Dolly - 14 - KLassentreffen auf der Burg
Jetzt werde ich erst mal diesen kleinen Schreihals beruhigen. Der Stimme nach wird sie später mindestens Opernsängerin oder Sportreporterin. Die hat Lungen!“
„Oder sie wird Hausmutter im Nordturm“, sagte Susanne. „Mutter von fünf Dutzend temperamentvollen Mädchen. Da braucht sie eine kräftige Stimme ebenso nötig.“
Nachdem Dolly ihre kleine Tochter versorgt hatte, saßen sie um den hübsch gedeckten Teetisch und ließen es sich schmecken. Susanne hatte für frischen Tee gesorgt und neuen Toast gemacht, und sobald der erste Hunger und Durst gestillt waren, wanderten die Gedanken der Freundinnen wieder in die Schulzeit zurück. Das Gespräch drehte sich um Streiche, Abenteuer und Erinnerungen an Lehrer und Mitschülerinnen der Jahre, in denen Dolly und Susanne zu den Schülerinnen von Burg Möwenfels gehört hatten.
„Ich möchte unbedingt noch einmal Will und Clarissa besuchen, bevor ich fahre“, sagte Susanne. „Ich finde es toll, daß die beiden als Reitlehrerinnen hierher zurückgekehrt sind. Nie werde ich vergessen, wie Will mit ihren Brüdern in den Hof galoppierte. Und dann die Nacht, als ihr Pferd so schwer erkrankte!“
„Ja“, sagte Dolly. „In dieser Nacht wurde die Freundschaft
zwischen Will und Fräulein Peters begründet. Die beiden verstehen
sich auch heute noch prächtig, sie sind ein Herz und eine Seele. Und
was unsere jungen Reiterinnen betrifft: Seit Will und Clarissa die
Reitschule im Möwennest betreiben, haben sich ihre Leistungen
enorm gesteigert. Ich bin schon gespannt auf unser nächstes Turnier
im Herbst.“
„Wie schade, daß ich Ellen Wieland nicht mehr sehe, bevor ich abfahre. Und Fräulein Pott! Aber leider muß ich pünktlich zurück sein, wegen meiner Urlaubsvertretung, du weißt ja. Ich gäbe was drum, diesen Rummel bei der Ankunft wieder einmal zu erleben!“
„Das kann ich verstehen“, antwortete Dolly vergnügt. „Mir geht es genauso, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, die Mädchen wollten mich in Stücke reißen. Auf meine Neuen bin ich gespannt. Wer uns da wohl wieder ins Haus schneit? Hoffentlich wird es etwas weniger turbulent als im vergangenen Jahr.“
„Ja, eine richtige Verbrecherjagd, das hat es auf Burg Möwenfeld wohl noch nie gegeben. Es muß schrecklich aufregend gewesen sein!“
„Nicht so aufregend wie der Abfahrtstag“, bemerkte Klaus seufzend. „Den werde ich nie vergessen! Daß unser Kathrinchen sich aber auch ausgerechnet diesen Tag für ihre Ankunft aussuchen mußte!“
Dolly lachte.
„Klaus wird sich nie verzeihen, daß er als einziger bei dem großen Ereignis nicht dabei war. Aber ich verspreche dir, mein Schatz, das nächste Mal werde ich mir einen günstigeren Zeitpunkt aussuchen. Für die Mädchen war dieser Tag offenbar unvergeßlich: Schau, wie viele Briefe und Postkarten meine Tochter und ich in den Ferien bekommen haben. Und erst die Päckchen! Es scheint, unsere kleinen und großen Burgmöwen hatten nichts Eiligeres zu tun, als für unser Baby ein Geschenk zu basteln oder zu kaufen. Wir könnten mühelos ein Dutzend Kinder mit dem ausstatten, was an Spielzeug und an Gehäkeltem und Gestricktem in den letzten Wochen angekommen ist.“
„Das ist das Schöne an den Mädchen von Burg Möwenfels: Sie sind und bleiben eine große Familie!“ stellte Susanne fest. „Da fällt mir ein
– ich habe dir noch gar nicht von Margot erzählt!“
„Margot?“
„Ja, Margot, unsere Sängerin! Erinnerst du dich nicht? Sie ging nach der Fünften ab, um ihre Stimme ausbilden zu lassen. Neulich gastierte sie in unserer Oper als Mimi in La Bohème. Erstaunlich, sage ich dir! Sie hat eine herrliche Stimme und eine unglaublich starke Ausdruckskraft. Sie ist auf dem besten Weg, eine international bekannte Größe zu werden!“
„Wer hätte das gedacht!“
„Ja. Ich habe versucht, nach der Vorstellung mit ihr zu sprechen, aber sie war bereits auf dem Weg zum Flughafen, da sie am nächsten Tag in Zürich singen sollte, wie man mir sagte. Immerhin habe ich ihre Adresse auftreiben können. Ich wollte ihr schreiben, wie gut mir ihre Darbietung gefallen hat und wie sehr ich mich über ihren Erfolg freue.“
„Da wäre ich gern dabeigewesen. In die Oper kommen wir ,Landbewohner’ kaum noch. Es ist schade, daß so selten eine der alten Burgmöwen hier hereinschaut. Man verliert sich ganz aus den Augen.“
„Ja, das ist schade, wirklich! Hast du mal was von Marlies gehört? Ist sie wirklich Krankenschwester geworden?“
„Keine
Weitere Kostenlose Bücher