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Doktor Proktors Pupspulver

Doktor Proktors Pupspulver

Titel: Doktor Proktors Pupspulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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daneben. »Ich wollte es vorhin nicht sagen, aber während des Verhörs bei der Polizei wurde mir klar, dass wir ganz furchtbar in der Klemme sitzen.«
    »Was haben sie gesagt? Was ganz genau?«
    »Sie haben gesagt, ich zitiere: ›Der kleine Bengel da namens Bulle kann nicht mit Gefängnis bestraft werden, denn er ist noch ein Kind, trotzdem muss er, das ist ein Erfahrungswert, mit mindestens einem Jahr Aufenthalt in einer Anstalt für Schwererziehbare rechnen.‹«
    »Na und, das kann ja wohl nicht so schlimm sein«, sagte Bulle. »Vielleicht endlich ein Ort mit einer ordentlichen Blaskapelle, wo man ein bisschen zum Trompetespielen kommt. Und was haben sie noch gesagt?«
    Doktor Proktor dachte kurz nach, räusperte sich und fuhr fort: »Aber Sie, Professor – haben sie gesagt –, Sie sind erwachsen, Sie müssen mit bis zu zwölf Jahren Haft hinter diesen Mauern – oder hinter anderen Mauern – rechnen und damit, dass Sie nie wieder irgendwas erfinden dürfen. Verstanden?«
    »Ui«, sagte Bulle. »Das ist wirklich schlimm.«
    »Richtig furchtbar schlimm«, sagte Doktor Proktor. »Ich kann weder den Gedanken an zwölf Jahre Haft ertragen noch den Gedanken an Mauern, noch den daran, nichts mehr zu erfinden. Ich muss fliehen.«
    »Hm«, sagte Bulle. »Wohin denn?«
    »Nach Frankreich. Ich muss Juliette Margarine finden. Sie wird mich vor der Polizei verstecken und mir Obdach geben. Und Käse. Und Rotwein.«
    »Aber wie?«
    »Mit dem Motorrad natürlich. Es braucht nur ein bisschen Schmiere, dann läuft es...äh...wie geschmiert.«
    »Und wie kriegen wir Sie hier raus?«
    »Keine Ahnung... oder Moment!« Doktor Proktor dachte angestrengt nach. »Vielleicht habe ich mich ja irgendwo ein winziges bisschen verrechnet...«Er sprang auf, holte die zusammengeknüllten Papiere vom Boden, strich sie wieder glatt und ließ die Augen darüberwandern. Bulle verfolgte es gespannt. Schließlich knüllte der Professor die Papiere erneut zusammen, warf sie sich nach hinten über die Schulter und schlug mit der Stirn auf die Tischplatte:
    »Es nutzt nichts!«, schluchzte er und bedeckte seinen Kopf mit den Armen. »Ich verrechne mich ja nie!«
    »Hm«, sagte Bulle und leg- te sich nachdenklich den Zeigefinger ans Kinn. »Das sieht nicht gut aus.«

    »Fürchterlich sieht es aus!«, rief Doktor Proktor. »Was sollen wir jetzt tun?«
    »Jetzt?«, fragte Bulle, der ein Schlüsselbund im Schloss rasseln hörte und schnupperte. »Jetzt werden wir Fischfrikadellen essen, würde ich sagen.«
    Nach dem Mittagessen ging Lise in den Garten. Sie musste nachdenken. Also setzte sie sich ins Gras unter den apfellosen Apfelbaum und stützte den Kopf in die Hände. Doch ihr einziger Gedanke blieb, dass das Totenmannsloch restlos ausbruchssicher war und Bulle und Doktor Proktor folglich restlos verloren. Sie rülpste einen Wiener-Schnitzel-Rülpser und hätte am liebsten geweint. Also weinte sie ein bisschen und wie üblich wurde sie vom Weinen sehr müde und sie gähnte ein wenig. Und die Nachmittagssonne schien auf Lise und ein Vogel saß auf einem Apfelbaumzweig und sang. Aber das alles bemerkte Lise nicht, denn sie war eingeschlafen. Irgendwann aber wurde sie wieder geweckt, aber nicht von Vogelgesang, sondern von Stimmen. Stimmen von der anderen Seite des Zauns. Auf der Straße standen mehrere Personen und redeten miteinander.

    »Dahinten die schrottige Kellertür«, flüsterte eine erwachsene Stimme, die ihr irgendwie bekannt vorkam. »Die ist sicher abgeschlossen, aber das kriegen wir leicht hin, Jungs.«
    »Jepp«, sagte eine Stimme, die ihr noch bekannter vorkam. »Schließlich nehmen wir die Brechstange mit.«
    »Ein Einbruch!«, sagte eine dritte Stimme und jetzt war sie ganz sicher, wer das war. »Super!«
    Lise richtete sich etwas auf und schaute vorsichtig über den Zaun. Da sah sie drei Gestalten, die vorsichtig über den Zaun von Doktor Proktors Haus sahen.
    »Gute Einstellung, Jungs«, flüsterte Herrn Thranes Stimme. »Und wenn ihr dann im Keller seid, schnappt ihr euch alles Pupspulver und Pupsonautenpulver, das ihr findet. Verstanden?«
    »Ja, Vater«, sagte Truls.
    »Ja, Vater«, sagte Trym.
    »Und danach, Jungs, könnt ihr das Pupspulver den Kindern in der Schule verkaufen.«
    Sie drehten sich um, aber Lise hatte sich blitzschnell geduckt.
    »Und das Pupsonautenpulver, Vater?«, fragte Truls.
    »Hehehe«, lachte Herr Thrane. »Ich hab schon mit jemandem drüben in Houston telefoniert, der ist äußerst interessiert an einer

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