Don Camillo gibt nicht auf
müde», gab Don Camillo offen zu. «Unter solchen Umständen kann man auch mal was übersehen. Auf alle Fälle ist es besser so: Lollini wird zu Ehren kommen, und das Altersheim wird eine große Wohltat erhalten statt einen großen Verlust zu erleiden. Ganz abgesehen von den verschiedenen Wohltaten, die dem ganzen Dorf zugute kommen werden.»
Das Denkmal für Anselmo Lollini (1830-1918), bedeutender Entomologe, wurde an einem schönen Aprilsonntag feierlich eingeweiht.
Tatsächlich handelte es sich um eine ausgezeichnete Skulptur, und der ernste Herr in Bronze auf seinem marmornen Sockel entbehrte nicht eines gewissen Charmes.
«Jetzt, da das Denkmal dasteht», meinte Don Camillo am Schluß der Feier zu Peppone, «merkt man erst, wie leer die Piazza vorher war. Es hat ihr etwas gefehlt. Finden Sie nicht auch, Herr Bürgermeister?»
«Das muß man später sehen», erwiderte Peppone.
Die Tage und die Wochen vergingen, und es kam das große Juni-Fest der Kommunisten.
Genauer gesagt: Es kam der Vorabend des Festes, und an eben jenem Samstagabend ging Don Camillo, nachdem er lange den bronzenen Anselmo Lollini betrachtet hatte, der oben auf seinem Sockel inmitten der leeren und verlassenen Piazza thronte, besonders zufrieden ins Bett.
Am nächsten Morgen stand er in glänzender Laune auf, und nachdem er die erste Messe gelesen hatte, konnte er dem Verlangen nicht widerstehen, die paar Schritte bis zur Piazza zu gehen.
Nachdem er die paar Schritte gegangen war, blieb er wie angewurzelt stehen, als sei er plötzlich zu einem Betonpfarrer erstarrt.
Wie schon seit Jahren bei diesem Fest erhob sich auf der Piazza ein großes Festzelt. Und wie man aus den Plakaten erfuhr, hatten die Jugendgruppen der Peppone-Bande wie in den vergangenen Jahren wieder eine «volkstümliche Tanzunterhaltung» organisiert.
Das große Festzelt ragte majestätisch auf der Piazza in deren Mitte bis zum Abend vorher der berühmte Entomologe Anselmo Lollini unangefochten dominiert hatte.
Don Camillo schüttelte seine Verblüffung ab, und die ersten Augen, mit denen sich sein Blick kreuzte, waren die Peppones.
«Seid ihr übergeschnappt?» rief Don Camillo entrüstet.
«Dadurch, daß ihr die Statue von ihrem Platz entfernt habt, um euer verdammtes Sündenzelt mit allem Drum und Dran aufzubauen, habt ihr gegen die Verpflichtung verstoßen, die ihr Lollinis Erben gegenüber eingegangen seid!»
«Wieso denn, Hochwürden?» antwortete Peppone. «Die Verpflichtungen sind heilig und bindend. Da wir Herrn Anselmo Lollini also nicht wegschicken konnten, haben wir ihn zum Fest eingeladen!»
Don Camillo trat zum Zelt, um durch einen Schlitz in der Seitenwand zu spähen, und genau zwischen den beiden Mittelsäulen, die das große Leinwanddach stützten, stand der bronzene Entomologe würdevoll auf seinem Marmorsockel.
«Heute wird sich der Herr Lollini bestimmt amüsieren», rief Peppone. «Gute Musik und gute Gesellschaft!» Don Camillo zog sich entsetzt zurück.
«Ein solcher Narrenstreich wird die ganze Welt zum Lachen bringen!» rief er.
«Macht nichts! Hauptsache, daß dem das Lachen vergeht, der uns mit Hilfe des Denkmals daran hindern wollte, unser Volksfest auf der Piazza zu feiern!»
Und in der Tat: Don Camillo lachte nicht.
Landschaft mit Frauenfigur
Eines Morgens kam ein junger Mann geradelt, hielt auf dem Vorplatz der Kirche an und schaute sich um, als suche er etwas. Plötzlich schien er es gefunden zu haben, lehnte sein Fahrrad an eine dicke Säule und machte sich an dem dicken Bündel auf dem Gepäckträger zu schaffen.
Er zog einen Klappstuhl heraus, eine Staffelei, einen Kasten mit Farben, eine Palette, und wenige Minuten später war er bereits an der Arbeit.
Glücklicherweise war die Jugend in der Schule, so daß der Maler eine gute halbe Stunde lang ruhig arbeiten konnte. Dann aber strömten immer mehr Leute von allen Seiten herbei, so daß der Jüngling die Last von hundert neugierigen Augen auf der Pinselspitze fühlte.
Langsam und unauffällig, als käme er durch Zufall hier vorbei, näherte sich auch Don Camillo. Jemand fragte ihn halblaut, was er denn von dieser Sache halte.
«Es ist noch zu früh, um zu urteilen», antwortete Don Camillo.
«Ich verstehe nicht, was an diesem Laubengang schön sein soll», kritisierte ein Bursche aus der Gruppe der Intellektuellen. «Da gibt’s doch den Fluß entlang viel malerischere Sujets.»
Der junge Mann hörte die leise gesprochenen Worte und sagte, ohne sich umzuwenden:
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