Dolly - 14 - KLassentreffen auf der Burg
spielen!“ sagte nun auch Hilde. „Niemand könnte die Worte so überzeugend sagen wie Sie!“
„Nun gut. Oft genug gehört habe ich sie ja“, gestand Dolly lächelnd ein. „Wenn ihr meint, daß es richtig ist, dann werde ich Frau Greiling spielen.“
„Spitze!“
Mit Feuereifer gingen die Mädchen an die Arbeit. Und je weiter die Proben fortschritten, desto begeisterter waren sie von ihrem Stück. Abends im Schlafsaal hörten sie sich den Text ab und diskutierten über die Rollen. Ja, es passierte immer häufiger, daß sie sich mit ihren Bühnennamen ansprachen statt mit ihren eigenen.
Viel Gelächter gab es, wenn die alten Streiche in ihrem Stück wieder auferstanden. Wenn Babsi als Alice plötzlich vorgab, taub zu sein, und jedes Wort, das Mademoiselle Dupont sagte, verdrehte. Oder wenn Juanita als Dolly mit der unsichtbaren Kreide in Spiegelschrift das Wort „IGITT“ auf den Stuhl der Lehrerin schrieb, das dann in leuchtendrosa Buchstaben auf dem Hinterteil Mademoiselle Duponts erschien.
Den anderen Mädchen gegenüber wurde strenges Stillschweigen über Inhalt und Einzelheiten des Stückes und der Aufführung bewahrt. Manchmal waren sie fast eifersüchtig auf die Kleinen, die Tag für Tag hinter verschlossenen Türen mit Dolly probten, lachten und diskutierten, aber man tröstete sich gegenseitig damit, daß es sich ja um eine notwendige erzieherische Maßnahme handele, und kam sich dabei sehr erwachsen vor.
Es geschah an einem grauen Novembertag, daß Juanita als Dolly mehrfach ihren Einsatz vergaß und von den anderen ungeduldig zur Ordnung gerufen wurde. Sie waren gerade dabei, den letzten Akt des Stückes zu entwickeln, Dolly schrieb den endgültig festgelegten Text auf, und sie wiederholten die Szene mehrmals.
„Juanita, du bist dran! Was ist denn los, jetzt mußt du den Satz doch allmählich behalten haben!“ Dolly sah die kleine Südamerikanerin prüfend an. „Komm einmal her zu mir. Kind, du hast ja Fieber! Du glühst wie ein kleiner Ofen. Fühlst du dich nicht gut?“
„Nur ein bißchen schwindlig. Und Halsweh“, gestand Juanita. „Aber es ist überhaupt nicht schlimm!“
„Das werden wir erst mal feststellen. Komm mit mir in den Schlafsaal rauf. Ihr anderen probt ein paar Szenen, in denen Juanita nicht mitspielt, bis ich zurückkomme.“
Als Dolly zurückkam, sah sie bedrückt aus.
„Juanita hat hohes Fieber. Ich habe sie auf die Krankenstation gebracht. Dort sind heute drei Mädchen aus dem West-und Ostturm eingeliefert worden, ebenfalls mit hohem Fieber. Man spricht davon, daß bei uns in der Gegend die asiatische Grippe ausgebrochen ist, eine Schule in der Kreisstadt hat bereits deshalb schließen müssen.“
„Hat Juanita die asiatische Grippe? Was wird dann aus unserem Stück?“ fragte Babsi entsetzt.
„Nun, das ist noch nicht raus, man muß abwarten. Aber wenn es dieser Virus ist, dann werden sicher noch mehrere von uns angesteckt werden, und es ist zweifelhaft, ob unter diesen Umständen das Stück – und auch das Klassentreffen – überhaupt stattfinden kann.“
Die Mädchen machten todunglückliche Gesichter. Sollte wirklich alles ins Wasser fallen? Das durfte nicht geschehen!
Trotzdem konnten sie nicht verhindern, daß am nächsten Tag Hannelore und Regine mit hohem Fieber und Halsschmerzen in die Krankenstation eingeliefert wurden. Am dritten Tag erwischte es Evi und Waltraud, das Mädchen aus dem Westturm, das Fräulein Pott spielte.
Auch aus den übrigen Klassen erkrankten nun täglich mehr. Die Krankenstation war überfüllt. Die Theaterproben mußten unterbrochen werden.
Babsi war eine der letzten, die im Schlafsaal der ersten Klasse gesund blieb. Aber was nützte ihr das, wenn alle anderen in der Krankenstation lagen und das Stück nicht weitergeprobt werden konnte! Babsi war verzweifelt. Und in ihrer Verzweiflung kam sie auf eine geniale Idee.
„Kann ich Sie einmal sprechen, Hausmutter?“
Dolly war gerade dabei, Irmela aus der Vierten den Puls zu fühlen. Seufzend ließ sie die Hand des Mädchens los und drückte ihr eines der Fieberthermometer in die Hand, die jetzt ständig auf ihrem Schreibtisch bereitlagen.
„Du wirst die nächste sein, die auf die Krankenstation marschiert, Irmela. Bitte miß dein Fieber, ich komme gleich zu dir hinauf in den Schlafsaal. Was ist denn, Babsi? Hat es dich nun auch erwischt?“
„Nein. Aber ich habe einen Vorschlag.“
„Einen Vorschlag?“
„Ja, wie wir unser Stück retten können!“
„Ach, Babsi, wir haben doch jetzt
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