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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Unterstand und hielten Stöcke in der Hand, um die Choreographie des Endkampfes durchzugehen, in dem Anson Arranson den Verrat seines Befehlshabers entlarvte. Charlit Sun, ihr Neuzugang, saß da, die Hände unter die Oberschenkel geklemmt, und ihre Lippen murmelten wie im Gebet. Es war ihr erster Abend, an dem sie in Die Narretei der Braut auftrat, und ihre Nervosität war reizend. Mikel war nirgends zu sehen, vermutlich war er auf den Markt gegangen, um dort um Fleisch und Flussfische zu feilschen. Er hatte noch jede Menge Zeit, um zurückzukommen und sich fertig zu machen. Es war nur das düstere Wetter, das es bereits so spät wirken ließ.
    »Nun, denkt einmal darüber nach«, sagte Smit, der in den Regen hinaus nickte. »Die Dinge, die eine Stadt wirklich ausmachen, haben doch mit der Beherrschung der Natur zu tun, oder nicht? Das bisschen Regen hier sieht vielleicht nicht nach viel aus, aber Camnipol ist eine große Stadt. Es kommt einiges zusammen. Gerade jetzt, wenn man es sich genauer anschaut, ist es so, als hätte Gott einen Fluss über diesem Ort ausgekippt. All das Wasser muss irgendwohin.«
    »Das Meer, das Meer, das endlose Meer« , sagte der Abtrünnige und zitierte damit ein Stück, das sie vor zwei Jahren aufgeführt hatten. »So wie alles Wasser sich in den salzigen Wogen einfindet, enden alle Menschen im Tod.«
    »Sicher, sicher«, erwiderte Smit und rieb sich das Kinn, »aber das Wichtigste ist doch, wie es von einem ins andere übergeht, oder?«
    Der Abtrünnige lächelte. »Smit, mein Lieber, ich glaube, du hast dich gerade der Metapher schuldig gemacht.«
    Der Schauspieler blinzelte in gespielter Unschuld. »Wirklich? Und dabei habe ich gedacht, wir sprechen nur über Rinnsteine.«
    Der Abtrünnige lächelte. Er bereiste die Welt inzwischen seit fünfzehn Jahren mit seiner kleinen Gruppe von Schauspielern. Sie hatten für Könige und unzivilisierte Massen gesungen. Er hatte Schauspieler aus acht der dreizehn menschlichen Rassen unterrichtet, und aus dreien davon hatte er Liebhaberinnen gehabt. Er war Meister Kit gewesen. Kitap rol Keshmet. Es war ein Name, den er sich schon viel früher verliehen hatte, nachdem er sich selbst in einem Schoß aus Wüstenstein und Wahnsinn zur Welt gebracht hatte. Er hatte tausend Rollen gespielt. Und nun, Gott helfe ihm, war es an der Zeit für eine weitere.
    Eine letzte.
    »Cary?«, fragte der Abtrünnige. »Auf ein Wort?«
    Die langhaarige Frau nickte, ließ die Nadel in ihrem Ärmel verschwinden und legte die Handvoll Perlen sorgfältig in eine schützende Mulde im Stoff des Kleides. Es wirkte nebensächlich und gedankenlos, aber keine einzige Perle würde sich aus dem kleinen Nest davonmachen. Der Abtrünnige nickte lächelnd und schritt zum nächsten Unterstand des öffentlichen Platzes hinüber, der bis auf ein kaltes eisernes Kohlenbecken und eine Steinbank leer war. Das Backsteinpflaster war nass, wo der Regen es erreichte, und die zarten Rot- und Grüntöne wurden dadurch deutlicher und satter, bis es aussah wie lackiert. Er setzte sich auf die kleine Bank, und Cary nahm neben ihm Platz.
    Nun, da es so weit war, konnte er den Kummer nicht mehr von sich weisen. Er war wochenlang da gewesen. Die Angst war inzwischen ein alter Gefährte; ein Feuer, das in einer Schenke in Porte Oliva entzündet worden war, als er zum ersten Mal gehört hatte, dass das Banner der Göttin in Antea wehte. Der Kummer war erst später dazugekommen, und er hatte ihn zur Seite geschoben, solange er konnte, hatte sich gesagt, dass sich die Enge in seiner Kehle, das Gewicht auf seiner Brust noch länger ertragen ließen. Aber das stimmte nicht.
    »Meister Kit?«, fragte Cary. »Weint Ihr?«
    »Natürlich nicht«, sagte er. »Männer vergießen Tränen . Weinen finden wir würdelos.«
    Sie legte ihm einen Arm um die Schulter. Wie ein Seemann, der vor einer Reise an seinem letzten frischen Wasser nippt, versuchte er das Gefühl in sich aufzunehmen, sie neben sich zu haben – die Beuge ihres Ellbogens in seinem Nacken, das feste Gewicht ihrer Muskeln, den Geruch nach Eisenkraut und Seife. Er holte tief und schaudernd Luft und nickte. Es dauerte einen langen Augenblick, bis er etwas sagen konnte.
    »Ich glaube, wir werden einen weiteren Schauspieler auftreiben müssen«, erklärte er. »Einen älteren Mann mit einer gewissen Ernsthaftigkeit. Jemanden, der väterliche Rollen und Bösewichte verkörpern kann. Lord Fuchs. Orkus den Dämonenkönig. Solche Rollen.«
    »Eure Rollen«,

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