Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
Bühne. Eigentlich kein Problem, jedenfalls, wenn man richtig in den Terminplan geguckt hatte. Um ein Uhr waren wir alle versammelt und bereit zum Auftritt, nur Bon fehlte. Um halb zwei war noch immer keine Spur von ihm zu sehen. Und so absolvierten wir eine der wohl ungewöhnlichsten AC/DC-Shows – als Quartett mit Mal und Angus als Leadsänger. Die Jungs hängten sich mächtig rein, und das ganze Arrangement hatte durchaus etwas für sich, aber wir zogen unser Programm im Rekordtempo durch und spielten kaum länger als eine halbe Stunde, wenn es hoch kam. Glücklicherweise drängten sich zu dieser Zeit vor allem wild gewordene AC/DC-Fans im schulpflichtigen Alter im Hard Rock Café, und die Band kam auch ohne Bon gut an. Die Kids waren wahrscheinlich damit zufrieden, ordentlich schreien und brüllen zu können, und nebenbei versuchten sie, uns von der winzigen Bühne zu zerren. Wir hatten alle sehr viel Spaß dabei.
Wenn uns das bei anderer Gelegenheit passiert wäre, hätten wir vermutlich keine Gage bekommen, aber nun war es ja glücklicherweise der Club unseres Managers. Den unerschrockenen Mr. Scott spürten wir später auch wieder auf. Er war ein wenig ausgefranst, brachte sich aber gerade wieder in Form für den Gig im Hard Rock Café, von dem er angenommen hatte, dass er um ein Uhr nachts und nicht um ein Uhr mittags stattfinden sollte. Ein kleiner Unterschied von zwölf Stunden.
Der AC/DC-Terminplan beherrschte mein Leben; ich ging dorthin, wohin mich die Band beorderte. Um nicht zu einem Gig zu erscheinen, hätte man schon im Krankenhaus liegen müssen und auf ärztliche Anordnung das Bett nicht verlassen dürfen, und selbst dann hätte es vermutlich ein paar ungehaltene Kommentare gegeben – jedenfalls war das mein Eindruck. Browning hätte möglicherweise noch ein Attest verlangt und sich dann irgendeine Promo-Idee überlegt, um die Geschichte noch irgendwie auszuschlachten. Bei AC/DC zu spielen, das bedeutete für mich durchaus die Aufgabe persönlicher Freiheit – nun konnte ich nicht mehr, wann immer ich wollte, mein Team, den Carlton FC bei den Spielen gegen Collingwood unterstützen. Aber dafür gab es diese große Gruppe von Fans und Freunden, die uns überallhin folgte. Die Band bildete den Mittelpunkt einer Szene, in der sich viele neue und alte Kumpels tummelten; es war wie eine mobile Dauerparty. Wenn meine Freunde bei einem Gig auftauchten, wollten sie feiern. Also starteten wir durch und machten uns auf die Suche nach willigen Mädels und ein paar anregenden Substanzen, um noch ein paar Gänge höher zu schalten.
Es dauerte nicht lange, und AC/DC dominierten mein ganzes Dasein. Die Band wurde mein Leben. Wir waren zusammen, weil wir in einer Band spielten, aber AC/DC war mehr als das, es war wie ein Wesen, das meine ganze Aufmerksamkeit und meine ganze Zeit in Anspruch nahm. Für mich gab es keine andere Möglichkeit, als ihm in blindem Vertrauen zu folgen. AC/DC wurden zu meiner Karriere, meinem Lebensunterhalt, meinem Freundeskreis und, wie ich hoffte, meiner Zukunft. Dem gängigen Klischee nach hätte man wohl gesagt: „Die Band war meine Familie.“ Aber so war es nicht, es war etwas anders. Wenn man zu AC/DC gehörte, dann war das kein Spiel, sondern das Leben. Ich war nicht nur ein Teil der Band, sondern ein Teil eines Lebensstils. Das war der Grund, aus dem wir zusammen waren. Wir waren nur dann AC/DC, wenn wir uns alle im gleichen Raum befanden.
Ich wohnte noch immer im Hilton; wenn wir in Melbourne waren, blieb ich nicht bei der Band. Nach den Konzerten kehrte ich, wenn sonst nichts weiter anlag, in meine alte Bude zurück, aber in der Regel ließ ich mich am frühen Nachmittag des nächsten Tages im Freeway Gardens Hotel blicken, wohin die Band nun ihr Hauptquartier verlegt hatte, nachdem sie dem Haus in der Lansdowne Road entwachsen war. So war das eben; ich fühlte mich verpflichtet, dort aufzutauchen. Zwar hatte ich meine Wohnung im Hilton, und Phil hätte sicherlich gesagt, dass er offiziell noch bei seiner Mutter wohnte, so wie Mal und Angus bei ihrer Familie in Burwood in Neusüdwales. Aber im Grunde waren wir alle heimatlos; ich besaß nichts außer meinem Instrument, dem dazugehörigen Equipment und meinen Kleidern. Es war ein echtes Zigeunerleben.
Meine Ex-Freundin Glynis gehörte inzwischen ebenfalls zum Kreis, der sich rund um die Band gebildet hatte. Wir waren zwar kein Paar mehr, aber noch immer gut befreundet. Manchmal war es etwas nervig, wenn einer von uns
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