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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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müßt.«
    »Du wirst mich zur Verzweiflung bringen, Sancho«, sagte Don Quixote. »Hör’ zu, du Ketzer, hab’ ich dir denn nicht zu tausendmal gesagt, daß ich in meinem Leben nicht die unvergleichliche Dulcinea gesehen und niemals die Schwelle ihres Palastes betreten habe, sondern daß ich mich bloß vom Hörensagen verliebte und durch den großen Ruhm ihrer Schönheit und ihres Verstandes?«
    »Jetzt hör’ ich es«, antwortete Sancho, »und ich sage nun, daß, wenn Ihr sie niemals gesehen habt, mir es ebensowenig begegnet ist.«
    »Dieses ist nicht möglich«, versetzte Don Quixote; »denn zum wenigsten hast du mir ja gesagt, du habest sie sehen Getreide fegen, als du mir die Antwort auf den Brief brachtest, den ich durch dich übersandte.«
    »Haltet Euch daran nicht, gnädiger Herr«, antwortete Sancho; »denn Ihr müßt wissen, daß das Sehen damals und die Antwort, die ich brachte, auch nur vom Hörensagen war; denn ich weiß nicht besser, wer die Dame Dulcinea ist, als ich hier in den Himmel klettern könnte.«
    »Sancho, Sancho«, antwortete Don Quixote, »zu spaßen hat seine Zeit, es gibt aber auch eine Zeit, wo ein Spaß übel aufgenommen wird. Weil ich sage, ich habe die Gebieterin meiner Seele niemals gesehen und gesprochen, bist du noch nicht berechtigt, ebenfalls zu sagen, du habest sie nie gesprochen und gesehen, da es doch so durchaus anders ist, wie du selber weißt.«
    Indem sie noch in diesem Gespräche begriffen waren, sahen sie, daß einer mit zwei Maultieren auf sie zukam; aus dem Geräusch, welches der Pflug machte, der auf dem Boden nachschleifte, schlossen sie, daß es ein Bauer sein müsse, der sehr früh vor Tage an seine Arbeit gehe, und so war es auch in der Tat. Der Bauer kam herbei und sang die Romanze:
Übel traft ihr es, Franzosen,
In dem wilden Roncesvalles.
    »Ich will sterben, Sancho«, sagte Don Quixote, als er dies hörte, »wenn es uns diese Nacht glücklich geht. Hörst du nicht, was der Landmann dort singt?«
    »Ich höre es«, antwortete Sancho; »aber was hat mit unserem Vorhaben die Jagd von Roncesvalles zu tun? Er könnte ebensogut die Romanze von Calainos singen, und es wäre dasselbe für uns, um uns Gutes oder Schlimmes zu bedeuten.«
    Indem war der Bauer näher gekommen, und Don Quixote fragte ihn: »Könnt Ihr mir, guter Freund, dem Gott alles Glück verleihen wolle, nicht sagen, wo hierherum die Paläste der unvergleichlichen Prinzessin Dulcinea von Toboso stehen?«
    »Mein Herr«, antwortete der Knecht, »ich bin hier fremd und nur seit wenigen Tagen in diesem Orte, wo mich ein reicher Bauer für die Feldarbeit gemietet hat. In dem Hause gegenüber wohnt der Pfarrer und Küster, beide oder jeder von ihnen wird Euch von dieser Frau Prinzessin Nachricht geben können, denn sie haben die Liste von allen Einwohnern in Toboso, ob ich gleich nicht glauben kann, daß hier eine Prinzessin wohnen sollte. Viele ansehnliche Damen gibt es wohl hier, und jede kann leicht in ihrem Hause eine Prinzessin vorstellen.«
    »Unter diesen«, sagte Don Quixote, »muß sich also, mein Freund, auch diejenige befinden, nach welcher ich gefragt habe.«
    »Das kann wohl sein«, antwortete der Knecht, »und Gott befohlen, denn der Morgen kommt schon herauf.« Hiermit trieb er seine Maultiere an und wartete keine weiteren Fragen ab.
    Sancho, der seinen Herrn verwirrt und ziemlich unzufrieden sah, sagte zu ihm: »Gnädiger Herr, der Tag wird nun bald anbrechen, und es wäre nicht ratsam, wenn uns die Sonne noch hier auf der Gasse fände. Es wäre besser, wenn wir uns aus der Stadt entfernten und Ihr Euch in eine nahe gelegene Wildnis verberget; dann wollte ich am Tage zurückgehen und Schritt vor Schritt im ganzen Orte nachfragen, bis ich das Haus, die Burg oder den Palast meiner Gebieterin gefunden hätte. Es müßte ja ein erstaunliches Unglück sein, wenn ich ihn nicht finden sollte! Darauf will ich dann mit der Gnädigen sprechen und ihr sagen, wo und wie Ihr auf ihre Befehle wartet, um Anstalt zu treffen, daß Ihr sie ohne Nachteil ihrer Ehre und ihres Namens sehen mögt.«
    »Du hast da, Sancho«, sagte Don Quixote, »mit wenigen Worten tausend vortreffliche Dinge gesprochen. Den Rat, den du mir jetzt gegeben hast, empfange und nehme ich mit der größten Bereitwilligkeit an. Komm, mein Sohn, damit wir einen Ort aufsuchen, wo ich mich verbergen möge; du sollst dann, wie du vorgeschlagen hast, zurückgehen, um meine Dame zu suchen, sie zu sehen und mit ihr zu sprechen. Von ihrem

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