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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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es jedoch so weit war, wohnte er in einem Apartment am Ende der Breakwater Road.
    »Nun ja, Apartment ist nicht ganz richtig«, fügte er hinzu, nachdem er Constable McNultys emsiges Kritzeln einen Moment lang beobachtet hatte. »Es ist eher ein möbliertes Zimmer in dem großen rosa Cottage am Ende der Straße, gegenüber dem Kanal. Ich kann die Küche mitbenutzen und … Na ja, die Vermieterin ist sehr großzügig.«
    Womit er sicherlich meinte, die Vermieterin habe moderne Ansichten, nahm Bea an. Was wiederum wohl hieß, dass er und das Kerne-Mädchen es dort nach Herzenslust trieben.
    »Kerra und ich wollen heiraten«, fügte er hinzu, als befürchtete er, Bea wäre in Sorge um die Tugend der jungen Frau.
    »Ah. Wie nett. Und Santo?«, fragte sie. »Welche Art von Beziehung hatten Sie zu ihm?«
    »Großartiger Junge«, lautete Alans Antwort. »Es war schwer, ihn nicht zu mögen. Er war vielleicht kein Intellektueller, aber er strahlte so etwas Glückliches aus. Etwas Unbekümmertes. Das hatte eine ansteckende Wirkung, und soweit ich sehen konnte, waren die Menschen gern in seiner Nähe. Menschen ganz allgemein.«
    Joie de vivre , dachte Bea. Sie hakte nach. »Und wie stand es mit Ihnen im Besonderen? Waren Sie auch gern in seiner Nähe?«
    »Wir waren nicht oft zusammen. Ich bin Kerras Freund, Santo und ich waren also … eher so etwas wie Schwäger, nehme ich an. Herzlich und verbindlich, wenn wir uns unterhalten haben, aber nicht viel mehr. Wir hatten keinerlei gemeinsame Interessen. Er war sehr körperlich. Ich bin eher … ein Kopfmensch.«
    »Ich schätze, das bedeutet, Sie sind eher geeignet, ein Unternehmen zu führen«, bemerkte Bea.
    »Ja, natürlich.«
    »Dieses Unternehmen, zum Beispiel.«
    Der junge Mann war kein Idiot. Anders als die Laurel- und Hardy-Imitate, mit denen sie geschlagen war, erkannte Alan Cheston messerscharf, worauf sie hinauswollte. Er erklärte: »Tatsächlich war Santo ein bisschen erleichtert, als er erfahren hat, dass ich hier arbeiten würde. Es befreite ihn von unliebsamem Druck.«
    »Was für ein Druck?«
    »Er hätte mit seiner Mutter zusammenarbeiten müssen, und das wollte er nicht. Oder zumindest hat er mich das glauben lassen. Er war für diesen Bereich des Unternehmens nicht geeignet.«
    »Aber Sie schon? Ihnen gefällt dieser Bereich? Und die Tatsache, dass Sie mit ihr zusammenarbeiten?«
    »Absolut.« Er sah Bea in die Augen, während er das sagte, und hielt seinen Körper vollkommen reglos. Sie fragte sich unwillkürlich, welcher Art die Lüge war, die er soeben offenkundig ausgesprochen hatte.
    »Ich würde mir gern Santos Kletterausrüstung ansehen. Wenn Sie sie mir zeigen könnten, Mr. Cheston«, bat sie.
    »Tut mir leid. Ich habe keine Ahnung, wo er sie aufbewahrt hat.«
    Auch das musste sie infrage stellen. Die Antwort war so prompt gekommen, als hätte er mit der Bitte gerechnet.
    Sie war im Begriff, noch einmal nachzuhaken, als er sagte: »Da kommt Ben – mit Dellen.« Sie hörten die alte Liftkabine herunterkommen. Bea stellte dem jungen Mann in Aussicht, dass sie sich bestimmt noch einmal sprechen würden.
    »Jederzeit«, antwortete er. »Wann immer Sie wünschen, Inspector.«
    Er kehrte in sein Büro zurück, noch ehe der Aufzug das Erdgeschoss erreichte und die Kernes ausspuckte. Ben trat zuerst heraus und streckte die Hand aus, um seiner Frau behilflich zu sein. Sie kam langsam, wirkte wie eine Schlafwandlerin. Medikamente, dachte Bea. Die Frau hatte Beruhigungsmittel eingenommen; bei der Mutter eines toten Kindes kaum überraschend.
    Unerwartet war hingegen ihre Erscheinung. Die höfliche Umschreibung hätte ›verblasste Schönheit‹ gelautet. Dellen Kerne war irgendwo Mitte vierzig und litt unter dem Fluch üppiger Frauen: Die Kurven und Rundungen ihrer Jugend waren mit den Jahren aus dem Leim gegangen. Außerdem hatte sie geraucht oder tat es womöglich immer noch, denn sie hatte deutliche Krähenfüße um die Augen und Furchen um den Mund. Sie war nicht dick, aber sie hatte auch nicht den durchtrainierten Körper ihres Mannes. Zu wenig Sport und Selbstbeherrschung, schloss Bea.
    Und trotzdem achtete diese Frau auf ihr Äußeres: pedikürte Füße. Manikürte Hände. Volles blondes Haar mit einem hübschen Glanz, große veilchenblaue Augen mit dichten, dunklen Wimpern und eine Art, sich zu bewegen, die um Hilfe bettelte. Troubadoure hätten sie eine Maid genannt. Für Bea war sie eine tickende Zeitbombe, und sie war entschlossen herauszufinden,

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