Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Eurem Troste eröffnet, und uns so unvermutet die Ausführung unseres Vorhabens erleichtert.«
Sogleich nahm Dorothea aus ihrem Beutel ein Kleid von dem reichsten Stoffe, einen prächtigen grünen Mantel, und aus einer Schachtel einen Halsschmuck nebst anderen Kleinodien, womit sie sich im Augenblicke so putzte, daß sie eine vornehme und große Dame schien: dies und noch andere Sachen hatte sie, wie sie sagte, aus ihrem Hause mitgenommen, um sie zu brauchen, wenn es die Gelegenheit gäbe; aber bisher hatte sie noch keine gefunden, sich umzukleiden. Alle waren über ihren edlen Anstand, Reiz und Schönheit entzückt, und tadelten den Don Fernando wegen seines wenigen Gefühls, daß er soviel Anmut habe verstoßen können; wer sich aber am meisten verwunderte, war Sancho Pansa, denn er glaubte (wie es auch in der Tat war), in Zeit seines Lebens nicht eine so herrliche Bildung gesehen zu haben; er fragte also den Pfarrer mit großem Eifer, ihm doch zu sagen, wer die schöne Dame sei, und was sie denn hier in der Wüstenei zu suchen habe?
»Diese schöne Dame, Freund Sancho«, antwortete der Pfarrer, »ist, was man nicht alle Tage sieht, von männlicher Seite her die rechtmäßige Erbin des großen mikomikonischen Reichs, welche jetzt herkommt, Euren Herrn aufzusuchen, um eine Gabe von ihm zu begehren, als nämlich: eine große Ungefügheit oder Kränkung zu ahnden, die sie von einem bösen Riesen erleiden müssen, und auf den Ruhm eines gewaltigen Ritters, den Euer Herr auf dem ganzen Erdkreise hat, ist diese Prinzessin von Guinea gekommen, ihn aufzusuchen.«
»Das Suchen und das Finden trifft sich ja herrlich«, rief nun Sancho Pansa aus, »besonders, wenn mein Herr so glücklich ist, die Kränkung zu ahnden und die Ungefügheit einzufügen, wenn er nämlich das Hurenkind von Riesen, von dem Ihr sprecht, umbringt, und umbringen wird er ihn gewiß, wo er ihn trifft, wenn er nur kein Gespenst ist; denn gegen die Gespenster hat mein gnädiger Herr durchaus keine Gewalt. Aber um ein Ding will ich doch unter anderen den Herrn Lizentiaten bitten, nämlich: damit mein Herr nicht Lust kriegt, Erzbischof zu werden, wie ich immer noch fürchte, so ratet ihm doch, daß er sich gleich mit dieser Prinzessin verheiraten möge; denn alsdann ist es ihm unmöglich, die erzbischöfliche Weihe zu empfangen, und er wird somit leicht zu seinem Kaisertume und ich zur Endschaft aller meiner Wünsche gelangen; denn ich hab’s mir wohl überlegt, und hab’s ausgefunden, daß es mir durchaus nicht zuträglich ist, daß mein Herr ein Erzbischof werde; denn für die Kirche tauge ich nicht, denn ich bin verheiratet, und da noch lange Dispensation zu suchen, um Einkünfte von der Kirche zu genießen, da ich Frau und Kinder habe, heißt die Sache auf die lange Bank schieben. Also, lieber Herr, ist das der Hauptpunkt, daß mein Herr sich gleich mit der Dame verheiraten muß, deren Herrlichkeit ich noch nicht weiß, und sie also noch nicht bei ihrem gehörigen Namen nenne.«
»Sie heißt«, antwortete der Pfarrer, »die Prinzessin Mikomikona; denn da ihr Reich Mikomikon genannt wird, so folgt daraus klar, daß sie so heißen müsse.«
»Das ist keine Frage«, antwortete Sancho, »denn ich hab’s oft gesehen, wie die Leute ihren Titel und ihre Würde von dem Orte hernehmen, wo sie geboren sind, daß sie sich Pedro von Alcala, Juan von Ubeda und Diego von Valladolid nennen, und dieselbe Methode wird wohl auch in Guinea sein, daß die Königinnen den Namen von ihren Königreichen führen.«
»Freilich ist es so«, sagte der Pfarrer, »und was das Vermählen Eures Herrn betrifft, so will ich dabei tun, was ich nur kann.«
Hierüber war Sancho ungemein vergnügt, so wie der Pfarrer über seine Einfalt verwundert, daß er in den nämlichen Tollheiten ebenso fest wie sein Herr verstrickt sei; denn er hatte gar keinen Zweifel daran, daß dieser Kaiser werden würde.
Indessen hatte sich Dorothea schon auf das Maultier des Pfarrers gesetzt; der Barbier hatte sein Antlitz mit dem Ochsenschwanze geziert, und sie verlangten nun von Sancho, dorthin geführt zu werden, wo sich Don Quixote befinde, indem sie ihn erinnerten, sich nicht merken zu lassen, daß er den Lizentiaten oder Barbier kenne; denn darauf, daß sie unbekannt blieben, beruhte es völlig, daß sein Herr Kaiser würde. Der Pfarrer und Cardenio wollten überdies nicht mit ihnen gehen, damit sich Don Quixote nicht des Zwistes erinnern möchte, den er mit Cardenio gehabt, und der Pfarrer,
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