Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
nichts wußte; da er ihn aber bleich, entstellt und hohläugig sah, nahm er wohl daraus ab, daß ihm irgendein großes Unglück zugestoßen sein müsse. Anselmo bat gleich, daß man ihn zu Bett bringen und ihm Schreibgerät geben möchte. Man tat es, man ließ ihn im Bette und allein, denn das hatte er auch befohlen, ja sogar, daß man die Tür verschließen möchte.
    Wie er sich nun allein befand, stellte er sich sein ganzes Elend mit solcher Lebhaftigkeit dar, daß er deutlich fühlte, wie sein Leben zu Ende gehe, deshalb nahm er sich vor, eine Nachricht von der wunderbaren Ursache seines Todes zu hinterlassen. Er fing daher an zu schreiben, aber noch ehe er seinen Entschluß ausgeführt, verließ ihn der Atem, und er ließ sein Leben in der Qual, die ihm sein grübelnder Vorwitz verursacht hatte.
    Als der Herr des Hauses sah, daß es spät wurde, und daß Anselmo nicht rief, beschloß er, in das Zimmer zu gehen, um zu erfahren, ob seine Unpäßlichkeit vielleicht zugenommen habe; er fand ihn mit dem Gesichte herabgesunken, den Körper halb im Bette und halb auf dem Schreibtische, auf dem ein beschriebenes Blatt lag, die Feder hielt er noch in der Hand.
    Der Hausherr ging auf ihn zu und rief ihn, dann schüttelte er seine Hand, da er aber sah, daß jener nicht antwortete, auch fühlte, wie er kalt war, begriff er, daß er gestorben sei. Er wunderte und entsetzte sich sehr, und rief die Leute in seinem Hause herbei, um zu sehen, was dem Anselmo zugestoßen sei, endlich las er auch das Blatt, welches er für seine Handschrift erkannte und das folgende Worte enthielt:
    »Ein törichtes und vorwitziges Verlangen hat mir das Leben geraubt. Wenn die Nachricht von meinem Tode zu Camillas Ohren kommt, so soll sie wissen, daß ich ihr vergebe, denn sie war nicht verpflichtet, Wunder zu tun, wie ich auch nicht berechtigt war, diese von ihr zu verlangen, da ich nun selbst meine Schande veranlaßt, so ist es – – –«
    So weit hatte Anselmo geschrieben, so daß man sehen konnte, er hatte, ehe er den Satz hatte beendigen können, sein Leben geendigt. Am anderen Tage gab sein Freund den Verwandten Anselmos Nachricht von seinem Tode, die schon sein Unglück kannten und auch das Kloster wußten, in dem sich Camilla aufhielt, welche auch schon beinahe im Begriff, ihren Gemahl auf jener erzwungenen Reise zu begleiten, nicht deshalb, weil sie seinen Tod vernommen, sondern wegen dem, was sie von ihrem abwesenden Freunde erfuhr. Ob sie gleich Witwe war, so wollte sie doch das Kloster nicht verlassen, noch weniger aber Nonne werden, bis sie (schon nach einigen Tagen) die Nachricht bekam, daß Lotario in einer Schlacht geblieben sei, die damals Monsieur de Lautrec dem großen Feldherrn Gonzalo Fernandez de Cordova im Königreiche Neapel lieferte, wohin sich der zu spät bereuende Freund begeben hatte. Als Camilla dies erfuhr, ließ sie sich einkleiden und endigte nach wenigen Tagen ihr trauriges Leben, von ihren Schmerzen besiegt.
    Dies war das Ende, das alle nahmen, und das aus einem so unseligen Anfange entstand.
    »Die Novelle«, sagte der Pfarrer, »gefällt mir; doch kann ich unmöglich glauben, daß sie wahr sei; ist sie aber erfunden, so hat sie der Verfasser schlecht erfunden, denn man kann sich keinen so törichten Mann denken, der eine so gefährliche Probe wie Anselmo anstellen sollte. Wäre diese Begebenheit zwischen einem Liebhaber und seiner Dame vorgefallen, so wäre es zu ertragen, aber zwischen Mann und Weib scheint es mir durchaus unmöglich; was aber die Art betrifft, wie die Geschichte erzählt ist, so hat mir daran nichts mißfallen.«

36. Kapitel

    Erzählt andere sehr wunderbare Begebenheiten, die sich in der Schenke zutrugen.
    Indem rief der Wirt, der in der Tür der Schenke stand: »Da kommt ein schöner Trupp von Gästen gezogen, wenn die hier einkehren wollen, so können wir Gaudeamus rufen!«
    »Was sind es für Leute?« fragte Cardenio.
    »Vier Männer«, antwortete der Wirt, »reiten zu Pferde und mit kurzen Bügeln, sie führen Lanze und Schild, und alle haben schwarze Masken vor, mit ihnen kommt ein Frauenzimmer, weiß gekleidet, die auf einem Damensattel sitzt, auch ihr Gesicht ist verhüllt, und dann folgen noch zwei Burschen zu Fuß.«
    »Sind sie schon nahe?« fragte der Pfarrer.
    »So nahe«, antwortete der Wirt, »daß sie schon da sind.«
    Als Dorothea das hörte, bedeckte sie ihr Gesicht, und Cardenio ging in Don Quixotes Gemach; sie hatten dies kaum getan, als alle diejenigen in die

Weitere Kostenlose Bücher