Dolly - 02 - Wirbel in Klasse 2
so viel wie möglich geben – gebt ihr so viel wie möglich zurück: Seid gerecht und verantwortungsbewußt, freundlich und arbeitsam. Ich buche es als Erfolg, wenn junge Menschen von hier in die Welt und in das Leben hinausgehen, die gutherzig und freundlich, vernünftig und tüchtig sind, Menschen, auf die man sich im Leben verlassen kann.”
Diese Worte hörten nun heute Diana, Ellen, Britta und die anderen neuen Schülerinnen der verschiedenen Klassen. Alle lauschten beeindruckt der Direktorin. Manche nahmen die Worte in sich auf und vergaßen sie nie. Sie würden einmal zu jenen Mädchen zählen, die Möwenfels als Erfolg buchen konnte.
Die drei Neuen aus der zweiten Klasse schienen ernst und aufrichtig zuzuhören, besonders Diana. Frau Greiling hatte sie, ohne daß es auffiel, genau im Auge. Sie wußte eine ganze Menge von Diana Türk. Diana ließ keinen Blick von der Direktorin und versuchte, ihre ganze Seele in die Augen zu legen.
Sie wünschte leidenschaftlich, einen guten Eindruck auf Frau Greiling zu machen. Sie lächelte ihr unwiderstehlichstes Lächeln, aber die Direktorin erwiderte es nicht. Sie beendete ihre Ansprache und entließ die Mädchen. Alle gingen still hinaus.
“Ist sie nicht wunderbar?” rief Diana glühend vor Begeisterung. “Evelyn sagte im voraus, sie würde einen tollen Eindruck auf mich machen, und das stimmte!”
Niemand schien sich groß darum zu kümmern, welchen Eindruck Diana gewonnen oder nicht gewonnen hatte. Sie trennten sich, und jeder ging seiner Wege.
Dolly und Susanne wollten zur zweiten Klasse. Sie kamen, an der ersten Klasse vorüber, in der sie das vorige Schuljahr verbracht hatten. Die Tür zum Klassenraum stand offen. Eine aufgeregte Schar von jüngeren Mädchen war damit beschäftigt, sich über die Sitzordnung zu einigen.
“Babys!” sagte Dolly hochnäsig. “Tintenbeschmierte AbcSchützen, die nicht einmal ihren Stundenplan auswendig können!”
Zwei Ehemalige aus der zweiten Klasse, die seit heute in die dritte gingen, begegneten ihnen.
“Damit ihr’s wißt, ihr Kleinen”, sagte die eine gönnerhaft zu ihnen, “ihr müßt euch vor Spitznase in acht nehmen. Sie ist furchtbar streng bei Diktaten!”
“Spitznase” – so wurde Fräulein Parker, die Klassenlehrerin der zweiten Klasse, von allen Schülerinnen genannt. Sie hatte eine spitze, lange Nase, die sie nach Meinung der Mädchen zu oft in fremde Angelegenheiten steckte. Auf jeden Fall war sie eine außerordentlich neugierige Person, die, wenn sie erst einmal Unheil witterte, nicht eher ruhte, bis sie der Sache auf den Grund gekommen war. So genau sie aber auch auf alles achtete, manchmal versank sie ins Träumen. Dann schien sie die Klasse zu vergessen und richtete den Blick in die Ferne. Die Mädchen freuten sich immer auf diese seltenen Augenblicke und nutzten sie weidlich aus. Dolly war überzeugt, daß sie Fräulein Parker nicht annähernd so mögen würde wie Fräulein Pott, ihre bisherige Klassenlehrerin, deren Spitzname “Pöttchen” war.
Britta und Ellen schienen sehr begierig zu sein, Einzelheiten über die verschiedenen Lehrerinnen zu erfahren. Dolly und Susanne waren ihnen nur zu gern behilflich.
Diana ließ sich natürlich von Evelyn alles berichten.
“Hüten mußt du dich vor den bei den Französischlehrerinnen, den Mademoiselles”, sagte Evelyn. “Besonders vor Mademoiselle Rougier. Sie sind beide sehr temperamentvoll und geraten leicht in Wut – aber bei Mademoiselle Dupont ist es nur ein kurzes Strohfeuer, während es bei Mademoiselle Rougier katastrophale Ausmaße annimmt!”
“Und bei Fräulein Cornelius heißt es aufpassen”, erklärte Alice den Neuen. “Wenn ihr nichts für Geschichte übrig habt, dann gnade euch .”
Der erste Tag verlief interessant und angenehm. Die neuen Mädchen besichtigten die Schulräume, die Tennisplätze und Gärten. Besonders bewunderten sie das große Schwimmbad, das am Ufer der See in den Felsen eingelassen war und vom Meer ständig mit frischem Wasser versorgt wurde. “Sicher bist du eine gute Schwimmerin”, sagte Diana zu Evelyn. Evelyn zögerte und schaute sich verstohlen um. Sie hatte vor Diana schon ziemlich aufgeschnitten, aber niemals in Gegenwart anderer. Jetzt aber stand Dolly in der Nähe. Da war es zu gefährlich, unwahre Angaben über ihre Schwimmkünste zu machen.
“Nun – keine so gute wie die anderen”, erwiderte sie.
“Ich wette aber, du schwimmst am besten!” sagte Diana. “Du bist nur zu bescheiden!”
Dolly
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