufer der ruhig dahinfließenden Seine entlang. Jeder von ihnen hing so seinen eigenen Gedanken nach. Nach einiger Zeit nahm Marcel Lillys Hand. Sie ließ es geschehen, denn seine kräftige, sehnige Hand verschaffte ihr ein bisschen Halt, den sie sonst immer so sehr vermisste in ihrem Leben.
»Du, sieh mal da vorn unter der Brücke«, sagte Lilly plötzlich. »Was ist denn das für eine Menschenansammlung? Komm, lass uns gucken. Dort muss doch etwas los sein.«
Als man die von Lilly bezeichnete Stelle erreichte, stand bereits ein Polizeiwagen da. Und dann gab es dieses schwarze Auto, das untrüglich auf einen Todesfall hindeutete.
»Komm«, meinte Lilly, »Lass uns weitergehen. Mir reichen die letzten Tage ...«
»Ah, Mademoiselle Laforet!«
Plötzlich schälte sich der kleine, rundliche Kommissar Palon aus der Menge und kam eifrig auf Lilly zu.
»Was ist denn hier geschehen?«, erkundigte sich das Mädchen mit stockender Stimme.
»Kommen Sie«, sagte Palon und nahm Lilly zur Seite. Ernst blickte er sie an. »Wieder ein Mädchen«, sagte er. »Wieder eine Dirne. Ein Clochard hat sie entdeckt. Sie wurde am Seineufer angespült und vorher mit sechzehn Messerstichen ermordet.«
»Oh nein!« Erschrocken presste Lilly ihre Hand auf den Mund.
»Können Sie mir einen Gefallen tun, Mademoiselle Laforet?«
Lilly zuckte die Schultern. Ihr Gesicht war schneeweiß geworden. Was ging hier vor?
»Können Sie sich die Tote einmal ansehen?«
»Muss das sein?« Lilly wandte sich ab und würgte.
»Vielleicht können Sie das Mädchen identifizieren, Mademoiselle Laforet. Wir haben Grund zur Annahme, dass es aus der Gegend um den Montmartre stammt. Jedenfalls sagt Pierre, der Clochard, dass er das Mädchen hier öfter am Seineufer gesehen hat.«
»Hier gingen nicht viele Mädchen arbeiten«, sagte Lilly. »Ich kenne nur zwei von ihnen. Eine heißt Nadine und wohnt an der Rue Neuf. Die andere nennt sich Helen. Ich weiß nicht, wo sie wohnt.«
»Bitte, kommen Sie!«
»Ich wollte, ich könnte mir das ersparen«, sagte Lilly mit krächzender Stimme. Sie folgte dem Kommissar über die Uferböschung zur Brücke. Auf den Ufersteinen lag eine Gestalt, die man mit einer Plastikplane zugedeckt hatte. Nun hob der Kommissar einen Zipfel dieser Plane an. Sekundenlang starrte Lilly in das Gesicht. Dann drehte sie sich um.
»Und?«
»Es ist Nadine«, stammelte Lilly.
»Kein Zweifel?«
»Absolut kein Zweifel«, sagte Lilly. Dann barg sie ihren Kopf an Marcels Brust und musste ein paarmal erschüttert aufschluchzen.
»Beruhigen Sie sich, Mademoiselle!«
»Beruhigen?«, rief Lilly
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