Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
Narren sehen wolle, die noch im Hause wären. Sie gingen wirklich hinauf, und einige von den Anwesenden begleiteten sie. Der Lizentiat ging zu einem Käfig, in welchem sich ein Rasender befand, der aber jetzt gerade ruhig war, und sagte zu ihm: ›Mein Freund, besinne dich, ob du mir etwas aufzutragen hast, denn ich gehe nach Hause. Weil Gott aus seiner unendlichen Güte und Barmherzigkeit mir ohne mein Verdienst den Verstand wieder geschenkt hat, so bin ich gesund und gescheit geworden, denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Ich setze nun die feste Hoffnung und das Vertrauen auf ihn, da er mir meinen früheren Zustand zurückgegeben hat, daß es auch mit dir so geschehen wird, wenn du ihm vertraust.
    Ich will dafür Sorge tragen, etwas herzuschicken, das ihr essen könnt; eßt nur brav, denn ich bin der festen Überzeugung, da ich auch durch diese Schule gegangen bin, daß alle unsere Narrheiten daher rühren, daß unsere Magen leer und unsere Köpfe voller Wind sind; nur Mut gefaßt! Mut gefaßt! denn die Niedergeschlagenheit vermindert nur unser Wohlbefinden und führt den Tod herbei.‹ Alles, was der Lizentiat sagte, hörte ein anderer Narr mit an, der sich in einem Käfig dem Rasenden gegenüber befand; er erhob sich von einer alten Matte, auf der er ganz nackt lag, und fragte mit lauter Stimme, wer der sei, der da gesund und gescheit fortgehe. Der Lizentiat antwortete: ›Das bin ich, mein Freund, denn ich habe nicht mehr nötig, hierzubleiben, wofür ich dem Himmel tausendfältigen Dank sage, der mir diese große Gnade erwiesen hat.‹ ›Bedenke, Lizentiat, was du sprichst, und laß dich nicht vom Teufel blenden‹, antwortete der Narr, ›verhalte dich ruhig und bleib in deinem Hause, so brauchst du nicht wieder umzukehren.‹ ›Ich weiß, daß ich gesund bin‹, versetzte der Lizentiat, ›und daß ich es also nicht nötig habe, das alte Lied von neuem zu singen.‹ ›Du gesund?‹ rief der Narr aus, ›schon gut, es wird sich zeigen, viel Glück auf den Weg! aber ich schwöre beim Jupiter, dessen Majestät ich auf Erden vorstelle, daß für diese Sünde, welche Sevilla heute begeht, dich aus diesem Hause zu nehmen und für gescheit zu halten, ich es so strafen will, daß das Andenken davon von Jahrhundert zu Jahrhundert leben soll, Amen! Weißt du denn nicht, du Lumpenlizentiat, daß ich es ins Werk setzen kann? Bin ich denn nicht, wie schon gesagt, der Jupiter tonans, der in seiner Hand die verzehrenden Blitzstrahlen hält, vor denen die Welt erzittert, und womit ich sie zertrümmern kann? Doch will ich nur mit einer Sache diese einfältige Stadt züchtigen; es soll nämlich hier und in der umliegenden Gegend in einem Zeitraume von drei Jahren nicht regnen, und zwar von dem nämlichen Augenblicke an gerechnet, in welchem ich diese Drohung ausgesprochen habe. Du frei, du gesund, du gescheit, und ich ein Narr, ich krank und festgebunden? Wahrlich, ich will mich ebensogern aufhängen, als ich es will regnen lassen.‹ Alle Umstehenden waren auf das Geschrei und diese Reden des Narren aufmerksam; unser Lizentiat aber wandte sich zu unserem Kaplan, nahm ihn bei der Hand und sagte zu ihm: ›Seid ohne alle Sorgen, mein werter Herr, und achtet nicht auf das, was der Narr gesagt hat; denn wenn er Jupiter ist und es nicht will regnen lassen, so will dafür ich, der ich Neptunus, der Vater und Gott der Gewässer bin, es so oft regnen lassen, als es mir gefällt und es nötig sein wird.‹ Worauf der Kaplan zur Antwort gab: ›Trotz dessen, Herr Neptunus, möchte es nicht gut sein, den Herrn Jupiter zu erzürnen; bleibt also fürs erste noch in Eurem Gemache, wir wollen ein andermal zu meinem werten Herrn kommen, wenn die Umstände sich dazu schicklicher anlassen.‹ Der Inspektor und die Umstehenden lachten, welches Gelächter der Kaplan etwas übel empfand: man zog den Lizentiaten wieder aus, er blieb in dem Hause, und hiermit ist die Geschichte zu Ende.«
    »Dies ist also die Geschichte, Herr Barbier«, sagte Don Quixote, »die wie angegossen hier paßt und die also notwendig erzählt werden mußte? Ei, Herr Bartkratzer, Herr Bartkratzer, wie blind müßte doch der sein, der nicht durch ein Sieb sehen könnte! Wie ist es möglich, daß Ihr das noch nicht einmal wißt, daß alle Vergleiche eines Geistes mit einem Geiste, der Tapferkeit mit der Tapferkeit, Schönheit mit Schönheit und Familie mit Familie immer verhaßt sind und schlimm aufgenommen werden? Ich, Herr Barbier, bin nicht Neptunus, der Gott der

Weitere Kostenlose Bücher