Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
gerade besonders viel Aufmerksamkeit vom anderen Geschlecht bekam, aber das Erwachsenwerden erlebten wir zum großen Teil gemeinsam. Dabei machten wir auch schwere Zeiten miteinander durch. Einmal setzten mich die anderen spätnachts nach einem Konzert vor Glynis’ Haus in Dandenong ab und baten mich, ihr im Namen der Band unser Beileid auszusprechen: Ihr Bruder Alun war zu Hause in England beim Schwimmen verunglückt. Das war für mich eine schwere Prüfung.
Auch wenn wir sicher nicht aussahen wie die Bay City Rollers oder Sherbet, deren australische Entsprechung, hatten wir doch ziemlich viel Erfolg beim Teenie-Publikum. Die Teenybopper-Ära war in vollem Gange, und zu einer Zeit, in der die Rollers, David Cassidy und Donnie Osmond die Radioprogramme und die Charts beherrschten, wurden wir Ende August 1975 vermutlich aufgrund unserer erfolgreichen Auftritte in Countdown während der Schulferien für einen Auftritt im größten Kaufhaus von Melbourne engagiert, dem Myers Emporium. Wir sollten um die Mittagszeit im „Miss Melbourne Store“ spielen, der im ersten Stock des Gebäudes an der Bourke Street lag. Mich beeindruckte besonders die Größenordnung des gesamten Deals: Für vier Mittags-Auftritte, von Montag bis Donnerstag, sollten wir 2.000 Dollar erhalten. Das war ein ordentlicher Batzen Geld, und zusätzlich hatten wir an den Abenden Zeit für weitere lukrative Shows. Und so machten wir uns am Montagmorgen auf zum ersten unserer vier Konzerte vor den kleinen Mädchen.
Früher, bevor ich zur Band stieß, war ich einfach zur Haltestelle der Straßenbahn 72 auf der Malvern Road gegangen und dann noch zehn Minuten ins Zentrum gefahren, wenn ich in die Innenstadt wollte. Nun, als AC/DC-Mitglied, kam das nicht mehr infrage. Michael Browning hatte uns ein paar Regeln eingehämmert, an die wir uns jederzeit zu halten hatten, und eine davon betraf öffentliche Verkehrsmittel. Es war nämlich so: Michael hatte vor einigen Jahren bei einer Straßenbahnfahrt Bobbie & Laurie, ein damals sehr erfolgreiches Pop-Duo, im gleichen Wagen sitzen sehen, und das hatte ihn sehr enttäuscht: Zu echten Popstars gehörten für ihn Limousinen, keine Straßenbahnen. Von daher war es all seinen Bands untersagt, Bus oder Bahn zu fahren. Eine weitere Regel betraf Armbanduhren auf der Bühne. „Wozu braucht ihr Uhren?“, hatte er gesagt und erläutert: Für uns als Rocker spielt Zeit bei einem Konzert keine Rolle. In einem solchen Moment gab es keine anderen Termine, wegen denen wir auf eine Uhr gucken mussten. Nun fahre ich inzwischen durchaus wieder Straßenbahn, aber die Uhrenregel hat sich mir fest eingebrannt, und heute noch lege ich jedes Mal brav meine Uhr ab, bevor ich auf die Bühne gehe. Und jedes Mal, wenn ich einen Musiker sehe, der das nicht getan hat, frage ich mich: „Der muss wohl noch woanders hin, oder was?“ Bei einem Konzert muss man alles geben und die Zuschauer unterhalten. Zwischendurch auf die Uhr zu gucken, um festzustellen, wie lange man noch spielen muss, ist dabei ein absolutes Unding.
Jedenfalls standen uns nun vier Auftritte in einer Kaufhausabteilung für Damenmode bevor. Wir hatten uns gut vorbereitet, zusätzliche Lautsprecher und Scheinwerfer besorgt und eine zweite Garnitur Verstärker und Schlagzeug angeschafft. Es wäre logistisch gesehen unmöglich gewesen, unser normales Equipment zu verwenden: Unsere Crew hätte sich dabei totgearbeitet, unseren Kram morgens im Kaufhaus aufzubauen, alles für den Auftritt am Abend wieder auseinanderzunehmen und dann auf eine Bühne in einem Club zu schaffen – wenn uns die Jungs nicht schon allein für einen solchen Vorschlag eins über den Schädel gezogen hätten. Und so standen wir an jenem Montag um die Mittagszeit mit unserer Zweitausrüstung auf der kleinen Bühne, die man für uns zusammengezimmert hatte, und guckten zu, wie sich eine immer größer werdende Menge versammelte. Allmählich wurde es ziemlich eng im Miss Melbourne Shop, und Michael rieb sich die Hände und sagte: „Wenn wir hier mehr als einen Song spielen können, dann wäre das ein verdammtes Wunder!“ Inzwischen drängten sich wohl ein paar tausend Kids auf der Etage.
Unsere Auftritte in Countdown hatten uns ein völlig neues Publikum beschert, und wir befanden uns unerwartet in der seltsamen Position, dass uns sowohl die Schlägertypen als auch die kreischenden Teenies mochten. Keine Ahnung, woran das lag – vielleicht waren es Angus’ jungfräuliche Schuljungenknie? Ich habe
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