Dolly - 02 - Wirbel in Klasse 2
ausgeglichene, hilfsbereite, freundliche Susanne, Dollys beste Freundin. Susanne war zwar nicht die Klassenbeste, aber sie hatte immer ein offenes Ohr für Menschen, die in Schwierigkeiten waren. Sie glänzte nicht gerade mit hervorragenden Leistungen in den Zwischenprüfungen so wie Alice, doch sie half jüngeren Mitschülerinnen bei den Schularbeiten. Sie würde als Klassensprecherin – darüber gab es keinen Zweifel – immer gerecht sein.
Jede in der Klasse wußte, daß mit Susanne eine gute Wahl getroffen worden war. Ein paar aber hätten eine schlechte Wahl begrüßt, weil sie Susanne nicht leiden konnten. Evelyn zum Beispiel ärgerte sich sehr. Genauso Betty, die gehofft hatte, daß Alice gewählt würde. Einige Freundinnen von Betty, die jedoch in einem anderen Schlafsaal untergebracht waren, schlossen sich dem Ärger aus Neid an.
Dolly drückte Susannes Arm. “Wie ich mich freue!” sagte sie. “Bin ich vielleicht froh! Wird deine Mutter nicht ganz stolz sein? Und du bist auch unsere Zimmerälteste. Da wird sich Evelyn schwarz ärgern!”
Und richtig – Evelyn platzte bald vor Wut, als Susanne abends im Schlafsaal das Kommando übernahm. Susanne beabsichtigte zwar nicht, ihre Befehlsgewalt zu oft oder zu früh anzuwenden, doch war sie fest entschlossen, Evelyn sofort die Stirn zu bieten, falls diese Unruhe stiften sollte.
Evelyn, die Großzügigkeit nicht zu schätzen wußte und Susannes Zurückhaltung für Schwäche hielt, begann sofort zu flüstern, nachdem das Licht ausgeschaltet war.
“Ruhe, Evelyn!” rief Susanne. “Ich hab’s dir gestern abend schon einmal gesagt. Aber da war ich noch nicht Klassensprecherin und also auch nicht Zimmerälteste. Jetzt bin ich es! Halte also den Mund, wenn ich es dir sage.”
“Die arme Diana hat Heimweh”, begann Evelyn.
“Das wird auch nicht besser, wenn du ihr Unsinn ins Ohr flüsterst”, sagte Susanne.
Es trat eine kurze Stille ein.
Dann ließ sich Brittas Stimme im Dunkeln hören: “Susanne! Was geschieht eigentlich, wenn eine nicht aufhört zu flüstern, nachdem du es angeordnet hast?”
“Das wird keine versuchen!” entgegnete Susanne energisch. “Aber ich glaube, es gibt ein ungeschriebenes Gesetz hier in Möwenfels, daß jede, die hier in der Nacht keine Ruhe hält, eine tüchtige Abreibung mit der härtesten Haarbürste bekommt!”
Evelyn hatte bereits den Mund geöffnet, um ihre Unterhaltung mit Diana fortzusetzen. Aber als sie Susannes Antwort auf Brittas Frage hörte, schloß sie ihn schnell wieder. Wie konnte es Susanne wagen, einem Mädchen so etwas anzudrohen! Ob Susanne das nur gesagt hatte, um sie einzuschüchtern?
Evelyn entschied sich, es auf keinen Versuch ankommen zu lassen
– es wäre zu demütigend, wenn Susanne ihre Drohung ausführte. Diana würde sie nie wieder respektieren.
So war die Ruhe im Schlafsaal wiederhergestellt, und als die Hausmutter still zur Tür hineinschaute, hörte sie nur noch die regelmäßigen Atemzüge der zehn Mädchen.
Acht schliefen fest. Zwei aber lagen wach: Evelyn und Ellen. Evelyn konnte vor Ärger nicht schlafen. Ellen dachte an ihre Schulaufgaben. Sie hatte am Vormittag bei der Übungsarbeit zwar ganz gut abgeschnitten, aber keineswegs hervorragend. War sie wirklich den Anforderungen der zweiten Klasse gewachsen? Sicher, sie hatte das Stipendium bekommen.
Sie hatte es sich schwer erarbeitet – aber nicht mittels irgendeiner überragenden Begabung, sondern nur durch unermüdlichen Fleiß. Würde es ihr möglich sein, mit den anderen Schritt zu halten? Überhaupt schien ihr Gehirn in letzter Zeit nicht so zu arbeiten wie früher. Ellen sorgte sich und schlief erst lange, lange nach Evelyn ein.
Die neuen Mädchen brauchten ein paar Tage, um sich einzugewöhnen. Ellen und Diana fanden sich viel schneller zurecht als Britta, die sich auf dem Weg zum Klassenzimmer immer wieder verlief. Wiederholt tauchte sie im Raum der ersten Klasse auf – sehr zum Ärger von Fräulein Pott.
“Britta! Du bist doch nicht schon wieder hier?” rief die Lehrerin dann empört aus. “Aber wenn du durchaus in die erste Klasse willst – vielleicht können wir dich zurückversetzen!”
Worauf Britta mit hastig gemurmelten Entschuldigungen entfloh.
“Ich werde mich ein bißchen um sie kümmern”, sagte Irene einmal.
Fräulein Parker verwahrte sich aber sofort entschieden dagegen. “Britta muß endlich lernen, sich selbst zurechtzufinden. Schließlich ist sie schon drei Tage hier!”
“Ja, Fräulein Parker”, sagte
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