Don Camillo gibt nicht auf
interessiert alles, was schön ist.»
Das Mädchen verzog halb mitleidig, halb verächtlich das Gesicht, zuckte die Achseln und arbeitete weiter. Mehr als eine Stunde lang saß sie still dort, dann kam sie herüber und fragte: «Darf man sehen, was Sie zusammengestrichelt haben?»
Der junge Mann zeigte die Skizze.
«So sehe ich aus?» lachte das Mädchen.
«Es ist erst angefangen, Fräulein; wenn Sie nichts dagegen haben, komme ich morgen wieder und zeichne weiter daran.»
Das Mädchen räumte Teller und Glas weg.
«Was bin ich schuldig?» fragte der Jüngling.
«Sie können morgen zahlen.»
Kaum war der Maler zu Hause, schloß er sich in seinem Zimmer ein und zeichnete bis abends.
Am Morgen arbeitete er weiter. Als er gegen Mittag ausging, schloß er hinter sich die Tür ab. «Hochwürden», erklärte er, «es ist soweit: die Inspiration ist da!»
In voller Fahrt radelte er zum «Fasan» und fand alles wie am Vortag: verlassene Gaststube, Brot, Wurst, Wein und die Inspiration auf dem Stuhl neben der Tür.
Als diesmal das Mädchen nach zwei Stunden das Ergebnis der Arbeit sah, erschien sie zufriedener als am ersten Tag:
«So ist’s besser», sagte sie.
«Wenn ich auch morgen kommen dürfte, würde es noch besser», seufzte der Junge.
Schließlich ging er noch zweimal hin, dann aber ließ er sich im «Fasan» nicht mehr blicken, weil er den Kopf voll anderer Dinge hatte. Drei Tage lang blieb er in seinem Zimmer, dann verabredete er sich mit dem Maurer und begann mit der Arbeit in der Kapelle.
Fieberhaft machte er sich ans Werk, und niemand konnte sehen, was er malte, denn eine hohe Bretterwand trennte jetzt die Seitenkapelle von der übrigen Kirche ab.
Und nur der junge Mann hatte einen Schlüssel zum kleinen Eingangstürchen.
Don Camillo verging fast vor Neugier, wußte sich aber zu bezähmen und fragte lediglich jeden Abend: «Nun, wie steht’s?»
«Sie werden schon sehen, Hochwürden!» antwortete der Maler jeweils freudig erregt.
Und endlich kam der Schicksalstag.
Der junge Mann verhängte das vollendete Fresko mit einem Tuch, ließ die Bretterwand entfernen und holte Don Camillo.
«Hochwürden, es ist soweit.»
Im nächsten Augenblick stand Don Camillo schon an der Balustrade der Seitenkapelle und wartete mit klopfendem Herzen.
Mit einer Stange brachte der Maler das Tuch zu Fall, das die «Muttergottes vom Fluß» verhüllte.
Es war ein herrliches Bild; mit offenem Mund staunte Don Camillo das Wunder an.
Plötzlich aber griff eine kalte Hand nach seinem Herzen, seine Stirn bedeckte sich mit Schweiß, und dann entfuhr ihm ein entsetzter Schrei: «Die Celestina!»
«Was für eine Celestina?» fragte der junge Mann erstaunt.
«Das ist Celestina, die Tochter der Wirtin vom !»
«Nun ja», bestätigte der Maler ruhig, «es ist ein Mädchen, das ich im gefunden habe.»
Don Camillo packte die Bockleiter, drang in die Kapelle ein, stieg hinauf und verhüllte das Bild wieder mit dem großen Tuch.
Der junge Mann war ratlos. «Hochwürden», fragte er, als Don Camillo wieder auf dem Boden stand, «seid Ihr verrückt geworden?»
Ohne zu antworten, eilte der Priester ins Pfarrhaus hinüber, gefolgt von dem immer verdutzteren Maler.
«Sakrileg!» ächzte er, als sie im Wohnzimmer angekommen waren. «Die Celestina vom ! Die Celestina vom ! Die Muttergottes mit dem Gesicht der Celestina vom ! Wissen Sie denn nicht, wer die Celestina ist?»
Der junge Mann wurde bleich.
«Wissen Sie nicht, daß die Celestina das fanatischste aller Kommunistenweiber weit und breit ist? Wissen Sie nicht, daß man ebensogut einen Christus mit dem Gesicht von Stalin malen könnte?»
Der Jüngling hatte sein Gleichgewicht einigermaßen wiedergefunden. «Hochwürden», verteidigte er sich ruhig, «mich hat nicht die politische Überzeugung des Mädchens inspiriert, sondern ihr Gesicht. Es ist ein wunderschönes Antlitz, und das hat ihr nicht die Partei geschenkt, sondern der liebe Gott.»
«Aber die schwarze Seele, die sich hinter dieser Schönheit verbirgt, die hat ihr der Teufel geschenkt!» wütete Don Camillo.
«Alles Schöne ist ein Geschenk des Himmels», be-harrte der Maler.
Don Camillo hob die Hände anklagend zum Himmel. «Sie haben ein Sakrileg begangen! Und wenn ich nicht wüßte, daß Sie in gutem Glauben gehandelt haben, hätte ich Sie vorhin gleich zum Teufel gejagt. Sind Sie sich denn überhaupt bewußt, wie ungeheuerlich die Sache ist?»
Der Junge schüttelte
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