Don Camillo gibt nicht auf
den Kopf. «Nein», erwiderte er. «Ich habe ein gutes Gewissen. Um das Antlitz der Madonna zu malen, habe ich meine Eingebung in dem schönsten Gesicht gesucht, das ich finden konnte.»
«Sie haben nicht Ihre gute Absicht gemalt, sondern eine Ausgeburt der Hölle! Eine Exkommunizierte! Finden Sie es nicht selber lästerlich, der Madonna das Aussehen einer Exkommunizierten zu verleihen? ? müßte das Bild richtig heißen!»
Der junge Maler hätte am liebsten geweint. «Und dabei habe ich so lange gesucht und mit aller Inbrunst dieses Gesicht vergeistigt ...»
Mit fuchtelnden Armen unterbrach ihn Don Camillo: «Was wollen Sie denn da vergeistigen! Wie kann man ein so vulgäres Gesicht wie das der Celestina vergeistigen? Das Gesicht einer Frau, die mit ihrem Fluchen jeden Fuhrmann zum Erröten bringt? Wie kann man nur so schamlos sein, sich einzubilden, die Muttergottes könnte das niederträchtige Gesicht der Celestina tragen?»
Der junge Mann rannte in sein Zimmer und warf sich auf das Bett. Zum Abendessen kam er nicht herunter, und Don Camillo hatte nicht die geringste Lust, ihn zu rufen. Gegen zehn Uhr abends aber ging er zu ihm.
«Nun, sind Sie jetzt überzeugt-, daß es ein Sakrileg war? Ich hoffe, Sie haben inzwischen mit kühlem Kopf Ihre Skizzen durchgesehen und gemerkt, daß man auf der ganzen Welt kein gemeineres Gesicht findet als das dieses Mädchens. Sie sind jung, Sie haben ein aufreizendes Mädchen gesehen, und da haben die Augen des Künstlers versagt und sind den Augen des Lüstlings gewichen.»
Der Maler schüttelte den Kopf. «Sie denken schlecht von mir, Hochwürden. Sie beleidigen mich ohne Grund.»
«Aber so nehmen Sie doch Ihre Skizzen hervor! Sehen Sie doch genau hin!»
«Ich habe alles zerrissen.»
«Kommen Sie mit hinüber!» forderte Don Camillo. «Ich will, daß Sie sich selber überzeugen.»
Sie gingen durch die stille, verlassene Kirche, und in der kleinen Seitenkapelle löste Don Camillo mit der Stange das Tuch vor dem Bild. «Sehen Sie es mit Ruhe an und sagen Sie mir, ob ich nicht recht habe.»
Der junge Mann betrachtete das Bild, richtete die beiden Scheinwerfer darauf, betrachtete es wieder und schüttelte den Kopf: «Nein, Hochwürden, dieses Gesicht ist weder niederträchtig, noch vulgär.»
Don Camillo grinste höhnisch und musterte das Fresko mit zornigen Blicken.
Die Muttergottes vom Fluß hatte ein sanftes, heiteres Gesicht mit klaren, unschuldigen Augen.
«Zum Verrücktwerden!» fauchte Don Camillo. «Ich möchte nur wissen, wie Sie im Gesicht dieser Schlampe Geistigkeit gefunden haben!»
«Sie geben also zu, Hochwürden, daß dieses Bild ein geistiges Gesicht hat?»
«Das Bild, ja, aber die Celestina hat ein ordinäres Gesicht! Und wer immer das Bild anschaut, wird sagen: «Es lohnt sich nicht, eine Tragödie daraus zu machen», entschied sich der junge Mann. «Morgen früh kratzen wir alles ab und fangen von vorne an.»
Don Camillo verhüllte das Bild wieder und löschte das Licht. «Darüber reden wir morgen», sagte er. «Das Schlimmste ist, daß das Gemälde prachtvoll ist und es zu zerstören ein Verbrechen.»
Die Muttergottes vom Fluß gefiel dem armen Don Camillo in der Tat wahnsinnig. Für ihn war das Fresko ein Meisterwerk, das Schönste, was er je gesehen hatte. Aber wie konnte er andererseits dulden, daß die verfluchte Celestina als Madonna über dem Altar prangte?
Anderntags rief Don Camillo die fünf, sechs zuverlässigsten seiner Anhänger zu Hilfe. Er führte sie vor die Kapelle, zog das Tuch weg und befahl: «Sagt eure Meinung frei heraus!»
Und alle riefen zuerst «Wundervoll!», zuckten dann zusammen und fügten entsetzt hinzu: «Das ist ja die Celestina vom !»
Don Camillo erzählte von dem Unglück, das dem Maler zugestoßen war. «Es bleibt nichts anderes übrig, als alles zu löschen», schloß er.
«Schade um das Meisterwerk!» war die einhellige Meinung der Anwesenden. «Aber man kann doch wohl nicht zulassen, daß die Muttergottes das Gesicht einer verfluchten Exkommunizierten trägt...»
Don Camillo verhüllte das Fresko und bat die Getreuen, zu niemandem etwas zu sagen.
Die Folge war natürlich, daß sich Andeutungen wie ein Lauffeuer verbreiteten, und gleich begann ein lebhaftes Kommen und Gehen vor der kleinen Kapelle; doch das Bild war verhängt und der Zugang versperrt.
Das Gerücht drang auch
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