Doctor Who: Rad aus Eis (German Edition)
möglicherweise primitive Mikroben, weil es zu kalt für alles andere sei. Natürlich erlebten sie eine Überraschung, als sie hierher kamen und entdeckten, dass …«
Etwas schoss über ihre Köpfe hinweg auf den See zu. Sie duckten sich unwillkürlich. Als Jamie sich wieder aufrichtete, sah er zwei Scooter, die über die tintenschwarze tote Oberfläche des Sees heulten. »Was ist
das?
«
Sam trat neben ihn. »Dai und Sanjay. Die Idioten wollen Surfen gehen. Ich habe ihnen gesagt, sie sollten wenigstens warten, bis wir die Unterkunft aufgebaut haben, aber sie wollten nicht auf mich hören.«
Phee lachte ihren Bruder aus. »Wollten nicht auf dich hören? Du bist ja ein toller Rebell, Sam. Du brichst doch immer die Regeln, aber jetzt beschwerst du dich, wenn einer
deine
Regeln bricht.«
»Halt den Mund.«
»Heuchler!«
»Halt den Mund!«
Die Scooter berührten nun die Oberfläche des Sees und spritzten große Mengen der öligen Flüssigkeit in den Himmel, von wo aus sie langsam wieder nach unten sanken. »Soll das so sein?«, fragte Jamie.
»Nein«, sagte Phee kopfschüttelnd. »Erinnerst du dich an die Ski, die du auf Enceladus benutzt hast? Die verwenden sie hier auch. Das ist wie Wasserski, allerdings nicht auf Wasser.«
»Idioten«, knurrte Sam. »Ihren Treibstoff verschwenden sie dabei auch.«
Jamie runzelte die Stirn. »Ich dachte, hier unten gäb’s eine Methananlage.«
Phee beobachtete den See. »Ich sehe nur noch einen … Vielleicht haben sie Schwierigkeiten.«
»Die Anlage ist im Norden, wo es die richtig großen Seen gibt. Wir befinden uns hier in der Nähe des Südpols, so weit wie möglich von Pop und seinen Kumpeln entfernt.« Er spuckte den Namen aus.
»Wer ist ›Pop‹?«
»Unser Stiefvater, vor der Scheidung«, sagte Phee streng und ohne den Blick vom See zu nehmen. »Caseys Vater. Er ist kein schlechter Kerl, Sam.«
»Ich glaube, ich weiß, was du meinst«, sagte Jamie, der ihrem Blick noch immer folgte. »Ich sehe auch nur einen der Scooter. Er schwankt irgendwie vor und zurück. Sieht nich’ sehr spaßig aus.«
Sam betrachtete nun auch den See. »Wenn sie Probleme hätten, würden sie sich mel…«
»HILFE!« Das Kreischen schmerzte in Jamies Ohren. »Wir haben den Funk abgeschaltet, damit Sam uns nicht nervt, aber … Dai ist abgestürzt … HELFT UNS! KÖNNT IHR MICH HÖREN?«
»Sanj!«, rief Sam. »Sanjay, bleib ganz ruhig. Was ist los? Ist Dais Scooter ausgefallen?«
»Nein. Es kam aus dem Wasser …«
»Was?«
»Dieses große Maul! Zähne! Es hat den Scooter erwischt, aber nicht Dai. Er ist im See …«
Zähne?
Jamie sah sich um. Die anderen waren mit der halb aufgebauten Kuppel beschäftigt, lauschten aber Sanjays Worten. Sie waren alle weit von ihren Scootern entfernt, Jamie von seinem nur ein paar Schritte.
Er lief los.
»Nein, Jamie«, rief Sam. »Du kennst dich zu wenig aus.«
»Aye, aber du kannst mir ja folgen. Je schneller jemand da raus fliegt, desto besser.« Er sprang auf die Plattform des Scooters, schaltete die Raketen ein und startete.
Der Scooter reagierte nur langsam, sein Raketenantrieb war zu schwach für die dichte Atmosphäre des Titan. Doch schon bald flog Jamie tief über das unheimliche schwarze Wasser. Er hatte keine Ahnung, wie viel Treibstoff die Landung verbraucht hatte. Wahrscheinlich hatte er mehr benötigt als die anderen, weil er unerfahrener war als sie. Doch er verdrängte den Gedanken und sah nicht zurück. Stattdessen beugte er sich nach vorn, um ein klein wenig mehr Geschwindigkeit aus dem Scooter herauszuholen.
Wenig später erreichte er den Jungen im See. Dai trieb an der Oberfläche. Sein Anzug hatte sich aufgeblasen, damit er nicht unterging, trotzdem schlug der Junge um sich. Bei jeder Bewegung spritzte ölige Flüssigkeit empor und fiel verstörend langsam wieder zurück in den See. Der andere Junge, Sanjay, schien nicht zu wissen, was er tun sollte, denn er flog mit seinem Scooter ein paar Meter über dem See ziellos hin und her.
Dann sah Jamie die Zähne. Ein Ring aus Weiß, so weiß wie Eis, tauchte aus dem Wasser auf. Die Zähne steckten in einem gewaltigen, aufgerissenen Maul. Dahinter folgte ein stromlinienförmiger Körper, der in der schwarzen Flüssigkeit kaum zu erkennen war. Die riesige Bestie umkreiste den verängstigten Jungen und erzeugte dabei große, langsame Wellen. Sie wühlten den ganzen See auf.
»Seht ihr das?«
»Ja, Jamie«, antwortete Phee. »Wir haben uns in dein Helmvisier
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