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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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Schenkel, wir passten zusammen wie Puzzleteilchen. Als wären wir aus Wachs und dafür bestimmt, zu verschmelzen. Er seufzte.
    „Warum, Elle? Wieso ist das wichtig?“
    Wie sollte ich ihm erklären, was das Zählen mir bedeutete? Wie ich es dafür benutzte, nicht denken zu müssen an alles, was so wehtat … Ich konnte es ja nicht einmal mir selbst erklären.
    „Weil es mir peinlich ist.“
    Er schwieg einen Moment. Mir fiel auf, dass unser Körperkontakt ihn nicht zu erregen schien, dass wir einen Punkt erreicht hatten, wo es behaglich war, miteinander nackt zu sein. Dass ich mich in seiner Gegenwart nicht länger verwundbar fühlte.
    Seine Hände konnten mich genauso sehr besänftigen wie erregen.
    Ich schloss die Augen, weil Tränen in ihnen brannten. Dan streichelte mich endlos lange, wortlos, ich wollte von ihm wegrutschen und tat es nicht. Ich wollte aufstehen, mich anziehen und nach Hause zwischen meine sauberen Bettlaken fliehen und zu meinen weißen, nackten Wänden. In die Einsamkeit.
    „Ell?“, meinte er nach einer Weile, “ich habe mir nie etwas gebrochen. Ich bin nie Schlittschuh gelaufen. Und ich bin nicht verliebt.“
    Ich hatte die Narbe von seinem Fahrradunfall ja gesehen, bei dem er sich ein Bein gebrochen hatte. Und ich kannte Fotos, auf denen er als Kind Schlittschuh lief. „Dan, nicht.“
    Er schmiegte sich enger an mich und drückte seine Lippen auf eine Stelle zwischen meinen Schultern, die er besonders mochte. „Du bist so schön, Elle. Warum lässt du mich nicht …“
    Ich setzte mich auf und schwang die Beine aus dem Bett. „Nein, hör auf, tu das nicht, Dan, du machst damit nur alles kaputt.“
    Auch er setzte sich auf. „Wieso mache ich alles kaputt? Worum geht es hier sonst, kannst du mir das mal verraten?“
    Ich stand auf, um meine Kleider zusammenzusuchen. Ich wollte nicht hören, was er zu sagen hatte. Ich würde einfach nicht hinhören.
    „Elle, sieh mich an.“
    „Es geht um … Se?“, antwortete ich. „Es geht um … eine Bekanntschaft, wir haben beide jemanden gefunden, mit dem wir im Bett gut harmonieren. Es ist eine Freundschaft.“
    „Das ist nicht alle?“, sagte er.
    Hastig zog ich meine Bluse an, der BH war mir zu umständlich. Slip. Den langen Zigeunerrock, den ich auf dem Wochenmarkt getragen hatte. Einen Schuh fand ich, den anderen nicht.
    Er beobachtete mich vom Bett aus. „Was machst du da?“
    „Ich ziehe mich an.“
    Ich fing seinen Blick auf. Das Gesicht, das mir trotz meiner Bemühungen so vertraut geworden war, umwölkte sich. Er umschlang seine Knie mit den Armen.
    „Ich gehe nach Haust“, fügte ich hinzu.
    „Warum? Nur weil ich etwas Unbequemes gesagt habe? Deshalb?“
    „Ja!“ Mit dem Schuh in der Hand starrte ich ihn an. „Ist das nicht Grund genug?“
    „Nein, ist es nicht!“, rief er aufgebracht.
    Ich wich einen Schritt zurück und hielt den einen Schuh in die Höhe wie ein Schutzschild, was so lächerlich war, dass heiße Röte in meine Wangen stieg. Er wirkte beleidigt und wütend.
    „Du benimmst dich, als ob ich dich jeden Moment schlagen würde.“
    „Nein, das glaube ich nicht.“ Ich sah weg.
    „Aber du glaubst, dass ich dir wehtun werde, stimmt's?“
    Er klang so verletzt und verärgert, dass ich mich wegdrehen musste. Endlich entdeckte ich auch den zweiten Schuh und schlüpfte hinein. Eins plus eins ist zwei. Eins plus zwei ist drei. Ich rechnete schon wieder, aber es war mir egal. Ich brauchte diese Zahlen, diese Aufgabe, diese Ablenkung, damit ich ihn nicht ansehen musste.
    „Du tust es schon wieder?“, warf er mir vor, sprang aus dem Bett und kam auf mich zu. „Du schließt mich aus.“
    „Ich muss los.“
    Ich war schon an der Tür, als er mich am Ärmel erwischte und zurückzerrte. Ich wehrte mich nicht. Er drehte mich zu sich herum. „Elle, warum glaubst du, dass ich dir wehtun werde?“
    „Ich glaube nicht, dass du mir wehtun wirst“, entgegnete ich schließlich, presste jedes einzelne Wort heraus wie Dornen aus der Haut, die dabei blutige Wunden hinterlassen. „Ich werde dir wehtun.“
    „Nein, das wirst du nicht.“ Er legte eine Hand an meine Wange. „Elle, das wirst du nicht.“
    „Doch.“ Ich sah ihm in die Augen. „Das werde ich, Dan, das werde ich, ich weiß es einfach …“
    „Nein. Du willst mir nicht wehtun.“
    Ich riss meinen Arm los. „Ich habe ja auch nicht behauptet, dass ich es will. Ich sagte, dass ich es tun werde! Ich will nicht, aber es geht nicht anders, genau das wird passieren.

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