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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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waren, nicht daran gehindert hätten. Man sagte auch, daß sich Don Fernando schnell entfernt, Lucinde sich aber erst am folgenden Tage von ihrer Betäubung erholt und dann ihren Eltern erzählt habe, wie sie die wahrhaftige Gemahlin des erstgenannten Cardenio sei. Man wußte auch, daß dieser Cardenio bei der Vermählung selbst gegenwärtig gewesen sei, und als er sie vermählt gesehen, was er nie hatte glauben können, sei er verzweifelnd aus der Stadt entflohen, habe aber ein geschriebenes Blatt zurückgelassen, in dem er sich über Lucindens Treulosigkeit beschwerte, und daß er dort hinginge, wo ihn niemals das Auge eines Menschen wiederfinden solle. Dieses alles war in der ganzen Stadt allgemein bekannt, alle sprachen davon; noch mehr aber sprachen sie darüber, als man erfuhr, daß Lucinde aus dem Hause ihrer Eltern und aus der Stadt entflohen sei; denn man fand sie nicht in der Stadt, worüber ihre Eltern fast wahnsinnig wurden und nicht wußten, welche Mittel sie ergreifen sollten, um sie wiederzufinden. Als ich dies erfuhr, erwachten meine Hoffnungen von neuem, es schien mir jetzt besser, daß ich Don Fernando nicht gefunden hatte; denn da ich ihn nicht verheiratet fand, schien mir noch nicht ganz das Tor meines Trostes verschlossen. Ich glaubte, der Himmel habe vielleicht seiner zweiten Heirat dies Hindernis geschickt, um seine Pflicht für die erste in ihm wieder zu erwecken, ihn zu erinnern, daß er ein Christ sei, und daß er seine Seligkeit höher als alle irdischen Rücksichten achten müsse. Alles dies stellte sich meiner Einbildung dar, und ich tröstete mich, ohne einen Grund des Trostes; ich ersann ferne, kaum schimmernde Hoffnungen, um ein Leben zu fristen, das ich jetzt hasse. Indem ich noch in der Stadt war, ohne zu wissen, was ich tun sollte, weil ich Don Fernando nicht fand, hörte ich einen öffentlichen Ausruf, welcher demjenigen eine große Belohnung nachwies, der mich auffände, wobei er mein Alter und die Kleidung, die ich trug, als Zeichen beschrieb. Ich hörte ihn sagen, der Bursche, der mit mir ging, habe mich aus dem Hause meiner Eltern entführt; etwas, das mir durch die Seele ging, weil ich sah, wie tief ich in meinem Ansehen gesunken war, daß man nicht nur meine Entfernung, sondern auch meinen Begleiter bekannt machte, einen Gegenstand, der so niedrig und meiner Neigung durchaus unwürdig war. Sowie ich den Ausruf gehört hatte, verließ ich mit meinem Diener die Stadt, der schon anfing, mir Proben zu geben, daß er in der mir versprochenen Treue wankend werde. In derselben Nacht begaben wir uns aus Furcht, gefunden zu werden, in die verborgenen Schlüfte dieses Gebirges. Wie man aber zu sagen pflegt, daß ein Unglück das andere herbeirufe und daß das Ende eines Leidens gewöhnlich nur der Anfang eines anderen, noch größeren sei, bewies sich an mir; denn mein guter Diener, bis dahin treu und zuverlässig, sah mich kaum in dieser Einsamkeit, als er, mehr durch sein schlechtes Gemüt als meine Schönheit gereizt, sich die Gelegenheit zunutze machen wollte, die ihm diese Wildnisse anzubieten schienen, und Ehrbarkeit, Furcht Gottes und Achtung gegen mich vergaß, und mir seine Liebe antrug, und da er sah, wie ich auf seine unehrbaren Anträge mit frommen und geziemenden Worten erwiderte, ließ er die Bitten, deren er sich erst bediente, und fing an, Gewalt zu brauchen. Aber der gerechte Himmel, der selten oder niemals ermangelt, den tugendhaften Willen zu erkennen und zu beschützen, beschützte auch den meinigen so sehr, daß ich ihn mit meinen wenigen Kräften und mit kleiner Anstrengung von einem Abhang herunterschleuderte, wo ich ihn, ich weiß nicht, ob lebend oder tot, liegen ließ, und gleich mit aller Schnelligkeit, die mir Schreck und Mattigkeit ließen, in diese Berge hinaufeilte, ohne andere Absicht und Gedanken, als mich hier zu verbergen und meinem Vater und anderen zu entfliehen, die sich aufmachen würden, mich zu suchen. Mit diesem Vorsatze hatte ich schon einige Monate hier gelebt; denn ich traf auf einen Bauer, der mich als Knecht nach einem Dorfe in das innerste Gebirge mit sich nahm, wo ich diese Zeit über als sein Hirt gedient habe, indem ich mich immer auf dem Felde aufzuhalten suchte, um diese Haare zu verstecken, die mich heute, ohne daß ich es dachte, verraten haben. Aber meine Mühe und Vorsicht war auch damals ohne Nutzen; denn mein Herr merkte, daß ich kein Mann sei, und derselbe schlechte Vorsatz, wie in meinem Diener, entstand in ihm; da aber das

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