Anruf vom Partner
1
Loring, der Butler, überbrachte die schlechte Nachricht.
Meiner Meinung nach war sein Timing ausgesprochen schlecht. Auf solchen Partys findet sich immer ein geschwätziger Brite, und der von heute abend gönnte seinem Mundwerk endlich einmal Ruhe, indem er es zum Essen benutzte. Und so kamen die interessanteren Gäste wie der Polizeichef auch mal zu Wort.
Das Gesprächsthema waren Terroristenbomben.
»In Indianapolis!« hatte Mrs. Vivien, die Gastgeberin, gesagt. »Wer hätte je gedacht, daß hier mal Terroristen auftauchen würden?« Sie spielte mit den unvermeidlichen weißen Perlen, die bis unterhalb des Ausschnitts ihres unvermeidlichen schwarzen Kleides hingen. Die Sache schien sie nicht in Angst zu versetzen, aber ich war froh, daß sie das Gespräch über dieses Thema nicht gleich abwürgte, weil sie es viel, viel zu langweilig fand.
»Aber bisher ist es ihnen nicht gelungen, irgendwas in die Luft zu sprengen, nicht wahr, Chief?« sagte der Mann, der zu Mrs. Viviens Linken saß. »Das stimmt doch, oder?«
Der Chief hätte zweifellos ein glücklicheres Gesprächsthema als die Scum Front bevorzugt. Aber seine Antwort kam ganz zwanglos: »Nun, ihre erste Bombe haben sie bei Lebanon in ein Maisfeld gesetzt und hochgehen lassen.«
Mrs. Vivien lachte. »Gesetzt, in ein Maisfeld?«
Ich hatte auch schon mein Appetitschlückchen intus, einen kleinen Scotch, daher sagte ich: »Glauben Sie, es hat etwas zu bedeuten, daß die Terroristen sich gerade die Umgebung von Lebanon ausgesucht haben, Chief?« Als er sich zu mir umdrehte, war seine Stirn gefurcht. Wie ein frisch gepflügtes Maisfeld. Er sagte: »Meine Bombeneinheit nimmt an, daß es für die Terroristen einfach ein günstiger Platz war.«
»Dann glauben Sie also, daß sie ihre Basis im Nordwesten der Stadt haben?« fragte Dick. »Das ist für diejenigen von uns, die in der Ecke arbeiten, ein ziemlich beunruhigender Gedanke.«
Der Chief nippte an seinem Wasserglas. »Könnte natürlich auch bedeuten, daß sie nicht aus dem Nordwesten kommen und nur versuchen, uns auf eine falsche Fährte zu locken.«
Dick war Anwalt von Beruf, ein Mann in den Fünfzigern mit ledrigem, gebräuntem Gesicht und einer Statur, die ich dahingehend interpretierte, daß er morgen früh seine Runden joggen würde, ganz gleich, was er heute abend trank.
»Ich wußte gar nicht, daß Sie eine Bombeneinheit haben, Chief«, sagte ich. »Oder haben Sie die eigens für die Scummies ins Leben gerufen?«
»Die gibt's schon seit Jahren«, sagte er. »Was glauben Sie, warum wir so lange kaum derartige Probleme hatten?«
»Weil es hier keine lohnenswerten Ziele für Terror gibt?«
Er durchbohrte mich mit einem Blick, den ein bei der Polizei tätiger Freund von mir als den Babykillerblick des Chiefs bezeichnet. »Indianapolis mag vielleicht nicht das erste Ziel des psychopathischen Durchschnittsterroristen sein, aber das ist kein Grund, nicht auf der Hut zu sein. Vor allem, seit wir hier immer mehr Großereignisse haben. Konvente und Konzerte, die Pan-Am-Spiele…«
»Die Ausscheidungswettkämpfe für Olympia«, ergänzte Dick unter heftigem Nicken.
»Die Zeiten, da es hier nichts gab außer den 500 Meilen von Indianapolis, sind eben vorbei. Und bitte, vergessen Sie eins nicht«, sagte der Chief, »diese Umweltspinner haben ja vielleicht nur ein Maisfeld in die Luft gesprengt, aber die fünf anderen Bomben haben wir alle in großen Gebäuden gefunden, und wenn eine von denen hochgegangen wäre…« Er sah uns alle nacheinander an, damit wir Zeit hatten, uns die wirklich schrecklichen Folgen solcher Explosionen in unserer Stadt auszumalen. »Aber natürlich«, sagte er dann, »haben wir sie alle rechtzeitig gefunden.«
Jetzt allerdings blickte Mrs. Vivien von ihren Perlen auf, um den Glanz dieser beachtlichen Leistung ein wenig zu trüben. Sie sagte: »Aber sagten sie auf Kanal 43 nicht, daß der Sprengstoff bei den letzten fünf Bomben gar nicht verdrahtet war?« Sie sah den Chief an, als erwarte sie eine Bestätigung, ließ ihm aber gar keine Zeit dazu. »Und rufen die Terroristen nicht jedesmal bei Kanal 43 an, um mitzuteilen, wo sie die Bomben gelegt haben?«
Ich sagte: »Wenn es denn unbedingt Bombenleger sein müssen, dann sind wir doch mit denen, deren Bomben nicht losgehen, gar nicht so schlecht bedient.«
Aber der Chief ignorierte mich und wandte sich an Mrs. Vivien. Sein Lächeln war so breit und giftig, als trainiere er für einen Wahlkampf. »Nun, Charlotte«, sagte er,
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