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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Schweißes beendigte.
    Die Erzählung des Ziegenhirten gefiel allen, die sie gehört hatten, vorzüglich aber dem Kanonikus, der sich über die Art, wie jener sie vorgetragen hatte, sehr verwunderte, denn es war nicht die Weise, wie ein Ziegenhirt zu erzählen pflegt, sondern sie grenzte fast an die Manier eines gebildeten Mannes; er sagte daher, der Pfarrer habe sehr recht gehabt, zu behaupten, daß es auch in den Bergen gelehrte Leute gäbe. Alle zeigten sich gegen Eugenio freundlich, am großmütigsten aber vor allen anderen Don Quixote, welcher sprach: »Wahrlich, Freund Ziegenhirt, wäre es mir zur Stunde möglich, irgendein neues Abenteuer anzufangen, so würde ich mich augenblicklich und stracks auf den Weg machen, um mich Euch gefällig zu erzeigen; denn aus dem Kloster (in welchem sie sich ohne Zweifel gegen ihren Willen befindet) würde ich Leandra herausnehmen, trotz der Äbtissin und aller, die mich daran hindern wollten, und sie Euch übergeben, um mit ihr nach Eurem Wohlgefallen zu schalten, falls Ihr nur den Gesetzen der Ritterschaft Gehorsam leistet, welche gebieten, daß keiner Jungfrau irgend Gewalt und Mißhandlung widerfahre. Doch hoffe ich zu Gott dem Herrn, daß ein boshafter Zauberer nicht so gar gewaltig sein wird, daß nicht ein anderer gut denkender Zauberer noch mehr Macht besitzen sollte, und auf diesen Fall verspreche ich Euch meine Gunst und meinen Beistand, wozu mich überdies mein Handwerk verpflichtet, welches in nichts anderem besteht, als Unglücklichen und Notgedrängten Hilfe zu leisten.«
    Der Ziegenhirt schaute ihn an, und da er Don Quixote von so schlechtem Aussehen und Erscheinung befand, verwunderte er sich und fragte den Barbier, der neben ihm saß.«Mein Herr, wer ist denn der Mann, der solch Aussehen hat und dergleichen Sprache führt?«
    »Wer wird es anders sein«, versetzte der Barbier, »als der berühmte Don Quixote von la Mancha, der Vernichter jeglicher Ungebühr, der Gerademacher aller Ungeradheit, der Beschützer der Jungfrauen, der Vertilger der Riesen und Sieger in den Schlachten?«
    »Das klingt ja«, antwortete der Ziegenhirt, »wie das, was man in Büchern von irrenden Rittern liest, die alles das getan haben, was Ihr von diesem Manne sagt; ich halte aber dafür, daß Ihr entweder spaßt oder daß dieser feine Mann kein Gehirn in seinem Kopfe haben muß.«
    »Ihr seid der lumpigste Halunke«, rief Don Quixote plötzlich aus, »Ihr habt kein Gehirn und keinen Kopf, ich aber habe mehr, als jemals die Hure gehabt, die Euch zur Welt geboren hat!« Und mit diesen Worten nahm er ein Brot, welches neben ihm lag, und warf es dem Ziegenhirten mit solcher Wut ins Angesicht, daß ihm das Blut aus der Nase stürzte. Der Ziegenhirt aber, der keinen Spaß verstand und gewahr wurde, mit welchem Ernste man ihn mißhandelte, nahm nun weder auf den Teppich, noch auf die Gedecke, noch auf alle die, welche speisten, weitere Rücksicht, sondern stürzte sich auf Don Quixote und griff ihm mit beiden Händen nach der Kehle, so daß er ihn gewiß erdrosselt hätte, wenn Sancho Pansa nicht alsbald herbeigekommen, jenen bei den Schultern gepackt und ihn mitten auf den Tisch geworfen hätte, so daß Schüsseln und Gläser zerbrachen und alles, was auf dem Tischtuche stand, umgeworfen und verschüttet wurde. Als sich Don Quixote frei sah, warf er sich wieder über den Ziegenhirten, der, das Gesicht voll Blut und von Sancho mit Fußtritten gepeinigt, nach einem Messer auf dem Tische herumtappte, um blutige Rache zu nehmen. Aber der Kanonikus und der Pfarrer verhinderten ihn daran, doch richtete es der Barbier so ein, daß der Ziegenhirt den Don Quixote unter sich bekam, worauf er diesem mit so häufigen Maulschellen zusetzte, daß aus dem Gesichte des armen Ritters nicht weniger Blut als aus dem seinigen strömte.
    Der Kanonikus und der Pfarrer wollten fast vor Lachen bersten, die Häscher sprangen vor Freude umher und hetzten bald diesen, bald jenen an, wie man es wohl mit den Hunden zu machen pflegt, wenn sie in Balgerei verwickelt sind; nur Sancho Pansa war wütend, weil er sich nicht von dem einen Diener des Kanonikus losmachen konnte, der ihn festhielt, so daß er seinem Herrn nicht Hilfe zu leisten vermochte. Kurz, alle waren noch voller Freude und Lustigkeit, außer den beiden Kämpfenden, die aufeinander droschen, als alle einen so kläglichen Ton einer Trompete vernahmen, daß sie die Gesichter umwandten, um zu sehen, woher dieser Klang komme. Wer sich aber über dieses

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