Doctor Who: Rad aus Eis (German Edition)

Schleier. Er fühlte sich seltsam zufrieden, als er so auf dem Rücken lag und nichts außer seinem eigenen, keuchenden Atem hörte. »Habe ich das alles geträumt? Liege ich zu Hause im Bett?«
    Jemand zog die Fallschirme von ihm, dann sah er Phee Laws. Sie grinste hinter ihrem Helmvisier. »Nicht ganz«, sagte sie und streckte eine Hand aus, um ihm aufzuhelfen.

25
    Der Scooter leistete einen letzten Dienst, indem er Jamie von den Fallschirmen befreite, sie zusammenrollte und mitsamt der Kabel in seinem Inneren verstaute.
    Jamie stellte fest, dass er auf einer felsigen Ebene saß. Nicht weit von ihm entfernt trugen Sam und einige andere einen kleinen Steinhügel ab. Darunter kamen einige dort versteckt gelegene Vorräte und Taschen zum Vorschein, deren Fund von den Jugendlichen bejubelt wurde. Kurz darauf falteten sie ein kuppelartiges Zelt auseinander, so wie auch schon auf Enceladus. Fallschirme fielen immer noch aus dem orangefarbenen Himmel wie Vögel, die einen Nistplatz anflogen. Jamie zählte rasch durch. Sechzehn plus ihm selbst, sechzehn, die sicher gelandet waren – abgesehen von einem Mädchen, das sich das Bein verletzt hatte. Einige andere hockten um sie herum und halfen ihr.
    Er stand auf und machte einen Probeschritt nach vorn. Der Boden war sandig und rau, dem Dreck haftete eine rostigorange Farbe an. Felsen und Steine bedeckten die Ebene. Bei näherer Betrachtung hatte dieser Mond gar keine Ähnlichkeit mit Schottland; er erinnerte Jamie mehr an eine Felswüste oder an das Innere eines Kraters auf dem Mond.
    Er hob einen flachen Stein auf. Sein Hautanzug fühlte sich steif an, als er sich bückte. Dann ging er auf den See zu, der nicht weit entfernt lag und wie ein dünner schwarzer Strich am Horizont aussah. Das Gehen fühlte sich seltsam an. Einerseits fiel es ihm so leicht wie auf dem Rad, andererseits hatte er den Eindruck, sich gleichzeitig gegen eine dichte Flüssigkeit zu stemmen, als wate er durch einen unsichtbaren Ozean.
    Am Ufer des ölschwarz daliegenden Sees blieb er stehen. Wellen kräuselten sich schwerfällig und langsam, leckten am zerfurchten Ufer. Jamie achtete darauf, dass sie seine Füße nicht berührten. Er holte aus und warf den Stein mit der flachen Seite nach unten über den See. Er traf die Oberfläche, hüpfte einmal, dann zweimal empor, bevor er in der Schwärze versank. »Du warst schon mal besser, McCrimmon«, murmelte Jamie.
    »Netter Versuch«, sagte Phee neben ihm.
    »Aye. Das habe ich immer an Loch Tay gemacht. Da kam ich aber auf mehr als ein paar Hüpfer.«
    »Du wirst alt.«
    »Jetzt fang du nich’ auch noch an.«
    »Wie gefällt dir Titan?«
    Er sah zum Himmel hinauf. Abgesehen von einigen blassen, flockigen Wolken präsentierte er sich als gleichförmig orangefarbene Kuppel. Nur ein heller Fleck deutete an, wo sich die Sonne befand. Den Saturn konnte er nicht sehen, was ihn enttäuschte. Doch nun hörte er ein leises Plätschern auf dem Helm und den Schultern seines Hautanzugs. Ein Regen aus schwarzbraunen großen Tropfen fiel schwer und so langsam wie in einem Traum aus dem Himmel. Die Tropfen klatschten auf sein Helmvisier, perlten davon ab und hinterließen violettbraune Schlieren.
    »Es ist ein bisschen wie zu Hause«, sagte er schließlich. »Aber die ganzen Farben sind falsch. So als hätte wer meine Heimat nachgebaut, aber aus anderen Zutaten.«
    »Das sagen die Leute oft – also Leute, die gereist sind. Man kann zum Mond fliegen, zur Venus, zum Mars oder zum Titan, und überall findet man diese felsigen Ebenen … nur immer aus anderem Zeug.« Sie trat gegen einen Kieselstein. »Jamie, es ist sehr kalt hier. Diese ›Steine‹ sind eigentlich Eiskugeln, aber ihr Eis ist so hart wie Basalt und lässt sich ebenso schwer aufbohren. Der See, an dem du stehst, besteht aus Methan und Ethan. Kohlenwasserstoffe. Tief unter der Kruste befindet sich eine Schicht aus flüssigem Wasser. Es gibt Vulkane hier auf Titan, tief wie die Schlote auf Enceladus, nur viel größer. Ihre Lava ist das Wasser.«
    »Willst du mich hinters Licht führen? Nach der Logik wäre ich ja eine Art Vulkan auf zwei Beinen.«
    »Ja, das stimmt. Auf Titan sind
wir
die außerirdischen Ungeheuer.«
    »Na endlich mal«, sagte er aus tiefster Überzeugung.
    »Aber es gibt Leben hier.« Sie streckte die Hand aus und ließ den Schlammregen auf ihre Handfläche fallen. »Das liegt an dieser komplexen organischen Chemie, die aus dem Himmel fällt. Man dachte früher, es gäbe hier