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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Vater dadurch einigermaßen getröstet wurde, der nun der verlorenen Juwelen nicht mehr achtete, da seine Tochter jenes Kleinod behalten hatte, welches niemals wieder zu bekommen ist, wenn es einmal verlorengeht.
    Noch an demselben Tage, an welchem Leandra entdeckt worden war, suchte sie der Vater auch schon unseren Augen zu verdecken, indem er sie in ein Kloster nach der benachbarten Stadt brachte, weil er hoffte, daß die Zeit nach und nach die üble Nachrede vermindern würde, in die sich seine Tochter gebracht hatte. Die große Jugend der Leandra mag vielleicht zur Entschuldigung ihrer Schuld dienen, wenigstens bei denen, die es weiter nichts angeht, ob sie gut oder böse ist; die aber ihre Klugheit und ihren großen Verstand kennen, glauben nicht, daß ihr Vergehen aus Einfalt, sondern aus Leichtigkeit herrührt und aus dem allgemeinen Charakter der Weiber, der sie immer auf Unheil und Unordnung führt.
    Leandra wurde also eingesperrt; Anselmos Augen wurden blind, wenigstens konnten sie keinen Gegenstand finden, der ihnen erfreulich geschienen hätte, die meinigen waren in Finsternis und ohne Licht, denn nichts machte mir nach der Entfernung der Leandra Vergnügen; unsere Traurigkeit nahm zu, unsere Geduld ab, wir verwünschten den Putz des Soldaten und erbosten uns über die wenige Vorsicht des Vaters der Leandra. Anselmo und ich verließen endlich das Dorf und zogen in dieses Tal, wo er seine zahlreiche Schafherde hütet, ich sorge hier für meine Ziegen, und so führen wir unser Leben unter diesen Bäumen und lassen unserer Traurigkeit ihren Lauf, bald besingen wir zusammen das Lob, bald die Schande der schönen Leandra, bald seufzt jeder einsam für sich und teilt dem Himmel seine Klagen mit. Manche andere haben uns nachgeahmt, und viele von den Freiern der Leandra sind in dieses wilde Gebirge gezogen, um dieselbe Beschäftigung wie wir zu treiben, und ihrer sind so viel, daß es ist, als wenn sich diese Gegend in das Schäferland Arkadien verwandelt hätte, denn alles ist hier voller Schäfer und Herden, und an allen Orten hört man den Namen der schönen Leandra nennen. Dieser verwünscht sie und nennt sie Schwärmerin, Leichtfertige, Ehrvergessene, jener schilt sie leichtsinnig, ein anderer findet sie der Verzeihung würdig, jener rechtfertigt und lästert sie zugleich; ein anderer preist ihre Schönheit, wieder einer schilt ihre Gesinnung, kurz, alle schmähen und verehren sie zugleich, ja bei einigen steigt die Torheit so hoch, daß sie sich über Verachtung beklagen, ohne sie jemals gesprochen zu haben; andere besingen den rasenden Zorn einer flammenden Eifersucht, wozu sie doch niemand Ursache gegeben, denn, wie ich erzählt habe, man wußte ihr Vergehen früher als ihren Vorsatz. In jeder Höhle eines Felsens, an dem Rande der Quellen, im Schatten der Bäume, allenthalben ist ein Schäfer, der sein Unglück den Winden klagt; das Echo wiederholt an allen Orten den Namen Leandra; Leandra tönen die Berge wieder, Leandra murmeln die Quellen und Leandra hält alle unsere Sinne gefangen und bezaubert, indem wir ohne Hoffnung hoffen, und fürchten, ohne zu wissen, was wir fürchten.
    Wer von allen diesen Unglückseligen am wenigsten Besinnung zeigt und hat, ist mein Nebenbuhler Anselmo, der zwar viele andere Ursachen hätte zu klagen, sich aber immer nur über ihre Abwesenheit beklagt und zum Klange einer Fiedel, die er überaus schön spielt, seine Trauergedichte absingt, die ein schönes Talent beweisen. Ich folge einem anderen leichteren Wege, der mir zugleich der rechte scheint, indem ich schlecht vom Leichtsinn der Weiber spreche, von ihrer Unbeständigkeit, Hinterlist, ihren unerfüllten Versprechungen, ihrer Treulosigkeit, und wie sie so wenig ihre ausschweifenden Wünsche im Zaume zu halten wissen. Dies, meine Herren, ist auch die Ursache, weshalb ich mit meiner Ziege solche Reden führte, als ich sie hier traf, denn weil sie ein Weibchen ist, schätze ich sie nur geringe, ob sie gleich die schönste in meiner ganzen Herde ist.
    Dies ist die Geschichte, die ich zu erzählen versprach; ist sie euch langweilig geworden, so ist das gegen meine Absicht geschehen. Hier nahebei ist meine Hütte, und dort habe ich frische Milch und sehr schmackhaften Käse, nebst wohlschmeckenden Früchten, die dem Auge und dem Gaumen gleich angenehm sind.«

52. Kapitel

    Enthält den Streit des Don Quixote mit dem Ziegenhirten, nebst dem herrlichen Abenteuer mit den Büßenden, welches er glücklich auf Unkosten seines

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