Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
hätte nicht die geringste Ahnung, was zu tun ist.«
»Sorgt für seine Sicherheit«, sagte der König. Seine Stimme klang nicht majestätisch. Sie klang nicht formell. Sie klang nach einem Mann, der kurz davorstand, zu flehen oder zu beten. »Sorgt einfach für seine Sicherheit.«
»Jetzt im Augenblick liebt dich bei Hofe jeder oder fürchtet dich, mein Junge«, sagte Lerer. »Die Hälfte von ihnen meint, dass du der erste Held bist, den Antea in einer Generation gesehen hat, und die andere Hälfte will nicht von dir sprechen, weil sie Angst hat, dass das deine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich bin nicht sicher, ob das ein guter Grund ist, den Titel des Beschützers anzunehmen.«
»Ich mache es nicht«, sagte Geder. »Ich bin niemandes Beschützer. Du würdest es doch sein, Vater. Du bist der Graf von Bruchhalm.«
»Aber Ihr seid der Baron von Ebbinwinkel«, sagte König Simeon.
»Ebbinwinkel?«, fragte Geder.
»Jemand muss die Besitztümer von Maas übernehmen«, erklärte Lerer. »Sieht so aus, als wärst du es.«
»Nun«, sagte Geder, während sich auf seinen Lippen ein Lächeln ausbreitete. »Nun.«
Prinz Aster stand auf und ging zu Geder. Er war kein großer Junge. Geder hatte immer geglaubt, dass er größer wäre. Er hatte die grauen Augen und das ernste Gesicht der Königin, aber das Kinn seines Vaters.
»Ich schulde Euch mein Leben, Lord Palliako«, sagte der Junge. Der Tonfall seiner Stimme ließ die Sätze einstudiert klingen. »Ich wäre erfreut, Euch als meinen Beschützer zu haben, und schwöre, dass ich Euch als Euer Mündel Ehre bringen werde.«
»Wollt Ihr es denn auch?«, fragte Geder.
Die formelle Haltung des Jungen geriet ins Straucheln. Tränen erschienen, die in seinen Augen glitzerten. »Sie sagen, dass ich nicht mehr bei Pa bleiben kann«, erwiderte er.
Geder spürte, wie er selbst fast den Tränen nahe war. »Ich habe meine Mutter auch verloren, als ich jung war«, erklärte er. »Vielleicht könnte ich ein Onkel sein? Oder ein älterer Bruder.«
»Ich habe keine Brüder«, murmelte Aster.
»Seht Ihr? Ich auch nicht«, sagte Geder. Aster versuchte zu lächeln. »Wir würden aber vermutlich Euren Vater oft besuchen müssen. Und meinen. Mein Gott, ich werde meinen eigenen Besitz haben? Vater, ich werde meinen eigenen Besitz haben.«
»Wirst du«, sagte Lerer. »Ich glaube, Seine Majestät wollte nicht der Einzige im Raum sein, der einen Sohn verliert.«
Geder hörte ihn fast nicht. An diesem Morgen war er ein Held gewesen. Nun hatte er eine eigene Baronie und einen Platz bei Hof, um den Männer kämpften und für den sie manchmal starben. Sir Alan Klin würde sich vor Angst in die Hose machen, wenn er hörte, dass er sich Prinz Asters Beschützer zum Feind gemacht hatte.
»Danke, Eure Majestät. Ich nehme diese Pflicht und Ehre an, und ich werde mich darum kümmern, dass Aster sicher ist. Das schwöre ich.«
Der König weinte, und Tränen liefen ihm über die Wangen hinab, aber seine Stimme wankte nicht, als er sprach.
»Ich setze mein Vertrauen in Euch, Lord Palliako. Ich werde … ich werde es bei der Schließung des Hofes verkünden. Ich werde mich darum kümmern, dass Ihr einen Platz bekommt, der Eurer neuen Stellung angemessen ist. Dies ist ein hellerer Tag für das Königreich. Und dafür danke ich Euch.«
Geder verbeugte sich. Er wollte hinaus auf die Straße laufen, hüpfend und singend. Er wollte vor all seinen Freunden prahlen, zuerst vor Jorey Kalliam und …
»Kann ich den Prinzen entführen?«, fragte Geder. »Nur für ein paar Minuten? Es gibt jemanden, den ich ihm vorstellen will.«
Im Wohnzimmer war Basrahip auf Geders Sessel umgezogen. Die riesigen Hände blätterten langsam durch die Seiten, das breite Gesicht war vor Verachtung verzogen. Geder räusperte sich. Der Priester schaute auf, und sein Blick wanderte von Geder zu dem Prinzen, der an seiner Seite stand.
»Basrahip, Hohepriester der Göttin, darf ich Euch mein neues Mündel Prinz Aster vorstellen? Prinz Aster, das ist Basrahip.«
Der Prinz trat vor, hielt in angemessenem Abstand an und neigte den kleinen Kopf. Er sah aus wie ein Kätzchen, das einen Bullen begrüßte.
»Ich bin sehr erfreut, Euch kennenzulernen, Herr«, sagte der Prinz.
Basrahip lächelte. »Nein«, erwiderte er sanft. »Das seid Ihr nicht. Aber lasst Euch Zeit, junger Prinz. Lasst Euch Zeit.«
Entracte
Der Abtrünnige
Der Abtrünnige stöhnte und rollte sich auf seiner dünnen Matratze herum. Im ersten fahlen Licht der
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