Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
durch den Schweiß verlor sich das. Der Typ verwandelte sich vor meinen Augen in Bon Scott.
Es war meine allererste Begegnung mit Bon. Ich fand ihn extrem cool, auch wenn er verglichen mit den anderen in der Band ziemlich klein war. Bon war vielleicht eins fünfundsechzig, aber er hatte etwas unglaublich Mutwilliges, augenzwinkernd Durchtriebenes an sich. Die Tätowierungen und die sich ziemlich schnell leerende Scotch-Flasche waren für einen Jugendlichen wie mich, der noch zur Schule ging, ziemlich beeindruckend.
Für Reno von Compulsion, jener Band, die als Opener für die Valentines spielte, lief es später im Leben übrigens nicht so gut. Er war ein Wahnsinnsgitarrist, der dann aber leider ein bisschen zu viel mit Drogen zu tun bekam und schließlich ein paar Banken überfiel. Erwischt wurde er, als er wieder mal vor einen Schalter trat und seine Knarre zog, aber so zugedröhnt war, dass er nicht merkte, dass es seine Hausbank war. Gehe ins Gefängnis, begib dich direkt dorthin. Gehe nicht über Los, ziehe nicht 4.000 Mark ein. Das war jedenfalls das Ende von Compulsion.
Anschließend verfolgte ich die Karriere von Bon Scott im Musikmagazin Go Set und bekam also mit, dass er von den Valentines zu Fraternity wechselte, einer richtigen Hippie-Band, die auf einem Grundstück bei Aldgate in den Adelaide Hills den Woodstock-Traum lebte. Die Mitglieder betrachteten sich als australische Antwort auf The Band, Bob Dylans legendäre Begleitband, die Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger zu den einflussreichsten und angesehensten Gruppen zählte. Bon sagte später über Fraternity: „Wir haben uns zugekifft und hielten uns für die Allergrößten.“ Als ich Bon sechs Jahre später das nächste Mal sah, saßen wir zusammen in meiner Stammkneipe, dem Station Hotel in Prahran.
Gemeinsam mit Graham Kennedy und ein paar Kumpels von der Prahran High School, die einen ähnlichen Musikgeschmack hatten, gründete ich schließlich meine erste Band. Wir probten mit viel Hingabe, und schon bald beherrschten wir eine Reihe von Free-Songs, beispielsweise „All Right Now“, „Ride On A Pony“ oder „Fire And Water“, dazu einige Deep-Purple-Rocker wie „Speed King“ und ein paar Titel von Status Quo. Wie bei allen jungen Bands gab es eine lange und durchaus hitzige Diskussion darüber, welchen Namen die neue Formation bekommen sollte, bevor wir Superstars wurden. Graham, ein großer Micky-Maus-Fan, schlug Steamboat Willie vor, nach dem allerersten Micky-Maus-Cartoon. Wir einigten uns aber schließlich auf Judd, den Nachnamen unseres Drummers Lincoln.
Die Band bestand aus Graham, der Gesang und Gitarre übernahm, Lincoln am Schlagzeug und mir am Bass. Wir alle waren fest entschlossen, die Band richtig voranzubringen – vor allem wollten wir live spielen. Das war unserer Meinung nach das Größte. Unseren ersten Gig gaben wir 1973 bei einer Silvesterparty, die Grahams Schwester Maureen veranstaltete. Zufällig spielten auch AC/DC an diesem Abend zum ersten Mal, gute 800 Kilometer weiter nördlich, im Chequers in Sydney.
Besagter erster Judd-Gig fand bei Maureen zu Hause statt, die damals in Montmorency, einem Vorort von Melbourne, wohnte. Sie und ihr Mann Harold veranstalteten damals wie heute großartige Silvesterpartys. Es war meist eine große Sache, 60 oder 70 Freunde und Verwandte waren eingeladen, und auch von unseren Kumpels waren einige dabei. Ich war ganz schön kribblig, bevor wir anfingen. Erst hielt ich das für Nervosität, aber dann merkte ich, dass es eigentlich reine Vorfreude war, eine Art energiegeladener Anspannung.
Wir bauten unsere Anlage in Maureens ziemlich großem Wohnzimmer auf, organisierten uns ein paar Drinks und legten los. Unsere Lautstärke war vermutlich erst einmal ein Schock für viele Gäste, aber schließlich waren wir eine Rockband und wollten bei unserem allerersten Gig keinerlei Kompromisse eingehen. Und wir hatten kaum den ersten Ton gespielt, als meine ganze Kribbligkeit ruckzuck wie weggeblasen war. Es war ein tolles Gefühl.
Wir gaben ein paar weitere Auftritte und wurden dabei zu einem gut eingespielten Team. Allmählich begannen die Leute uns wahrzunehmen, und wir bekamen das Gefühl, tatsächlich ein wenig voranzukommen. Woraufhin wir zu dem Schluss gelangten, dass wir ein paar eigene Songs ins Programm nehmen sollten, was zu einigen prinzipiell gut gemeinten und ehrgeizigen, aber ziemlich erbärmlichen Kompositionsversuchen führte, die sich ziemlich eng an den
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