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Diverses - Geschichten

Diverses - Geschichten

Titel: Diverses - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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wie herrlich es ist, zur Jagd zu erwachen?“
    Temotas Brust hob sich. Seine Lungen rasselten. Beinahe schmeckte er die Süße dieser ersten Tage, in denen die Kälte vergeblich um ihre Vorherrschaft kämpfte, doch dann weichen musste, der Kraft einer lebenerschaffenden Sonne. Einer Sonne, die er nie sehen würde.“
    „Ja“, sagte er. „Ich weiß noch, wie es war. Wird es wieder so sein?“
    „Besser“, versprach ihm Persephone. „Viel besser.“
    Und mit ihr in seinen Armen grub er sich der Nacht entgegen. In seinen Ohren rauschten der Hunger, die Sehnsucht, das Wissen um den Tod, den seine Rückkehr brachte.
    Und als der Vampir unter der Kuppel des dunklen Himmels verharrte und seine gelben Augen zu den Gestirnen wandern ließ, da roch er stärker noch, als jede Ahnung frühlingshaften Erwachens, das pulsierende Blut der Menschen, die ihm zur willigen Nahrung werden sollten. Er ließ Persephone los, die mit einem heiseren Stöhnen an ihm herabglitt.
    „Du hattest Recht“, sagte der Vampir zu ihr. „Wir alle müssen sterben.“ Und seine Zähne blitzten auf, bevor er sie in ihr versenkte.

Feiertagssuppe
    Der kräftige Duft der Brühe stieg hoch und Henriette wich zurück, bevor der kräuselnde Dampf ihr allzu streng in die Nase steigen konnte.
    Feiertage bedeuteten Henriette viel, um nicht zu sagen alles. Sie gaben dem Leben Struktur, verliehen dem Jahr seine Höhepunkte und ihr die Möglichkeit auf ein Ziel hinzuarbeiten, ihre Gedanken und Pläne auf ein Ereignis zu konzentrieren, das es wert war, als solches beachtet zu werden.
    Und selbstverständlich gehörte auch ihr Hochzeitstag zu einem dieser Feiertage, denen es galt, besondere Beachtung zu schenken. Nicht dass Egon es wirklich wert war, dass sie sich so um ihn bemühte. Dennoch, er war nun einmal ihr Mann und sie hatte geschworen, ihn zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod sie schied. So abgedroschen dies auch klingen mochte.
    Ihr Zusammenleben, die vielen Jahre, die sie miteinander durch Dick und Dünn gegangen waren bedeuteten Henriette viel. Deshalb hatte sie sich entschlossen, diesem Hochzeitstag mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als ihre spärliche, übrig gebliebene Verwandtschaft für akzeptabel hielte.
    Natürlich lag der größte Teil ihrer Familie schon längst im Grab, ein Umstand, an dem man sich in ihrem Alter gewöhnt und mit dem man sich wohl oder übel abgefunden hatte. Selbst wenn Henriettes selige Mutter nicht müde geworden war, Egon zu wünschen und zu prophezeien, dass er das Zeitliche lange vor ihr selbst segnen sollte. Selbst auf dem Totenbett drückte sie noch ihren Unmut darüber aus, dass Egon trotz seines Übergewichts, seiner Trinkerei und den übelriechenden Zigarren, nach denen er ständig roch, kein Anzeichen einer Erkrankung oder Schwäche zeigte.
    Das war eine schwere Zeit für Henriette gewesen, hin und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, ihren Ehemann zu verteidigen und dem Wunsch ihrer Mutter das Verständnis entgegenzubringen, das sie am Ende ihres Lebens verdient hatte.
    Letztendlich spielte all das auch keine Rolle. Egon und sie hatten ihre Mutter ebenso begraben wie ihren Vater und Bruder, ihre Tanten und Onkel. Lediglich zwei Cousinen besuchte sie noch ab und an, von denen eine nicht fit genug war, um die Bedeutung des Tages zu begreifen und die andere sich schlichtweg weigerte, mit Egon eine Mahlzeit zu teilen.
    Aber an all das wollte Henriette an diesem besonderen Tag auch nicht denken. Stattdessen verbrachte sie bereits die Zeit seit den frühen Morgenstunden mit der sorgfältigen Vorbereitung eines Abendessens, das Egon ihrer Liebe und Treue versichern und den heiligen Bund ihrer Ehe erneuern sollte.
    Zwar war Henriette es gewohnt, sich nach dem Geschmack ihres Mannes zu richten, zumindest wenn es um das tägliche Kochen ging, doch an den Ehrentagen nahm sie sich heraus, ein gewisses Maß an Kreativität, wenn nicht gar Experimentierfreudigkeit an den Tag zu legen.
    Daher hatte sie sich auch entschlossen, mehrere Gänge zu servieren und mit jedem einzelnen ihre Liebe und Hingabe erneut unter Beweis zu stellen.
    Der Kühlschrank war gefüllt mit den Speisen und Beilagen, die kalt serviert wurden, die Gefriertruhe beinhaltete Egons Lieblingseissorte und im Ofen brutzelte ein raffiniert gewürzter Braten.
    Henriette hatte sich die Freiheit genommen anstelle der Salzstangen auf dem Esstisch zur Feier des Tages eine ausladende Platte mit Frischkäse bestrichener Cracker anzurichten und das Naserümpfen

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