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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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verteilte ihren Inhalt dabei quer durch Gabis Büro. Fluchend richtete Gabi sich auf, um die Unordnung zu beseitigen.

     
    »Ich platze gleich!« Sina schob den Teller nach vorn. Sie war satt und müde, und als Klaus sie ausgerechnet jetzt zu küssen versuchte, zog sie ihren Kopf zurück. Er hatte einfach nicht das richtige Timing.

     
    Gabriele sah erstaunt auf. Eben noch war sie schimpfend über den Fußboden gekrochen, um die kleinen Papierrollen und Notizzettel zusammenzuklauben, die aus der Dose gefallen waren. Nun saß sie still da und starrte mit geweiteten Pupillen auf das vergilbte Blatt Papier in ihren Händen. »Ich habe es gewusst … ich hab’s einfach gewusst.« Sie drehte und wendete den unscheinbaren Zettel. Leise, fast andächtig murmelte sie vor sich hin: »Poussin, Tibaldi … nein, das darf doch nicht wahr sein: sogar ein … ein Stich von … Dürer …«

8
    Albrecht Dürer! Wohl bei den meisten Nürnbergern würde das Herz höher schlagen, wenn sie ein Original dieses großen Sohnes der Stadt in ihren Besitz bekommen könnten, was normalerweise natürlich völlig utopisch war. Gabi jedenfalls besaß soviel Heimatverbundenheit – und das nötige Kunstverständnis. Von Geschäftssinn ganz zu schweigen. Ihre Zusammenkunft mit Sina hatte sie deshalb inszeniert wie einen Bühnenauftritt. Am Anfang stand ihr übliches Versteckspiel am Telefon. Sina reagierte abweisend und wollte keinesfalls bei Gabi vorbeischauen. Aber natürlich war sie wieder ihrer Neugierde erlegen …
    Pünktlich zur verabredeten Zeit stand Sina in Gabrieles Laden. Es folgte die übliche Prozedur, frei nach dem Motto: lange Rede, kurzer Sinn. Gabi genoss es, sich in Sinas Unwissenheit zu suhlen. Sie machte sie regelrecht heiß auf ihre Informationen.
    »Überspann den Bogen nicht! Ich weiß, dass du irgend etwas ausbrütest. Und dass du irgendwas entdeckt hast, das nicht gerade unwichtig ist, ahne ich inzwischen auch.«
    Gabi dachte einen Moment lang nach, schien unentschieden. Dann beschloss sie, dass ihre Freundin genug gezappelt hatte. Ja, nun könnte wohl auch Sina reif dafür sein, die Bedeutung ihrer Mitteilung zu begreifen. Gabi holte aus: »Sagt dir der Name Dürer etwas?«
    Sina starrte sie finster an: »Wenn du willst, dass ich gehe, sag es offen. Aber verkauf mich nicht für dumm!«
    Gabi lenkte ein. »O. k., o. k., ist ja schon gut. Aber von seinem Kupferstich ›Maria mit dem Wickelkind‹ hast du wahrscheinlich noch nichts gehört, oder?«
    Sina überlegte, auf welche Weise sie von ihrer älteren Freundin nun wieder bloßgestellt werden sollte. Einen Moment zögerte sie, bevor sie zugab: »Nein, habe ich tatsächlich nicht.«
    »Kannst du auch gar nicht. Der Stich war nämlich den größten Teil deines Lebens verschwunden. Seit dem Krieg hat ihn niemand mehr gesehen. Verschollen in den Wirren des Zweiten Weltkrieges, wie es in den Kunstführern so schön heißt. Erst vor Kurzem ist dieses Meisterwerk wieder aufgetaucht – auf dem russischen Schwarzmarkt.«
    Sina legte eine gelangweilte Miene auf: »Geht das nun wieder los? Warum erzählst du mir das? Was haben wir davon, wenn sich irgendwelche Russen eine goldene Nase verdienen?«
    Gabi hielt ihrer Freundin den vergilbten Zettel vor die Nase, den sie in der Dose gefunden hatte. »Hier, lies! Da steht alles drauf. Da ist fein säuberlich aufgelistet, von welcher SS-Einheit der Dürer wann und wo abgehängt worden ist, wer ihn verladen hat, wer ihn transportierte, wo er zwischengelagert wurde und wo man ihn schließlich eingebunkert hat. Dort müssen ihn die Russen dann auch gefunden und – äh – requiriert haben.«
    Sina griff sich das Blatt. »Du meinst … – tatsächlich – ›Maria mit dem Wickelkind‹ – … A. Dürer … – da steht’s.«
    Gabi trumpfte auf, schlug Sina überschwänglich auf die Schulter. »Es kommt noch besser. Wir sind da auf hochbrisantes Material gestoßen. Lagepläne, Ortsbeschreibungen und Wegskizzen, von denen andere nur träumen. Zugegeben: Der Dürer ist verloren. Den haben längst die Russen entdeckt. Der ist passé. Leider auch dieser Tipp hier.« Gabi hielt Sina ein weiteres Schriftstück hin. Ebenfalls ausgebleicht, an den Kanten eingerissen. Eine Karte – eine Schatz karte! Im Mittelpunkt eingezeichnet war ein Schloss. Schloss Karnzow. In unmittelbarer Nähe ein Kreuz. Ganz so wie auf den Pergamentrollen, um die sich die Haudegen in einem Piratenfilm schlagen. Gabi erklärte: »Noch ein heißer Tipp, aber eben auch

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