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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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zu befragen.
    »Die ganze Familie?«, fragte Ben. »Denn meine Frau liegt im Bett, und meine Tochter ist mit dem Fahrrad unterwegs.« Er hatte das Gefühl, das könnte Kerra herzlos wirken lassen, darum fügte er schnell hinzu: »Stress. Wenn sie unter Druck steht, braucht sie ein Ventil.« Und dann schien es ihm, als hätte er bereits zu viel gesagt.
    Sie werde die Tochter später befragen, erwiderte Hannaford. Unterdessen würden sie warten, während er seine Frau weckte. Es gehe erst einmal nur um einige Formalitäten. Es werde nicht lange dauern.
    Erst einmal hieß, dass sie wiederkommen würden. Bei der Polizei war das, was angedeutet wurde, zumeist wichtiger als das, was ausgesprochen wurde.
    »Wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen?«, fragte er.
    »Das hier ist der erste Schritt, Mr. Kerne, abgesehen von der Kriminaltechnik. Sie fangen mit Fingerabdrücken an: seine Kletterausrüstung, sein Wagen und alles, was sich im Auto befand. Von da geht es weiter.« Sie vollführte eine Geste über die Hotelhalle. »Sie alle müssen Ihre Fingerabdrücke nehmen lassen. Aber zunächst habe ich nur einige Fragen. Wenn Sie also Ihre Frau holen würden …«
    Er hatte keine Wahl. Alles andere hätte unkooperativ gewirkt; er konnte keine Rücksicht auf Dellens Zustand nehmen. Ben nahm die Treppe, nicht den Aufzug. Er brauchte einen Moment Zeit zum Nachdenken. Es gab so vieles, was er vor der Polizei verbergen wollte, Dinge, die entweder tief begraben – oder sehr privat waren.
    An der Schlafzimmertür klopfte er leise an, wartete aber nicht darauf, die Stimme seiner Frau zu hören. Er betrat den dunklen Raum, ging zum Bett hinüber und schaltete eine Lampe ein. Dellen lag noch genauso da wie zuvor, als er sie zuletzt gesehen hatte: auf dem Rücken ausgestreckt, einen Arm über die Augen gelegt. Auf dem Nachttisch standen zwei Röhrchen mit Pillen und ein Wasserglas mit einem roten Lippenstiftabdruck.
    Er setzte sich auf die Bettkante. Dellen blieb reglos liegen, obwohl ein Zucken ihrer Lippen ihm verriet, dass sie nicht schlief. »Die Polizei ist hier«, sagte er. »Sie wollen mit uns reden. Du musst mit nach unten kommen.«
    Ihr Kopf bewegte sich fast unmerklich. »Ich kann nicht.«
    »Du musst.«
    »Ich kann nicht zulassen, dass sie mich so sehen. Das weißt du doch.«
    »Dellen …«
    Sie nahm den Arm vom Gesicht, blinzelte gegen das Licht und wandte dann den Kopf ab. »Ich kann nicht, und das weißt du auch«, wiederholte sie. »Willst du vielleicht, dass sie mich so sehen? Ist es das?«
    »Wie kannst du so etwas nur sagen, Del.« Er legte die Hand auf ihre Schulter und spürte die Spannung, mit der ihr Körper auf die Berührung reagierte.
    »Bestimmt willst du, dass sie mich so sehen«, beharrte sie und wandte sich ihm zu. »Denn wir wissen doch, dass du es so vorziehst. Du hast mich so am liebsten. So willst du mich haben. Man könnte fast glauben, du hast Santos Tod herbeigeführt, um mich auf Kurs zu bringen. Das kommt dir ja so entgegen, nicht wahr?«
    Ben stand abrupt auf. Er wandte sich ab, damit sie sein Gesicht nicht sah.
    Sofort sagte sie: »Es tut mir leid. O Gott, Ben! Ich weiß gar nicht, was ich rede! Warum verlässt du mich nicht? Ich weiß, dass du das willst. Das willst du schon seit Ewigkeiten. Du trägst unsere Ehe wie ein härenes Gewand. Warum?«
    »Bitte, Del«, erwiderte er, ohne zu wissen, worum er sie bat. Er wischte sich die Nase am Ärmel seines Hemdes ab und ging zu ihr zurück. »Lass mich dir helfen. Sie werden nicht gehen, ehe sie mit uns gesprochen haben.« Wohlweislich verschwieg er, dass die Beamten sicher noch einmal wiederkommen würden, um mit Kerra zu sprechen, und ebenso gut dann mit Dellen würden reden können. Doch das durfte nicht passieren, beschloss er. Er musste dabei sein, wenn sie Dellen vernahmen, und kamen sie später zurück, bestand die Gefahr, dass sie sie allein antrafen.
    Er trat an den Schrank und holte Kleidungsstücke für sie heraus. Schwarze Hose, schwarzer Pulli, schwarze Sandalen. Er suchte Unterwäsche zusammen und trug alles zum Bett hinüber.
    »Lass mich dir helfen«, sagte er.
    Es war der Imperativ all ihrer gemeinsamen Jahre gewesen: Er lebte, um ihr zu dienen. Sie lebte, um sich bedienen zu lassen.
    Er schlug Decke und Laken zurück. Dellen war nackt, ihr Geruch säuerlich, und er betrachtete sie ohne das geringste Flackern der Begierde. Sie hatte nicht mehr die Figur der Fünfzehnjährigen, mit der er zwischen den Dünen im Strandhafer

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