Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
würden. Dieses alles stellte ich ihm vor und fügte noch manches andere hinzu, dessen ich mich jetzt nicht erinnere; aber nichts war stark genug, ihn von seinem Vorsatze abwendig zu machen; denn der, der nicht zu bezahlen denkt, sondern nur als Betrüger den Handel schließt, wird von keinen Schwierigkeiten irregemacht. Ich sprach zugleich einige Worte mit mir selber und sagte zu mir: Ich bin wohl nicht die erste, die durch Heirat aus einem niedrigen Stande vornehm geworden, auch wird Don Fernando nicht der erste sein, den Schönheit oder vielmehr verblendete Leidenschaft dahin brachte, sich eine Gefährtin, seiner Hoheit ungleich, zu erwählen. Da es nun kein neuer und unerhörter Gebrauch ist, so tue ich nicht unrecht, die Ehre anzunehmen, die mir das Schicksal anbietet, und wenn auch sein Vorsatz nur so lange währt, als er seine Leidenschaft befriedigt, so bin ich doch vor Gott seine rechtmäßige Gemahlin; will ich ihn aber mit Verachtung von mir treiben, so tut er vielleicht, was er nicht sollte, und bedient sich der Gewalt, dann bin ich entehrt, und ich habe keine Entschuldigung meiner Schuld gegen die, die nicht wissen, wie ich in diese Lage gekommen bin. Denn mit welchen Worten möchte ich wohl meine Eltern und andere Leute überzeugen können, daß dieser Ritter ohne meine Bewilligung in mein Zimmer gekommen sei? Alle diese Fragen und Antworten gingen in einem Augenblicke durch mein Gedächtnis; aber vorzüglich überwältigten mich, ohne daß ich es merkte, Don Fernandos Schwüre zu meinem Verderben, die Zeugen, die er anrief, die Tränen, die er vergoß, ja seine schöne und liebenswürdige Bildung, alles erhöht durch so viele Beweise wahrhafter Liebe, daß jedes andere Herz, das ebenso frei und mißtrauisch als das meinige war, wäre bezwungen worden. Ich rief meine Magd, damit zu den himmlischen Zeugen noch andere auf Erden hinzugefügt würden; Don Fernando erneuerte und bestätigte hierauf seine Schwüre, rief noch mehr Heilige als Zeugen unseres Bundes an, verdammte sich selbst mit tausend Verwünschungen, wenn er seine Versprechungen nicht erfüllen würde, von häufigen Tränen wurden seine Augen naß, seine Seufzer vermehrten sich, er drückte mich inniger in seine Arme, aus denen er mich noch nicht losgelassen hatte, und nun, indem sich das Mädchen aus dem Zimmer entfernte, hörte ich auf ein Mädchen zu sein, und er wurde ein vollkommener Verräter und Nichtswürdiger.
Der Tag, der auf diese Nacht meines Unglücks folgte, kam, obgleich, wie ich glaube, nicht mit der Schnelligkeit, mit der Don Fernando ihn wünschte; denn sobald die Begierde gestillt ist, ist der heftigste Wunsch, sich von da zu entfernen, wohin die Begierde erst getrieben hat; dies glaube ich, weil Don Fernando eilte, sich von mir zu entfernen, und durch Hilfe des Mädchens, derselben, die ihn erst hereingelassen hatte, befand er sich vor Tagesanbruch auf der Straße. Indem er Abschied nahm, wiederholte er mir, doch nicht mit eben dem Eifer und der Heftigkeit, wie er es bei seiner Ankunft tat, daß ich mich auf seine Treue verlassen könne, daß seine Eidschwüre wahrhaftig und unverbrüchlich wären, wobei er zu größerer Bestätigung seines Wortes einen kostbaren Ring vom Finger zog und ihn an den meinigen steckte; kurz, er entfernte sich nun, und ich blieb zurück, ich weiß nicht, ob traurig oder vergnügt; nur dies weiß ich zu sagen, daß ich verwirrt und nachdenklich war und wie von mir selbst durch diese neue Begebenheit entfremdet, so daß ich es auch nicht über mich vermochte oder es vielmehr ganz vergaß, mit meinem Mädchen wegen ihrer Verräterei zu schelten, daß sie Don Fernando in mein Zimmer verschlossen habe, denn ich war noch ungewiß, ob ich das, was mir begegnet war, für gut oder für schlimm halten sollte. Beim Abschiede sagte ich dem Don Fernando, daß er mich auf eben dem Wege die künftigen Nächte sehen könne, weil ich die Seinige sei, bis er es für gut fände, die Sache bekanntzumachen; aber er kam, die folgende Nacht ausgenommen, nicht wieder, auch sah ich ihn auf der Straße nicht, ebensowenig in der Kirche, während einem Monate, denn vergebens bemühte ich mich, ihn zu sprechen, weil ich wußte, daß er in der Stadt war und fast täglich auf die Jagd ging, ein Vergnügen, welches er ungemein liebte. Ich weiß, wie bitter und unglückselig mir diese Tage und Stunden waren, ich weiß auch, wie sich in ihnen nun meine Zweifel entsponnen, ja wie ich auch dem Versprechen des Don Fernando nicht
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